Gutscheine regen zu Lustkäufen an

Die Psychologie des Schenkens ist vielseitig und spannend, weshalb sich die amerikanischen Sozialpsychologen auf ihrer Jahreskonferenz in Long Beach 2015 zum Thema als Schwerpunkt gewidmet haben. Einige Erkenntnisse sind ebenso überraschend wie alltagstauglich – und bieten praktische Hilfe für die Wahl der Gaben an Weihnachten oder für den Geburtstag. Werner Bartens nennt ein Beispiel: „Wer für besonders wählerische Menschen Geschenke aussuchen muss, ist zumeist wenig motiviert und schiebt die Entscheidung gerne hinaus. Vermutlich hat der Schenkende den Eindruck, es dem anderen sowieso nicht recht machen zu können.“ Als Geschenk bekommen wählerische Zeitgenossen daher oft Gutscheine – oder genau das, was sie sich gerade gewünscht haben, was den meisten Menschen übrigens die größte Freude bereitet, auch wenn es vielen Schenkenden als einfallslos und nicht gerade kreativ gilt. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

Ein persönliches Geschenk macht den Beschenkten nicht unbedingt zufriedener

Gerade Gutscheine lösen bei den Beschenkten erstaunliche Impulse aus. Sie wählen dann jene Luxusartikel, die sie sich nicht leisten würden, wenn sie den Wert des Gutscheins in bar geschenkt bekommen hätten. Die Psychologin Chelsea Helion von der Columbia University erklärt: „Natürlich könnte man Geschenkgutscheine benutzen, um Alltägliches wie Bücher oder Taschentücher zu kaufen, aber das käme vielen wie eine Art Missbrauch vor. Mit dem Gutschein sehen wir uns hingegen berechtigt, Außergewöhnliches anzustellen.“

Chelsea Helion fährt fort: „Wir fühlen uns bei einem Lustkauf dann weniger schuldig, als wenn wir ihn bar oder per Kreditkarte begleichen würden.“ Der Versuch ein persönliches Geschenk zu machen, führt leider nicht automatisch dazu, dass Beschenkte zufriedener sind. Der Schenkende hält sich zwar für besonders aufmerksam und zugewandt, dem Beschenkten macht es aber nicht zwangsläufig eine größere Freude, denn oft sind die Geschenke nicht sehr vielseitig, und es dauert länger, bis sie benutzt werden oder ein spezieller Gutschein eingelöst wird.

Erlebnisgeschenke sich besonders nachhaltig

Mary Steffel von der University of Cincinnati erklärt: „Wer besonders individuell schenken will, konzentriert sich meist auf die bekannten Vorlieben und Eigenheiten des anderen und nicht auf das, wovon er träumt und war er sich vielleicht endlich einmal erfüllen will. Deswegen sind allgemeine Gutscheine befriedigender als solche, die nur für ein bestimmtes Produkt oder in einem Spezialgeschäft verwendet werden können.“ In jüngster Zeit werden vermehrt Einladungen zum Ballonflug, ins Konzert oder für den Wochenendausflug in die Berge verschenkt.

Die Psychologinnen Cindy Chan und Cassie Mogilner von der University of Pennsylvania raten: „Wenn Sie wollen, dass sich Freunde, Partner oder die Familienmitglieder Ihnen näher fühlen, verschenken Sie Erlebnisse. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass solche Geschenke die Beziehungen stärker festigen als materielle Gaben, sogar dann, wenn sie nicht gemeinsam erlebt werden. Eine Eigenart haben Erlebnispräsente dennoch: Sie bereiten nicht dann die größte Freude, wenn sie verschenkt werden – sondern Wochen oder Monate später, wenn sie eingelöst werden. Insofern sind sie nicht nur mit schönen Erlebnissen verbunden, sondern auch besonders nachhaltig.

Von Hans Klumbies