Alles wirklich Wichtige kann der Mensch selbst bestimmen

Als Daniel Klein Jean-Paul Sartre und seinen existentialistischen Mitstreiter Albert Camus zum ersten Mal las, war er hingerissen. Das war eine Philosophie, in der es um das Leben ging, um Sinnfindung und das persönliche Verhalten. Es war die Art von Philosophie, nach der er von Anfang an gesucht hatte. Jean-Paul Sartre sagt, dass menschliche Wesen im Unterschied zu den Gegenständen in der Welt nicht durch ihre Eigenschaften definiert werden können. Denn Menschen können über ihr ganzes Leben hinweg ihre grundlegenden Eigenschaften und Zwecke selbst erschaffen und verändern. Es ist also sinnlos zu sagen, ein Mensch hätte eine unveränderliche, ihn festlegende Essenz. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

Der Mensch muss seinem eigenen Potential gerecht werden

Zuerst existieren die Menschen, und dann schaffen sie sich selbst. Jean-Paul Sartre meinte natürlich nicht, dass man seine körperlichen Eigenschaften selbst erschaffen kann. Aber das wirklich Wichtige kann man selbst bestimmen. Daniel Klein erklärt: „Wie im Einzelnen will ich leben, was will ich mit meiner begrenzten Zeit auf Erden anfangen, wofür wäre ich bereit zu sterben – alle Eigenschaften, die grundlegend dafür sind, aus mir ein Individuum zu machen. Auf sie alle hat man Zugriff. Habe ich Zugriff.

Das dem Menschen und nur dem Menschen eigene Potential wird von Jean-Paul Sartre nicht bloß beschrieben – er fordert von den Menschen, ihm gerecht zu werden und damit auch der eigenen Verantwortung für das, was sie werden. Daniel Klein erläutert: „Wenn wir um diese menschliche Fähigkeit einen Bogen machen, geben wir unser eigentliches Sein preis. Wir begnügen uns dann damit, einfach ein Gegenstand unter vielen zu sein.“ Jean-Paul Sartres Katalog der verschiedenen Wege, auf denen sich Menschen gedankenlos in Objekte verwandeln, ist erschreckend.

Den Sinn seines Leben kann jeder selbst erschaffen

Viele Menschen entledigen sich ihrer Verantwortung, ihr Selbst zu schaffen, indem sie schulterzuckend behaupten: „So bin ich eben“. Ein anderer Trick, mit dem man sich selbst reinzulegen versucht, besteht darin, die essentielle Natur mit einer vorbestimmten Rolle gleichzusetzen, etwa mit der einer Ehefrau. Jean-Paul Sartre sind viele Menschen aus historischen Gründen anfällig dafür, sich als Objekte zu verstehen; dies liege am jüdischen Credo, dass Gott den Menschen schon zu Anbeginn ihrer Essenz aufgeprägt habe.

Wenn manche Menschen stattdessen also denken, dass sie sich selbst prägen können, ist das ein Sakrileg. Dass sich die meisten Menschen vor der Verantwortung, sich selbst zu erschaffen, wegducken, hat aber einen anderen Hauptgrund: Es ist einfach so angsteinflößend. Daniel Klein fügt hinzu: „Wenn ich der Herr meines Schicksals bin und die Dinge nicht so gut laufen, kann ich daran niemand anderen die Schuld geben als mir selbst.“ Die Idee, dass man den Sinn des Lebens nicht suchen, sondern selbst erschaffen soll, ist für Daniel Klein gefühlsmäßig richtig. Quelle: „Immer wenn ich den Sinn des Lebens gefunden habe, ist er schon wieder woanders“ von Daniel Klein

Von Hans Klumbies