Holger Volland kennt die kreative Macht der Maschinen

Holger Volland beschreibt in seinem neuen Buch „Die kreative Macht der Maschinen“ wie sich die „Künstliche Intelligenz“ (KI) bereits in das Leben der Menschen und ihrer Kultur eingeschlichen hat – und was sie mit ihnen macht. Dabei beantwortet der Autor unter anderem folgende Fragen: Wo profitiert der Mensch von kreativen Maschinen? Wo lauern auf das Individuum Gefahren? Und was kann man tun, um Herr im digitalen Haus zu bleiben? Denn eines steht fest: Immer klügere Algorithmen beeinflussen, wen man liebt, welche Nachrichten man liest und ob man einen Kredit bekommt. Algorithmen haben sich scheinbar zu wahren Alleskönnern entwickelt, da die technischen Fortschritte von Künstlicher Intelligenz atemberaubend sind. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Bei Platon ist die Liebe in erster Linie der Eros

Die Liebe versteht Platon ganz wesentlich als Eros, und der Text, in dem er diesen Eros diskutiert, ist das „Symposion“ oder „Gastmahl“. Der Liebesbegriff wird dabei im Kontext der Frage nach dem Schönen und Guten thematisiert, wobei sich im Verlauf des Werkes zusehends zeigt, dass diese eng mit der Frage nach dem Wesen der Philosophie überhaupt verbunden ist. Wie der Name des Werkes bereits nahelegt, bildet ein Gastmahl im Haus des Agathon den Rahmen, den Platon für die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Liebe gewählt hat. Der Text weicht von der sonst bei ihm üblichen Darstellungsweise insofern ab, als die Teilnehmer dieser Veranstaltung über weite Strecken Lobreden auf den Eros halten, welche die dialogische Form durchbrechen. Platon wurde 428/27 v. Chr. in Athen geboren und starb dort 348/47 v. Chr.

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Die frühe Sozialisation prägt den Optimismus oder den Pessimismus

„Liebe allein genügt nicht“, hat der berühmte Psychoanalytiker Bruno Bettelheim über die Sozialisation des Menschen geschrieben, aber ohne Liebe besteht kaum Hoffnung für den Optimismus. Jens Weidner erläutert: „Fehlende Zeit lässt sich nicht durch Geld und teure Geschenke kompensieren, so materiell sind junge Menschen nicht, sie verzweifeln eher an der fehlenden Zuneigung und Wärme, sie verzweifeln auch an manchen prägenden Karrierekillerphrasen bedenkenloser Eltern, die zur Grundlage ihrer pessimistischen Lebenseinstellung werden.“ Der schlimmste Satz, den Jens Weidner in einem Beratungsgespräch gehört hat, lautet: „Wir hätten dich abtreiben sollen. In diesem Moment hätte er die Eltern schlagen können. Denn Kinder, die sich so etwas in jungen Jahren anhören müssen, vergessen das nie, und sie werden im Leben alles dafür tun, dass sich solche Kränkungen nicht wiederholen. Jens Weidner ist Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie.

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Richard Thaler stellt die Grundannahmen der Ökonomie auf den Kopf

Richard Thaler hat als einer der ersten Ökonomen gezeigt, dass das Handeln von Menschen oft unvernünftig ist und damit traditionelle Grundannahmen der Ökonomie auf den Kopf gestellt. In seinem neuen Buch „Misbehaving“ erklärt er anhand vieler Beispiele aus Beruf und Alltag, warum das Konzept des rational handelnden Homo oeconomicus ein fataler Irrglaube ist. Dabei wirft er einen ebenso klugen wie amüsanten Blick auf die psychologischen Grundlagen menschlicher Entscheidungen. Die Kernpromisse der Wirtschaftstheorie lautet, dass Menschen sich so entscheiden, dass sie ihren Nutzen optimieren. Außerdem wird angenommen, dass der Homo Oeconomicus keine verzerrten Entscheidungen trifft. Das heißt, er trifft seine Entscheidungen auf der Grundlage dessen, was Ökonomen „rationale Erwartungen“ nennen. Richard Thaler ist Professor für Behavorial Science and Economics an der University of Chicago. 2017 erhielt er für seine Forschungen zur Wirtschaftspsychologie den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.

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Das metaphysische Begehren strebt nach dem absolut Anderen

„Das wahre Leben ist abwesend.“ Aber die Menschen sind auf der Welt. In diesem Alibi erhebt und hält sich die Metaphysik. Emmanuel Levinas erklärt: „Sie ist dem „Woanders“ zugewandt, dem „Anders“ und dem „Anderen“.“ In ihrer allgemeinen Form, die sie in der Geschichte des Denkens angenommen hat, erscheint die Metaphysik in der Tat als eine Bewegung, die ausgeht von einem „Zuhause“, das der Mensch bewohnt, von einer ihm vertrauten Welt – mögen auch an ihren Randzonen noch unbekannte Gebiete liegen oder verborgen sein –,und die hingeht zu einem fremden Außersich, zu einem „Da drüben“. Das Ziel dieser Bewegung – das Woanders und das Andere – heißt „anders“ in einem ausgezeichneten Sinne. Der französisch-jüdische Philosoph Emmanuel Levinas (1905 – 1995) lehrte Philosophie in Nanterre und an der Sorbonne in Paris.

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Stefan Weidner fordert ein kosmopolitisches Denken

Viel zu lange glaubten die Staaten des Westens, dass sich ihre Maximen wie Fortschritt, Säkularität und Liberalismus sich irgendwann auf der ganzen Erde durchsetzen würden. Aus einer radikal aufklärerischen Position heraus stellt Stefan Weidner diese vermeintliche Überlegenheit in seinem Buch „Jenseits des Westens“ in Frage: Gerade heute braucht es seiner Meinung nach ein kosmopolitisches Denken, das ganz unterschiedliche Weltenwürfe ernst nimmt. Auch in Arabien, Afrika und China haben sich etwa Vorstellungen von der Würde des Menschen entwickelt und wie sie durch das Recht garantiert werden kann. Jedem Weltbild geht eine Grammatik, ein Vokabular, eine Überlieferung, eine Erzählung voraus. Dieses Narrative, das heißt, die Geschichten, die über die Welt erzählt werden, interessieren Stefan Weidner mehr als das, was angeblich die Welt selbst sein soll. Stefan Weidner studierte Islamwissenschaften, Philosophie und Germanistik in Göttingen, Damaskus, Berkeley und Bonn.

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Emotionale Intelligenz hilft die Gefühle anderer zu erkennen

Menschen, die über emotionale Intelligenz (EQ) verfügen, sind mit einer Reihe von Qualitäten ausgestattet, die in der „Dimension Intelligenz“ nicht vorkommen. Das Psychologe und Bestsellerautor Daniel Goleman erläutert: „Sie haben ein gutes Bild davon, wer sie sind. Sie können mit schlechten Gefühlen umgehen. Sie bleiben auch bei Niederlagen optimistisch. Sie können die Gefühle anderer Menschen erspüren.“ Bei Managern etwa, die ihre Mitarbeiter vor versammelter Mannschaft zusammenstauchen, oder bei aufbrausenden Typen, die sich und andere blamieren, sieht er ein enormes EQ-Defizit. Ausgeglichenheit dagegen und die Fähigkeit, mit vielen verschiedenen Charakteren auszukommen, zeuge von emotionaler Intelligenz. Auch die gute Beherrschung spontaner Gefühle zeige EQ-Stärke. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Die Kontrollierbarkeit von Ereignissen ist oft eine Illusion

Illusionen der Kontrolle sind scheinbar gut für das Wohlbefinden eines Menschen. Viele Studien zeigen, dass die sogenannten Überzeugungen der Selbstwirksamkeit – also die Überzeugung, in einer schwierigen Situation das tun zu können, was nötig ist – stark beeinflussen, wie man sich in einer Situation verhält. Interessant ist, dass Menschen außerordentlich raffiniert darin sein können, sich ihre Illusionen der Kontrolle auch dann zu erhalten, wenn einige Beweise gegen sie sprechen. Selbsttäuschungen, mit deren Hilfe sich Menschen von nicht mehr haltbaren Kontrollillusionen verabschieden, kommen durchaus häufig vor. Nach dem Motto: Wenn man etwas nicht haben kann, will man es plötzlich auch gar nicht mehr. Illusionen der Kontrolle sind in der Sprache der Psychologie adaptiv. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Das Unbehagen am Kapitalismus ist weit verbreitet

Das unbestreitbar Neue am modernen Kapitalismus, wie er seit knapp zwei Jahrhunderten die westliche Wirtschaft formt, ist seine Dynamik. Sie entsteht, weil Unternehmen ihre Gewinne nicht anhäufen, sondern gleich wieder investieren, vorzugsweise in neue Technik, die dazu führt, dass noch mehr und noch billiger produziert und noch mehr Geld verdient wird. Und so weiter. Auf diese Weise wuchs das Vermögen, vermehrte sich die Masse der Konsumgüter, wuchs die Wirtschaft in einem bisher nie gekannten Maße. Allerdings kam es dadurch auch zu einer völlig neuen Ballung ökonomischer Macht. Heute benutzen den Begriff „Kapitalismus“ fast nur noch seine Kritiker. Vor allem bündelt der Begriff das Unbehagen am aktuellen Wirtschaftssystem. An der Tendenz, allem einen Preis zu geben. An dem Trend, für den wirtschaftlichen Vorteil jede Moral beiseite zu stellen.

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Komplexität kann man nicht beliebig vereinfachen

Komplexität beschreibt das sinnvolle Zusammenspiel verschiedener Strukturen, die durch Interaktionen Verbindungen knüpfen und so einen sinnvollen Zusammenhang bilden: Menschen knüpfen lebendige Beziehungen. Je mehr Fäden ein persönliches Beziehungsnetz hat, beziehungsweise der Sinnzusammenhang, in den man eingebunden ist, desto komplexer ist das soziale Gebilde, das daraus entsteht. Der Psychologieprofessor Dietrich Dörner hat in seinem Buch „Die Logik des Misslingens“ Komplexität als „die Existenz von vielen, voneinander abhängigen Merkmalen in einem Ausschnitt der Realität“ bezeichnet. Ina Schmidt ergänzt: „Komplexität erhöht sich demnach in Abhängigkeit der Anzahl der Merkmale sowie ihrer Verbindungen untereinander, die zu dem jeweiligen Realitätsausschnitt gehören.“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Es kann nicht so weitergehen wie bisher

Die Wiederentdeckung des Gefühls oder gar die Bewusstwerdung der eigenen Würde, ist mit dem, was das Streben nach Anerkennung und Erfolg den Menschen abverlangt, unvereinbar. Woran sollen sich die Menschen orientieren bei dem, was sie vorfinden, weil es sich in dieser Weise bisher so entwickelt hat, oder an dem, wie es sein müsste, damit sie das, was sie als Menschen ausmacht, bewahren und weiterentwickeln können? Gerald Hüther betont: „Die Ansammlung von Wissen hat uns bei der Suche nach Antworten auf diese wichtige Frage nicht so recht weitergebracht. Wir wissen längst, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann.“ Aber auch wenn dieses Wissen nicht einfach nur von anderen übernommen, sondern durch Nachdenken aus der eigenen Erkenntnis gewonnen wird, hat das, was man dann erkannt hat, meist keine unmittelbaren Auswirkungen auf das persönliche Handeln. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Antonio Damasio erforscht die Entstehung des Lebens

Das Leben – zumindest in der Form, von der die Menschen abstammen – nahm seinen Anfang offenbar vor ungefähr 3,8 Milliarden Jahren und damit lange nach dem berühmten Urknall. Antonio Damasio ergänzt: „Es geschah in aller Stille auf dem Planeten Erde unter dem Schutz der Sonne in der großen Region der Milchstraße.“ Vorhanden waren bereits die Kruste der Erde, ihre Ozeane, ihre Atmosphäre, besondere Umweltbedingungen wie eine geeignete Temperatur und bestimmte lebenswichtige Elemente: Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel. Von einer Membranumhüllung geschützt, entwickelten sich mehrere Prozesse innerhalb einer abgegrenzten Region der Ungleichheit, die man als Zelle bezeichnet. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Thomas Junker kennt die Macht der Liebe

Viele Dichter haben die Macht der Liebe besungen und bewundert, religiöse und politische Weltverbesserer haben sie gefürchtet und verfolgt, und noch heute verzweifeln wohlmeinende Eltern am romantischen Eigensinn ihrer Kinder. Thomas Junker betont: „Und doch waren es diese scheinbar irrationalen Formen der Verliebtheit, die uns zu dem gemacht haben, was wir sind.“ Einige der faszinierendsten körperlichen und geistigen Anlagen der Menschen haben sich nur deshalb in der Evolution durchgesetzt, weil Frauen über viele hunderttausend Jahre Partner mit bestimmten Eigenschaften bevorzugten. Und weil die Männer nicht unterschiedslos mit allen Frauen schliefen, sondern eine sorgfältige Auswahl trafen. Durch die Partnerwahl haben sich die Geschlechter gegenseitig geformt. „Geformt“ ist im übertragenen Sinn gemeint, wenn es um den Charakter und die Talente geht. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Die Suche nach Liebe ist ein quälend schwierige Erfahrung

Der französischen Soziologin Eva Illouz fiel mit etwa zwanzig Jahren auf, dass alle Frauen um sie herum, sie selbst eingeschlossen, über Liebesdinge vor allem in psychologischen Begriffen sprachen und dass diese Redeweise ebenso viel enthüllte wie verbarg. Eva Illouz berichtet: „Irgendwann habe ich dieser Sprache kein Wort mehr geglaubt.“ Stattdessen begann sie, die Liebe aus der Perspektive der Soziologie zu betrachten. Ulrich Schnabel erklärt: „Dabei bleibt sie nicht abstrakt, sondern geht ins Konkrete: Sie befragt Menschen, durchforstet die Anzeigen in digitalen Kontaktbörsen, analysiert Romane ebenso wie Frauenzeitschriften, Werbeblätter und Fernsehshows.“ Sie kommt dabei zu dem Schluss, dass die Suche nach Liebe für die allermeisten Männer und Frauen eine quälend schwierige Erfahrung ist. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Schlaflosigkeit geht mit einem permanenten Alarmzustand einher

Es gibt viele Menschen, die ein Schlafproblem haben, einige von ihnen schlafen fast überhaupt nicht mehr. Georg Milzner kennt einige der Gründe für dieses Phänomen: „Oftmals erkennt man bei Menschen, deren Schlaf gestört ist, eine Problemebene, die immerfort verdrängt wird: dass die Beziehung eigentlich nicht mehr befriedigt, dass man immer anders leben wollte, als man es jetzt tut. In den Zeiten, in denen die bewusste Kontrolle nachlässt, kommen solche verdrängten Inhalte leichter nach oben. Und reißen uns nachts aus dem Schlaf, scheinbar grundlos. Schlafstörungen dieser Art wären ein vertrautes klinisches Gebiet. Manche Menschen schlafen aber erst gar nicht ein. Wo beim gesunden Menschen ein sanftes Hinübergleiten von einer in die andere Sphäre eintritt, entsteht bei Menschen, die nicht einschlafen können, ein Feuerwerk von Gedankenblitzen, aufwühlenden Bildern und sinnlos kreisenden Sorgenfantasien. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Emotionale Intelligenz wird die treibende Kraft des 21. Jahrhunderts sein

Emotionales Lernen ist nicht auf die Zeit der Kindheit beschränkt, sondern dauert ein Leben lang und gilt ebenso für Partnerbeziehungen. Immer noch gibt es die Idealvorstellung, dass zwei Menschen, die sich lieben, sich auch in ihren Gefühlen immer verstehen. In der Partnerschaft ist es allerdings so, dass man in einem fortwährenden Prozess lernen muss, den Partner besser zu begreifen. Klaus Biedermann stellt klar: „Egal wie befriedigend Ihre Beziehung zu Ihren Eltern war, bekommen Sie Probleme, wenn Sie nicht erkennen, mit wem Sie jetzt zusammen sind.“ Wenn man sich dieser Person gegenüber automatisch so verhält, wie man es gewohnt ist, läuft man Gefahr, die Qualität der Beziehung einzubüßen. Hier ist wirklich emotionale Intelligenz gefordert. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Mangelnde Selbstaufmerksamkeit kann zu Leiden aller Art führen

Es gibt Ebenen der Selbstregulierung, die Aufmerksamkeit benötigen. Die übermäßige Anspannung der Muskeln bemerkt man zum Beispiel oft erst, wenn es infolge der Spannung zu Schmerzen kommt. Besonders wesentlich ist Selbstaufmerksamkeit da, wo sich negative Gefühle in einem Menschen aufbauen. Wo man genervt ist, unter Druck gerät, Zorn zu empfinden beginnt. Georg Milzner erläutert: „Wird diesen sich aufbauenden Gefühlen keine Aufmerksamkeit zuteil, so fehlt uns die Möglichkeit, die Situation zu verändern. In der Folge kommt es zu Gefühlsausbrüchen, die dann etwas Unkontrolliertes bekommen.“ Primäre Selbstaufmerksamkeit nimmt Veränderungen wie diese wahr. Wer über primäre Aufmerksamkeit verfügt, der steht auf und lockert sich, ehe es zu Verspannungen kommt. Und bringt Gefühle frühzeitig zum Ausdruck, ehe sie zu Explosionen oder Implosionen führen. Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

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Faulheit wird fast reflexhaft als Gegensatz zur Arbeit bestimmt

Der Band 21 des Philosophicum Lech bietet wie immer einen anregenden Gedankenaustausch über gesellschaftlich fundamentale Fragen der Gegenwart. Der etwas provokante Titel lautete diesmal „Mut zur Faulheit. Die Arbeit und ihr Schicksal.“ Der breite thematische Bogen reicht von der Austreibung des Faulteufels und den Wonnen der Arbeit über ironisch-heitere Zukunftsvisionen einer Mußemaschine bis hin zu kulturellen Widersprüchen des Kapitalismus. Dennoch ist die Arbeit für viele Menschen offenbar die entscheidende Quelle für Wohlstand, Wert und Würde. Konrad Paul Liessmann, dem wissenschaftlichen Leiter des Philosophicum Lech ist es wieder gelungen, eine hochkarätige Referentenschar zu verpflichten. Dazu zählen unter anderem Univ.-Prof. Dr. Stephan Lessenich, Professor am Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, den Bestsellerautor Ulrich Schnabel und Univ.-Prof. Dr. Martin Seel, Professor für Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.

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Der Begriff der Mündigkeit spielt heute keine Rolle mehr

Bildung hatte schon immer zwei Seiten: die Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten des Einzelnen und die Ansprüche der Gesellschaft. Konrad Paul Liessmann fügt hinzu: „Bildung bedeutet die Steigerung individueller Entfaltungsmöglichkeiten und die Aneignung jener Kenntnisse, Techniken, Traditionen und Fähigkeiten, die eine Gesellschaft für wichtig und verbindlich erachtet.“ Geht dieser Zusammenhang verloren, befindet sich die Bildungssysteme in einer Krise. Die Individualisierung im Bildungsprozess meint folgendes: dass der Einzelne in Auseinandersetzung mit sich und der Welt, mit dem Wissen und der Kultur erfährt, was er und wie er in dieser Welt sein kann. Mündigkeit nannte man dieses Ziel eines bildenden Prozesses der Selbstgewinnung einmal, ein Begriff, der heute keine Rolle mehr spielt. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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In der Ekstase tritt das Denken aus sich selbst heraus

Plotin strebte ein Synthese des antiken Denkens an und entwickelte so eine Metaphysik des Einen, welche die Einheit als Grund und Bedingung alles Seienden und alles Denkbaren versteht. Den Urgrund des Bedingten und der Vielheit, der selbst urbedingt und absolut sein muss, nennt Plotin „das Eine“. Plotins Philosophie befasst sich anders als die platonische nicht nur mit der Frage des Aufstiegs zum Göttlichen, sondern auch mit dem Problem, wie das Göttliche sich in die Einzeldinge entfaltet hat. Diese Entfaltung des Einen in die verschiedenen Stufen des Seins – das Weltganze, den Geist, die Seele, die Einzeldinge – beschreibt Plotin als Vorgang der Emanation. Plotin lebte von circa 204 bis 270 nach Christus und lehrte in Rom seine neuplatonische Philosophie, die an Wirkmächtigkeit den Lehren von Aristoteles und Platon nicht nachstand.

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Sex ist eines der wichtigsten Ziele im Leben vieler Menschen

Sex mit einer reizvollen Partnerin oder einem attraktiven Partner ist eines der wichtigsten Ziele im Leben vieler Menschen. Das macht biologisch Sinn. Nicht nur, weil es mit dem ursprünglichen Lebenssinn, der Fortpflanzung, verbunden ist. Und nicht nur, weil Menschen dabei so eine besondere Lust empfinden. Thomas Junker ergänzt: „Wenn es gelingt, mit einer begehrenswerten Person zu schlafen, dann ist das auch ein Beweis der eigenen Attraktivität. Wer auf dem Feld der Liebe punktet, dem ist soziale Anerkennung sicher.“ Weil Sex, zumal guter Sex mit der oder dem Richtigen, ein knappes Gut ist, kann er zu einem wertvollen Geschenk werden und zu einer Ware, die gegen andere Dinge eingetauscht wird. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Weise Menschen durchdenken ihre Erlebnisse

Das Lernen aus Erfahrungen ist ein Grundkennzeichen der Reflektion. Judith Glück weiß: „Weise Menschen durchdenken ihre Erlebnisse und ziehen Schlüsse aus ihnen, die sie zu besseren Menschen machen.“ Judith Glück wird immer wieder gefragt, ob man Weisheit nicht auch durch indirekte Erfahrungen wie etwa das Lesen von Büchern erlangen kann. Sie antwortet: „Zweifellos kann man sehr vieles durch Bücher, Medien und Gespräche lernen – es kommt ja immer wieder vor, dass uns ein Buch oder ein Satz, den jemand nebenbei gesagt hat, eine ganz neue Perspektive eröffnet.“ Eigenen Erfahrung – wenn es gelungen ist, sie gut zu bewältigen – ermöglicht es aber in ganz besonderem Maße, sich in andere Menschen in ähnlichen Situationen hineinzuversetzen und sie wirksam zu unterstützen. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Martha Nussbaum beschreibt wichtige Facetten des Ekels

Martha Nussbaum schreibt: „Ekel ist eine starke Abneigung gegenüber Aspekten oder Teilen des Körpers, die als „animal reminders“ bezeichnet werden – das heißt Aspekten von oder Seiten an uns selbst, die uns daran erinnern, dass wir sterbliche und animalische Wesen sind.“ Seine primären Objekte sind Fäkalien und andere körperlichen Ausscheidungen, die Verwesung und Tiere oder Insekten, die schleimig, schmierig oder übelriechend sind bzw. anderweitig an die abgelehnten Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen erinnern. Der Kerngedanke des Ekels ist der an eine (potenzielle) Verunreinigung durch Kontakt oder Nahrungsaufnahme: Wer das Unedle, das Niedrige zu sich nimmt, zieht in das auf sein Niveau hinunter. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Der Mensch braucht sieben bis neun Stunden Schlaf

Julia Shaw betrachtet den Schlaf ganz allgemein als lästige Notwendigkeit. Wenn sie könnte, würde sie ihre nächtlichen Auszeiten gänzlich überspringen. Noch frustrierender ist für sie, dass sich die Wissenschaftler noch nicht einmal ganz sicher sind, warum die Menschen den Schlaf überhaupt brauchen. Allerdings weiß man inzwischen, wieviel Schlaf man benötigt, nämlich sieben bis neun Stunden. Julia Shaw ergänzt: „Wir wissen, wie er sich anfühlt, aufgeteilt in Phasen fast ohne jedes Bewusstsein und solche mit lebhafter Halluzination.“ Die Forscher wissen auch, unter welchen Umständen er sich am wahrscheinlichsten einstellt: bei völliger Stille und kühler Dunkelheit. Die Biopsychologen Gordon Feld und Susanne Diekelmann von der Universität Tübingen erklären: „Träumen ist ein Zustand aktiver Informationsverarbeitung, der für das ordnungsgemäße Funktionieren von Lernen und Gedächtnis unerlässlich ist.“ Die Rechtspsychologin Julia Shaw lehrt und forscht an der London South Bank University.

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Das Leben nahm seinen Anfang vor 3,8 Milliarden Jahren

Das Leben – zumindest in der Form, von der die Menschen abstammen – nahm offenbar seinen Anfang vor etwa 3,8 Milliarden Jahren und damit lange nach dem berühmten Urknall. Antonio Damasio erläutert: „Es geschah in aller Stille auf dem Planeten Erde unter dem Schutz der Sonne in der großen Region der Milchstraße.“ Vorhanden waren damals bereits die Kruste der Erde, ihre Ozeane, ihre Atmosphäre, besondere Umweltbedingungen wie eine geeignete Temperatur und bestimmte lebenswichtige Elemente: Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel. Von einer Membranumhüllung geschützt, entwickelten sich mehrere Prozesse innerhalb einer abgegrenzten Region der Ungleichheit, die Wissenschaftler als Zelle bezeichnen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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