Sex mit einer reizvollen Partnerin oder einem attraktiven Partner ist eines der wichtigsten Ziele im Leben vieler Menschen. Das macht biologisch Sinn. Nicht nur, weil es mit dem ursprünglichen Lebenssinn, der Fortpflanzung, verbunden ist. Und nicht nur, weil Menschen dabei so eine besondere Lust empfinden. Thomas Junker ergänzt: „Wenn es gelingt, mit einer begehrenswerten Person zu schlafen, dann ist das auch ein Beweis der eigenen Attraktivität. Wer auf dem Feld der Liebe punktet, dem ist soziale Anerkennung sicher.“ Weil Sex, zumal guter Sex mit der oder dem Richtigen, ein knappes Gut ist, kann er zu einem wertvollen Geschenk werden und zu einer Ware, die gegen andere Dinge eingetauscht wird. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.
Das Sexleben ist von Mischformen und Grautönen geprägt
Außerdem kann Sex als Waffe dienen, mit der man andere bestraft. Und er lässt sich im Kampf um Status und Reputation sowie zur Karriereplanung einsetzen. Thomas Junker kennt die Gemeinsamkeiten dieser Optionen: „Sie haben nur am Rande mit sexuellen Bedürfnissen zu tun und damit, dass man einen Menschen begehrt. Stattdessen wird der Sex zum Mittel, um sich ganz andere Dinge zu verschaffen.“ Die Folge: Das menschliche Liebes- und Sexleben ist von Mischformen, Übergängen und Grautönen geprägt, die es manchmal schwermachen zu sagen, worum es geht, wenn zwei Menschen miteinander schlafen.
Besonders kritisch kann es werden, wenn dabei Geld im Spiel ist. Denn die Prostitution liegt nicht in der Natur des Menschen, sondern es handelt sich dabei um eine „Zivilisationskrankheit“. Ein Mensch kann zwar aus freien Stücken mit mehreren, vielleicht sogar mit vielen Partnern oder Partnerinnen schlafen, aber sicher nicht mit allen. Thomas Junker stellt klar: „Insofern kommt der mit vielen Formen der Prostitution einhergehende Zwang, alle Freier akzeptieren zu müssen, aus biologischer Sicht einer Vergewaltigung gleich.“
Der Wunsch nach Abwechslung treibt Männer zu Prostituierten
Auf die Frage, warum sie zu Prostituierten gehen, nannten die Interviewpartner des Sexualforschers Alfred Kinsey eine ganze Reihe von Gründen: Neugierde und der Wunsch nach Abwechslung, die Vorliebe für ungewöhnliche Sexualpraktiken, die Furcht vor Verpflichtungen und Komplikationen, die Schwierigkeit eine Partnerin zu finden und nicht zuletzt finanzielle Erwägungen: „Hunderte von Männern haben darauf bestanden, dass Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten billiger ist als Geschlechtsverkehr mit irgendeinem anderen Mädchen.“
Umgekehrt kann man auch fragen, warum Männer es völlig ablehnen, zu Prostituierten zu gehen. Auch hier nennen Alfred Kinseys Interviewpartner zahlreiche Gründe. Als wichtigster Grund wurde zumindest von den bessergestellten Männern fast einhellig genannt: „Der Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten ist nicht annähernd so befriedigend wie der Geschlechtsverkehr, den man mit anderen Mädchen haben kann.“ Das liegt nicht nur an den „unästhetischen Umständen“, sondern vor allem daran, dass die Prostituierten weder Gefühle zulassen noch sexuelle Erregung zeigen. Quelle: „Die verborgene Natur der Liebe“ von Thomas Junker
Von Hans Klumbies