Alle Menschen sind frei und mit gleichen Rechten geboren

Nach Jahrtausenden der religiösen Dogmatik und des Aberglaubens entwickelten mutige Philosophen ein neues Menschenbild. Alle Menschen sind frei und mit gleichen Rechten geboren, alle sind gleich vor dem Gesetz, und die einzigen Kriterien für Wissen sind Fakten und Rationalität. Philipp Blom ergänzt: „Auf dieser Grundlage können Menschen in Frieden miteinander leben und Fortschritt schaffen, der das Leben aller verbessert. Die Erlangung und Verteidigung der Freiheit ist oberstes Ziel von Individuen und Gesellschaften.“ Dieses neue Denken, dass man als „Aufklärung“ bezeichnete, wurde anfangs bekämpft und unterdrückt, konnte sich aber im Laufe von zwei Jahrhunderten durchsetzen. Nach den Philosophen und der Französischen Revolution kamen die Arbeiterbewegung, die Abschaffung der Sklaverei und danach die Dekolonisierung, die Civil-Rights-Aktivisten in den USA, Feministinnen, die Entkriminalisierung der Homosexualität, die Achtung von Minderheiten als Gradmesser der Zivilisiertheit. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

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Rom beschreitet den Weg zum Imperium

Durch das Weltreich, das von Rom seinen Ausgang nahm, wurde die orientalisch-hellenistische Kultur weitergetragen und, am Ende in Auseinandersetzung mit dem Christentum, umgeformt. Bernd Roeck fügt hinzu: „Nach dem Untergang des weströmischen Imperiums werden zunächst Byzanz und die islamischen Reiche diese Rolle übernehmen. Sie hatten Anteil an der Überlieferung des großen Dialogs der Griechen.“ Die kometenhafte Karriere Roms wurde auch von der Geografie begünstigt. Die langgezogenen Küsten des Stiefels wenden sich bekanntlich Orient und Okzident zu. Italien ist die Mitte des Mittelmeeres. Die Siedlung nahe eine Furt durch den Tiber, der Ursprung Roms“ dürfte am Ende des 7. vorchristlichen Jahrhunderts entstanden sein. Bauern und Hirten lebten darin. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Naturerlebnisse schenken einem Menschen Ruhe und Freiheit

Amerikanische Psychologen von der Universität Rochester interessierten sich für die Frage, welche Auswirkungen ein Naturerlebnis auf die Einstellung von Menschen zu ihren Mitmenschen hat. Sie unterschieden hierzu zunächst zwei generelle Lebensziele, intrinsische und extrinsische. Manfred Spitzer erklärt: „Intrinsische Motive betreffen unsere eigenen Grundbedürfnisse wie das Bedürfnis nach Gemeinschaft, nach Vertrautheit und persönlichem Wachstum. Extrinsische Motive hingegen betreffen Dinge, die nicht selbst einen Wert haben, sondern deren Wert davon abgeleitet ist, dass alle danach streben. Geld oder ein guter Ruf sind Beispiele für derartige Motive.“ Interessanterweise hängt das persönliche Glück sehr stark davon ab, ob man eher auf die Gemeinschaft oder auf sich selbst fokussiert ist. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

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Die universalen Menschenrechte gelten nicht überall auf der Welt

Die Aufgabe der Grenze, zu ordnen und zu kontrollieren, sichert gegenwärtig insbesondere eine geordnete Zuwanderung. An der deutschen Grenze hat der Deutsche einen Anspruch auf Einreise und ein Bleiberecht. Der Nichtdeutsche hat dieses Recht grundsätzlich nicht. Paul Kirchhof erläutert: „Diese rechtliche Unterscheidung folgt dem Demokratieprinzip, das den Staatsbürgern in ihrem Gebiet Existenz, freiheitliche Entfaltung und politische Mitwirkung sichert, den Zugang anderer zu diesem Staatsgebiet von der Aufnahmebereitschaft der Staatsbürger abhängig macht, kulturelle Eigenheiten und Prinzipien des friedlichen Zusammenlebens geordnet für andere Kulturen und Lebenssichten öffnet.“ Dr. jur. Paul Kirchhof ist Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg. Als Richter des Bundesverfassungsgerichts hat er an zahlreichen, für die Entwicklung der Rechtskultur der Bundesrepublik Deutschland wesentlichen Entscheidungen mitgewirkt.

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Grenzkontrollen gehören wieder zum europäischen Alltag

Es gibt Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich, zwischen Dänemark und Schweden, zwischen Frankreich und Belgien. Was vor wenigen Jahren noch undenkbar schien, gehört mittlerweile wieder zum europäischen Alltag. Konrad Paul Liessmann stellt fest: „Das Verschwinden der Grenzen war offenbar nur von kurzer Dauer, Grenzen treten wieder ins allgemeine Bewusstsein, und damit auch die Frage nach deren Sinn und Funktion.“ Die Flüchtlingsströme des Jahres 2015, die ohne Kontrolle und Registrierung durch Europa zogen, galten den einen dann auch als Symbol für einen grenzenlosen, offenen, humanisierten Kontinent, den anderen als Indiz dafür, dass dieser Kontinent im Begriff war, sich vor einer unkontrollierten Wanderungsbewegung überrollen zu lassen und damit aufzugeben. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Der Mensch ist frei geboren

Dass die Freiheit sich selbst gefährden kann, tritt im Wesentlichen erst im Verlauf der neuzeitlichen Freiheitsgeschichte auf. Innere Spannungen dagegen begleiten die Freiheit von Anfang an. Eine von ihnen wird im paradoxen Zitat eine neuzeitlichen Freiheitstheoretikers bekannt: „Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten.“ Otfried Höffe erklärt: „Dieser Einleitungssatz des ersten Kapitels „Vom Gesellschaftsvertrag“ (1762) führt Jean-Jacques Rousseau ins Zentrum des vielfältigen und in mancher Hinsicht irritierenden Freiheitsbegriffs.“ Er stellt nämlich fünf Behauptungen über die Freiheit auf, die durch den nächsten Satz sowie den Kontext um drei weitere Behauptungen ergänzt werden. Sie alle werden sich als plausibel erweisen. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Minimalismus bedeutet Freiheit

Ein Großteil des eigenen Besitzes hat rein persönlichen Wert: Reiseandenken, geliebte, vom vielen Lesen zerfledderte Bücher, Briefe von teuren Menschen, Fotos unvergesslicher Momente. Fumio Sasaki ergänzt: „Die Mühe, die es uns gekostet hat, ein bestimmtes Ding zu bekommen, der Preis, den wir bezahlt haben, um es zu erwerben, die Geschichte drumherum – all das steigert den Wert, den wir einem Ding beimessen.“ Doch egal wie teuer einem Menschen ein Gegenstand ist, egal wie wunderbar man ihn findet: Andere Menschen werden ihn nicht so hoch schätzen, in ihren Augen handelt es sich einfach um einen beliebigen Gegenstand. Diese Erkenntnis kam Fumio Sasaki, al er darüber nachdachte, was nach seinem Tod passieren würde. Fumio Sasaki arbeitete als Cheflektor des japanischen Verlages Wani Books, bevor er freier Autor wurde.

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Die Grenze gewährt Zuflucht

Der Staat bestimmt seinen Einflussbereich und seine Grenzen, ist für fremdes Hoheitsgebiet nicht zuständig. Paul Kirchhof ergänzt: „Gäbe es keine ersichtliche Staatsgrenze, die der Staat auch einmal schließen dürfte, fände der Aggressor bei einem militärischen Angriff auf diesen Staat keinen Haltepunkt.“ Und ein Diktator, der seine Grenze überschreitet, um jenseits seines Herrschaftsbereichs Gebiete zu erobern, träfe auf keine rechtlichen Warnsignale. Das Staatsvolk entwickelt seine Kultur in seinem Gebiet. Der Staatsangehörige hat die Gewissheit, im Gebiet seines Staates leben und in dieses jederzeit einreisen zu dürfen, dort grundsätzlich vor Auslieferungen sicher zu sein. Dr. jur. Paul Kirchhof ist Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg. Als Richter des Bundesverfassungsgerichts hat er an zahlreichen, für die Entwicklung der Rechtskultur der Bundesrepublik Deutschland wesentlichen Entscheidungen mitgewirkt.

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Liebe und Freiheit gehören untrennbar zusammen

Die Liebe, das Gefühl der Verschmelzung schlechthin, beinhaltet paradoxerweise ein Fragment der ausgedehnten und komplexen Geschichte von Autonomie und Freiheit, die zumeist in politischen Begriffen erzählt wird. Eva Illouz erläutert: „Das Genre der Liebeskomödie – das mit Menander entstand, von den Römern mit den Stücken von Plautus und Terenz fortgesetzt wurde und in der Renaissance zu neuer Blüte fand – handelte vom Anspruch junger Menschen auf Freiheit gegenüber Eltern, Lehrern und alten Männern.“ Während die Liebe in Indien und China in religiös modellierten Geschichten verhandelt wurde, einen festen Bestandteil im Leben der Götter bildete und nicht an sich gegen gesellschaftliche Autoritäten aufbegehrte, löste sie sich in Westeuropa und den Vereinigten Staaten nach und nach von der religiösen Kosmologie ab. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem sowie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.

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Stefan Brunnhuber entwickelt ein Modell der Offenen Gesellschaft

Die Offene Gesellschaft steht in Konkurrenz und im Wettstreit mit anderen Formen des Zusammenlebens, etwa autokratischen Systemen, Neonationalismen und auch anderen Formen von Demokratien, in denen die Stabilität wichtiger ist als die Partizipation. In seinem neuen Buch „Die Offene Gesellschaft“ entwickelt Stefan Brunnhuber Karl Poppers Konzept der „offenen Gesellschaft und ihrer Feinde“ weiter und plädiert für eine Ordnung der Freiheit, welche die Voraussetzung dafür bildet, dass die Menschen auch morgen noch das Leben führen können, das eine große Mehrheit in Staaten, in denen eine Demokratie herrscht, befürwortet. Diese Freiheit erscheint umso bedeutender, da sich viele gesellschaftliche Bereiche, die als offen galten, sich wieder zunehmend verschließen. Der Ökonom und Psychiater Stefan Brunnhuber ist ärztlicher Direktor der Diakonie Kliniken in Sachsen. Außerdem lehrt er Psychologie und Nachhaltigkeit an der Hochschule Mittweida.

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Den Kern einer gerechten Gesellschaft bildet der „Schleier des Nichtwissens“

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 04/2019 lautet: „Was ist eine gerechte Gesellschaft?“ Viele politische Großereignisse der letzten Jahre hängen mit dieser Frage zusammen: die Proteste infolge der Finanzkrise, der Aufstieg des Rechtspopulismus, der Brexit, die Demonstrationen der sogenannten „Gelbwesten“ in Frankreich, die Schülerproteste für den Kampf gegen den Klimawandel sowie die jüngsten Debatten um Enteignungen. Dabei gibt es unübersehbare Gemeinsamkeiten: Überall geht es um Fragen der Verteilungsgerechtigkeit. Der Verteilung von Geld, Eigentum, Macht, Anerkennung und ökologischer Ressourcen. Der US-amerikanische Philosoph John Rawls hat die wirkmächtigste Theorie der Gerechtigkeit des 20. Jahrhunderts entworfen. Der „Schleier des Nichtwissens“ bildete für ihn den Kern einer gerechten Gesellschaft. Mi seinem „Differenzprinzip“ legitimierte er soziale Ungleichheiten unter bestimmten Bedingungen. Zentral bleibt bei seinen Überlegungen für John Rawls folgendes: Individuelle Freiheiten und Rechte dürfen nicht auf die Gesamtheit eines hypothetischen kollektiven Wohlergehens gegründet werden.

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Die Freiheit schützt die Vernunft

In der Antike, im Mittelalter und am Beginn der Neuzeit forderte die Freiheit vor allem den Mut, den eigenen Verstand zu gebrauchen. Paul Kirchhof erläutert: „Mit Vernunft werde die Natur beherrscht, Frieden gesichert, Herrschaft gemäßigt, eine Gleichheit der Lebensverhältnisse für alle erstrebt.“ Heute in Zeiten dominanter teilrationaler Eigensysteme – der ökonomischen, technischen und sozialen Vernunft – muss man für eine ganzheitliche Freiheit kämpfen, die Folgen wettbewerblichen Gewinnstrebens, algorithmischer Folgerichtigkeit und sozialen Erwartungen in Frage stellen. Die Freiheit schützt die Vernunft, gewährt aber auch das Recht unvernünftig sein zu dürfen. Dr. jur. Paul Kirchhof ist Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg. Als Richter des Bundesverfassungsgerichts hat er an zahlreichen, für die Entwicklung der Rechtskultur der Bundesrepublik Deutschland wesentlichen Entscheidungen mitgewirkt.

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Eine Stadtmauer zeichnet die Städte im Mittelalter aus

Das Siegelbild vieler europäischer Städte des Mittelalters hebt die Stadtmauer hervor. Tatsächlich machte die Mauer eine Stadt aus. Bernd Roeck ergänzt: „Neben Markt und Gericht war sie ihr entscheidendes Merkmal. Ummauerte Dörfer gab es auch, doch waren sie selten.“ Weder die Poleis des klassischen Griechenlands noch die Städte Asiens kannten eine vergleichbar strikte Scheidung zwischen Stadt und Land, und auch in der islamischen Welt zog allein das Steuerrecht Trennlinien. Den prägnantesten Unterschied markiert die griffige Formel „Stadtluft macht frei“. Sie entstammt zwar späteren Zeiten, ist aber nicht ohne Berechtigung, obwohl es auch in der Stadt mannigfaltige Abhängigkeiten gab – zum Beispiel von einem Kloster, dem Zins zu entrichten war. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Der Staat muss die Meinungsfreiheit schützen

Der Staat muss das einsetzen, was der Soziologe Max Weber als „Monopol auf legitime physische Gewaltsamkeit“ bezeichnet, um diese Menschen zu beschützen und diejenigen zu verfolgen, die sie zu töten drohen. Timothy Garton Ash ergänzt: „Das ein Rund-um-die-Uhr-Schutz teuer ist, muss eine demokratische Regierung ihren Worten auch Taten, sprich Geld, folgen lassen, selbst wenn manche Steuer zahlenden Wähler das nicht gutheißen werden.“ Das setzt natürlich voraus, dass nicht der Staat selbst offen oder verdeckt die Quelle gewaltsamer Einschüchterung ist, sondern sie vielmehr entschlossen und mit allen Mitteln bekämpft. Doch selbst wenn ein Staat alles in seiner Macht unternimmt, um gefährdete Personen zu schützen, wird deren persönliche Erfahrung dennoch traumatisch sein. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die meisten Menschen glauben an den freien Willen

Wenn nicht das schlichte Dasein von Übeln als Begründung für das „Strafen“ ausreicht und wenn auch das Eintreten von Schäden im Zusammenhang mit Menschen ein ziemlich grobes und „ungerecht“ erscheinendes Raster ist, muss man, wie auch immer, am Zweck der Handlungen anknüpfen und diesen ihrem Urheber irgendwie „zurechnen“. Thomas Fischer beschreibt dies mit folgenden Worten: „ Man kann einer Person ihre Zwecke oder Motive nur dann zum Vorwurf machen, wenn es auch tatsächlich ihre sind oder man dies jedenfalls annimmt.“ Das ist eine Überlegung, die einen schon recht entwickelten, „modernen“ Begriff vom Strafen hat. Bis vor wenigen Hundert Jahren unterschied man in Europa noch nicht genau zwischen „Verbrechern“ und „Irren“, denn das setzt voraus, dass man die Person als selbstbestimmten Urheber von Zwecken ansieht. Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

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Das Menschenbild der Aufklärung ist verloren gegangen

Im 20. Jahrhundert hatten sich die freiheitlichen Staaten Europas und die USA noch auf die Aufklärung berufen. Man beschwor den Geist von Locke, Rousseau, Montesquieu und Kant. Richard David Precht erläutert: „Man betonte die Freiheit und Gleichheit aller Menschen und verwies auf die Erklärung der Menschenrechte. Und den angemessenen Gebrauch der Freiheit sah man, mit Kant, darin, seine Urteilskraft einzusetzen.“ Im fortgeschrittenen 21. Jahrhundert kann davon keine Rede mehr sein – allenfalls in Sonntagsreden. Man hat Autonomie gegen Bequemlichkeit getauscht, Freiheit gegen Komfort und Abwägung gegen Glück. Das Menschenbild der Aufklärung findet in der neuen schönen Digitalwelt der Überwachungssensoren und Digital-Clouds einfach keinen Platz mehr. Der Philosoph, Publizist und Bestsellerautor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Uwe Böschemeyer erzählt von den hellen Farben der Seele

Unter den hellen Farben der Seele versteht Uwe Böschemeyer spezifisch menschliche Werte wie Freiheit, Verantwortlichkeit, Liebe, Mut, Hoffnung, Kreativität und Spiritualität. Sie gründen laut Viktor Frankl im „geistig Unbewussten“, kommen allerdings in den Wissenschaften, im gesellschaftlichen Leben, im konkreten Dasein der Menschen überhaupt viel zu kurz. Von den hellen Farben der Seele handelt das neue Buch von Uwe Böschemeyer. Er nennt sein Konzept Wertorientierte Persönlichkeitsbildung, die er als einen eigenständigen Entwurf, zugleich als ein logotherapeutisches Präventionskonzept versteht. Uwe Böschemeyer vertritt die These, dass die Menschheit in einer Zeit lebt, in der die Angst zu einem lebensbestimmenden Gefühl geworden ist: „Die Angst unter uns ist so groß, weil der Mangel an Sinn so groß ist.“ Uwe Böschemeyer ist Rektor der Europäischen Akademie für Wertorientierte Persönlichkeit und Leiter des Instituts für Logotherapie und Existenzanalyse in Salzburg.

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Ein Gemeinwesen braucht eine politische Herrschaft

Der Kernbestandteil eines jeden Gemeinwesens besteht in einem Recht, das sich wesentlich mit Zwangsbefugnis verbindet. Seinetwegen hat jedes Gemeinwesen einen Herrschaftscharakter, weshalb nicht die „geordnete Anarchie als philosophisches Leitbild des freiheitlichen Rechtsstaates“ behauptet werden kann. Otfried Höffe erklärt: „Weil angeblich jede Regierung Rechte von Individuen verletzt, taucht selbst gegen eine von den Betroffenen ausgeübte Herrschaft Skepsis auf.“ Es ist überraschend, dass ursprünglich, im Griechischen, die Herrschaftslosigkeit durchweg negativ bewertet wird. Auch in der politischen Neuzeit, etwa von Niccolò Machiavelli über Montesquieu bis Voltaire, herrscht die negative Einschätzung vor. Erst in Karl Marx` und Friedrich Engels` These vom Absterben des Staats, bei dem davon beeinflussten Herbert Marcuse, auch in der subversiven Institutionenkritik eines Michel Foucault und nicht zuletzt in antiautoritären Bewegungen lebt der Gedanke der Herrschaftsfreiheit auf. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Immer mehr Menschen lösen ihre Beziehungen auf

In ihrem neuen Buch „Warum Liebe endet“ zeigt Eva Illouz, warum mit Blick auf die sexuellen und romantischen Beziehungen vor allem eines selbstverständlich geworden ist: sich von ihnen zu verabschieden. Außerdem hat die Sozilogin anhand von zahlreichen Gesprächen und ausführlichem Quellenstudium herausgefunden, wie es um Beziehungen in Zeiten von Speed-Dating und Tinder, von Gelegenheitssex und Körperkult bestellt ist. Einer ihrer Befunde lautet: Insbesondere Frauen sind die Leidtragenden dieser gleichermaßen sexualisierten wie sexuell befreiten Kultur. Daneben beschreibt Eva Illouz, welche kulturellen und emotionalen Mechanismen Menschen dazu bringen, Beziehungen auf den Prüfstand zu stellen, aufzulösen, abzulehnen oder prinzipiell zu vermeiden. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem sowie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.

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Die Zuversicht ist die Kraft der inneren Freiheit

Ulrich Schnabel erzählt in seinem neuen Buch „Zuversicht“ von Menschen, die ihren Lebensmut selbst unter schwierigsten Dingen nicht verloren. Dabei geht es nicht um die naive Hoffnung, dass am Ende irgendwie alles wieder gut wird. Sein Buch ist auch kein Ratgeber im positiven Denken oder eine Empfehlung zum unbeirrten Optimismus, demzufolge es niemals Krisen gibt. Es geht Ulrich Schnabel um jene Art der Zuversicht, die sich keine Illusionen über den Ernst der Lage ist – und die einen Menschen dennoch in die Lage versetzt, der Angst zu trotzen und jene Spielräume zu nutzen, die sich auftun. Die neuesten Erkenntnisse aus Medizin, Neurobiologie, Psychologie und Philosophie zeigen: Nicht die Herausforderungen sind entscheidend, sondern die innere Haltung, die ein Mensch dazu einnimmt. Ulrich Schnabel ist seit über 25 Jahren Wissenschaftsredakteur bei der ZEIT.

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Der Liberalismus brachte Frieden und Wohlstand

Der Liberalismus hat trotz zahlreicher Defizite eine deutlich bessere Bilanz aufzuweisen als jede seiner Alternativen. Yuval Noah Harari stellt fest: „Die meisten Menschen genossen nie mehr Frieden oder Wohlstand als unter der Ägide der liberalen Ordnung des frühen 21. Jahrhunderts.“ Zum ersten Mal in der Geschichte sterben weniger Menschen an Infektionskrankheiten als an Altersschwäche, weniger Menschen sterben an Hunger als an Fettsucht, und durch Gewalt kommen weniger Menschen ums Leben als durch Unfälle. Doch der Liberalismus hat keine offenkundigen Antworten auf die größten Probleme, vor denen die Menschheit steht: den ökologischen Kollaps und die technologische Disruption. Der Liberalismus vertraute traditionell auf das Wirtschaftswachstum, um wie durch Zauberhand schwierige gesellschaftliche und politische Konflikte zu lösen. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Die Politik muss die gesellschaftlichen Werte schützen

Georg Pieper vertritt die These, dass beim Thema Werte zunächst einmal die Politik gefragt ist. Die Werte zu schützen ist ihre große Aufgabe: „Politiker müssen unmissverständlich vermitteln, dass Werte wie Demokratie, Akzeptanz des Andersartigen, Freiheitsrechte oder Gleichberechtigung unantastbar sind und absolute Gültigkeit haben.“ Sie müssen Regeln formulieren und deutlich machen, dass diese Regeln von jedem Einzelnen einzuhalten sind. Hier sind nach der Überzeugung von Georg Pieper Klarheit und Konsequenz gefragt. Sowohl was den Umgang mit Gruppierungen und Bewegungen angeht, welche die Werte in Deutschland in Frage stellen oder sogar bekämpfen, als auch im Zusammenleben mit Geflüchteten, die eine andere Sozialisation als die Deutschen haben. Das konsequente Eintreten des Staates für die Grundwerte des Zusammenlebens gibt den Bürgern ein Sicherheitsgefühl und psychischen Halt und Orientierung. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

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Entscheidungen sind die Wemarken des Lebens

„Wie treffe ich eine gute Entscheidung?“ lautet das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 02/2019. Entscheidungen sind die Wegmarken des Lebens eines Menschen. Wer in die falsche Richtung geht, setzt sein Glück und seine Freiheit, vielleicht sogar seine gesamte Zukunft aufs Spiel. Umso drängender stellt sich die Frage, wie der richtige Weg rechtzeitig zu erkennen wäre. Soll man sich bei Entscheidungen eher auf die Vernunft oder die Intuition verlassen? Oder liegt gerade im Zögern und Zaudern die Chance wahrer Selbstbestimmung? In der Geschichte der Philosophie vertreten viele große Denker die Ansicht, dass man gute Entscheidungen nur treffen kann, wenn man der Unmündigkeit durch den Gebrauch der Vernunft entflieht. Inzwischen haben aber viele Studien der Psychologie und Verhaltensforschung gezeigt, dass es manchmal auch nicht schadet, seiner Intuition zu folgen, bringt diese doch eine enorme Reduktion der Komplexität mit sich.

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Die Postmoderne hält das Gerede von Identität für einen Wahn

Um kaum einen Begriff herrscht seit Jahrzehnten solch ein Gezerre wie um das Wort „Identität“. Die Linke trägt ihn stolz vor sich her, wenn sie „Identitätspolitik“ betreibt. Die Rechte, allen voran die „Identitäre Bewegung“, versucht, ihn neuerdings für ihre Zwecke zu kapern. Die Postmoderne hält jegliches Geschwätz von Identität für einen Wahn. Vielleicht kann die Wissenschaft hier für mehr Klarheit sorgen. Thea Dorn schreibt: „Die Freiheit der Forschung ist ein weiteres hohes Gut, auch in unserem Land. Ebenso wie die Freiheit des Glaubens.“ Aber sobald im politischen Diskurs wissenschaftliche Annahmen – keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse – und religiöse Überzeugungen als vermeintlichen Totschlagargumente aus der Tasche gezogen werden, sind sie tatsächlich nur noch eins: Totschläger. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Der Mensch soll sich seines Verstandes bedienen

Laut Immanuel Kant war das wichtigste Ziel der Aufklärung „(…) der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“. Der Philosoph fordert die Menschen auf, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Immanuel Kants Leitgedanke ist für Paul Verhaeghe klar: „Denke selbst und werde ein freier Mensch.“ Die Aufklärung stellt Vernunft, als einzigartige Eigenschaft des Menschen, in den Vordergrund. Vernunft steckt also in jedem, also kann jeder Mensch aufgrund seines rationalen Vermögens allgemein akzeptierte Prinzipien entdecken, um sein Leben richtig zu führen. Allgemein akzeptiert, also nicht mehr durch eine höhere Macht oder ihre Verkörperung auferlegt. Paul Verhaeghe vermutet, dass die Mehrheit der Menschen diesen Gedanken schon einmal hegte. Ein Problem gibt es dabei allerdings: Niemand kann mit Sicherheit sagen, was Vernunft nun genau beinhaltet. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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