Rom beschreitet den Weg zum Imperium

Durch das Weltreich, das von Rom seinen Ausgang nahm, wurde die orientalisch-hellenistische Kultur weitergetragen und, am Ende in Auseinandersetzung mit dem Christentum, umgeformt. Bernd Roeck fügt hinzu: „Nach dem Untergang des weströmischen Imperiums werden zunächst Byzanz und die islamischen Reiche diese Rolle übernehmen. Sie hatten Anteil an der Überlieferung des großen Dialogs der Griechen.“ Die kometenhafte Karriere Roms wurde auch von der Geografie begünstigt. Die langgezogenen Küsten des Stiefels wenden sich bekanntlich Orient und Okzident zu. Italien ist die Mitte des Mittelmeeres. Die Siedlung nahe eine Furt durch den Tiber, der Ursprung Roms“ dürfte am Ende des 7. vorchristlichen Jahrhunderts entstanden sein. Bauern und Hirten lebten darin. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

Roms Umgang mit seinen besiegten Feinden war beispielhaft

Etruskische Adlige – deren Gebiet hatte seinen Kern in der heutigen Toskana – eroberten sie. Landhunger dürfte die Eroberungskriege veranlasst habe, in deren Verlauf Rom zunächst zur regionalen Ordnungsmacht aufstieg. Nach Livius (59 v. Chr. – 17 n.Chr.) hätte sie sich mit Beginn der Samnitenkriege im 4. Jahrhundert gezwungen gesehen, gegen immer gefährlichere Feinde zu kämpfen. Mit der Überwindung Karthagos Ende des 3. Jahrhunderts war schließlich, den Zeitgenossen unbewusst, der Weg zum Imperium beschritten.

So gesehen gilt, was der Historiker John Robert Seeley über die Genese des britischen Empire bemerkte es sei in einem Anfall von Geistesabwesenheit entstanden –, auch für Roms Imperium. Tatsächlich zeigt sich die von Livius konstruierte „imperiale Logik“ erst im Nachhinein. Niccolò Machiavelli, der die Antike als eine mit lehrreichen Beispielen gefüllte Schatzkammer nutzte, nahm Roms Politik als Exempel dafür, wie mit besiegten Feinden am besten umzugehen sei. Entweder solle man die Gegner so vollständig vernichten, dass sie niemals wieder zur Gefahr werden könnten.

Freiheit und religiöse Toleranz können Schwerter und Panzer ersetzen

Die andere Möglichkeit sei, die Gegner durch Mäßigung zu versöhnen, so dass die folgende Generation mehr von Freundschaft als von Feindschaft zu gewinnen habe. Rom hat beide Möglichkeiten gewählt. Die Gemetzel unter den Bürgern Vejis oder Fidenaes, die Zerstörung Karthagos, Korinths und Jerusalems stehen für die erstgenannte Option, die Tradition der Befriedung Unterlegener durch Gewährung von Freiheiten für die zweite. Das System der Integration – so in den Kriegen gegen die Kelten oder Karthago – seine Belastbarkeit.

„Was sonst wurde den Lakedaimoniern und Athenern trotz der Schlagkraft ihrer Waffen zum Verhängnis, wenn nicht dies, dass sie Besiegte als Fremdstämmige von sich fernhielten?“, soll Kaiser Claudius gesagt haben. „Demgegenüber besaß unser Staatsgründer Romulus so viel Weitsicht, dass er nicht wenige Völkerschaften an einem einzigen Tag aus Feinden zu Mitbürgern machte.“ Die Geschichte des römischen Imperiums lehrt, dass Freiheit, die religiöse Toleranz einschließt, Schwerter und Panzer ersetzen kann. Quelle: „Der Morgen der Welt“ von Bernd Roeck

Von Hans Klumbies