Naturerlebnisse schenken einem Menschen Ruhe und Freiheit

Amerikanische Psychologen von der Universität Rochester interessierten sich für die Frage, welche Auswirkungen ein Naturerlebnis auf die Einstellung von Menschen zu ihren Mitmenschen hat. Sie unterschieden hierzu zunächst zwei generelle Lebensziele, intrinsische und extrinsische. Manfred Spitzer erklärt: „Intrinsische Motive betreffen unsere eigenen Grundbedürfnisse wie das Bedürfnis nach Gemeinschaft, nach Vertrautheit und persönlichem Wachstum. Extrinsische Motive hingegen betreffen Dinge, die nicht selbst einen Wert haben, sondern deren Wert davon abgeleitet ist, dass alle danach streben. Geld oder ein guter Ruf sind Beispiele für derartige Motive.“ Interessanterweise hängt das persönliche Glück sehr stark davon ab, ob man eher auf die Gemeinschaft oder auf sich selbst fokussiert ist. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

Künstliche Umgebungen erzeugen Stress

Gibt man beispielsweise Geld für andere aus, steigert dies das persönliche Glück. Gibt man hingegen Geld für sich selbst aus, nimmt das persönliche Glück hierdurch nicht zu. Wenn es nun so ist, dass ein Naturerlebnis eher Gedanken an das Aufgehobensein in einem größeren Zusammenhang, Gedanken an Gemeinschaft und an andere Menschen als Teil dieser Gemeinschaft weckt, wohingegen das Erleben von künstlichen Umgebungen einen Menschen eher an Einschränkungen auch durch andere und letztlich egoistische Wertvorstellungen erinnert, dann sollten sich entsprechende Effekte auch nachweisen lassen.

Manfred Spitzer weiß: „Künstliche Umgebungen bringen wir eher mit unserem alltäglichen Leben und dem Stress, der damit einhergeht, in Verbindung: Druck, Hast, Interessen und deren Konflikte, Verkehrsstau und Konsum, Abhängigkeiten und Schwierigkeiten. All das erleben wir in der Stadt.“ Naturerlebnisse dagegen schenken einem Menschen demgegenüber Ruhe, Stressfreiheit, Autonomie und Freiheit. In der Natur fühlt man sich frei und in der Lage, für sich selbst zu entscheiden, wie man sein Leben führen will.

Das Naturerlebnis lässt den menschlichen Egoismus schrumpfen

Ein Experiment der Psychologen von der Universität Rochester beweist: „Je mehr die Probanden in die Naturbilder eintauchten, desto wahrscheinlicher fällten sie großzügige Entscheidungen; in je mehr sie in Nichtnaturbilder eintauchten, desto weniger großzügig bzw. desto geiziger wurden sie.“ Das Naturerlebnis lässt also nachweislich den menschlichen Egoismus schrumpfen, als würd das Ego angesichts von Bergen und Tälern, Bäumen und Flüssen kleiner, wie andere Studien zeigen konnten.

Es ist daher nicht egal, wohin sich ein Mensch begibt, wenn er Einsamkeit sucht, und es ist erst recht nicht ohne Belang, wenn es um die Frage geht, ob in der Stadt ein Park angelegt werden soll. Die Psychologen von der Universität Rochester schreiben: „Unsere Daten legen nahe, dass wir in dem Maße, wie wir unsere Verbindung mit der Natur verlieren, auch unsere Verbindung zu anderen Menschen verlieren.“ Im Umkehrschluss heißt das: Wenn man Einsamkeit in der Natur sucht, findet man dort auch wieder aus seiner Einsamkeit heraus. Quelle: „Einsamkeit“ von Manfred Spitzer

Von Hans Klumbies