Überwachung ist das Geschäftsmodell des Internets

Im Internet ist es viel leichter als jemals zuvor, etwas bekannt zu geben, und viel schwerer als jemals zuvor, etwas für sich zu behalten. Daraus folgt, dass die größte Chance der Kosmopolis im öffentlichen Austausch von Wissen, Ansichten, Bildern und Tönen liegt und zugleich ihre größte Gefahr im Verlust der Privatsphäre besteht. Timothy Garton Ash schreibt: „Dies wäre selbst dann noch richtig, wenn das Internet nur von Engeln betrieben würde, denn die Überwachungsmöglichkeiten der heutigen Informations- und Kommunikationstechnologien übertreffen die wildesten Träume jedes Stasigenerals.“ Fast alle Menschen tragen Peilsender mit sich herum, die als Mobiltelefone bezeichnet werden. Und sie generieren eine Unmenge von Daten und sogenannten Metadaten. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

Der Staat kontrolliert das Internet in einem erheblichem Ausmaß

Mit all diesen Daten kann ein Beobachter sehr viel mehr über einen Menschen wissen als ein Ornithologe, der einen Schwarm Vögel verfolgt, die mit Peilsendern versehen sind. Heutzutage sind sehr viele Menschen nichts anderes als markierte Tauben. Doch diese Technologie entwickelt sich nicht von selbst. Die schrecklich detaillierten persönlichen Informationen, die durch sie gesammelt werden, sind deshalb so leicht zu beschaffen und auszuwerten, weil sie absichtlich so entwickelt wurde.

Das Internet wird von Unternehmen betrieben und in einem unterschiedlichen, aber stets erheblichen Ausmaß vom Staat kontrolliert und genutzt. Timothy Garton Ash erläutert: „Sowohl die Staatsmacht als auch die privaten Mächte sind eine Bedrohung für die Privatsphäre. Der Sicherheitsexperte Bruce Schneier sagt: „Überwachung ist das Geschäftsmodell des Internets. Wir bauen Systeme, die im Austausch gegen Dienstleistungen Menschen ausspionieren. Die Konzerne nennen das Marketing.“

Die Privatsphäre im Internet ist tot

Bruce Schneier vergleicht die User mit Pächtern auf den großen Farmen von Google oder Facebook. Die Pacht sind dabei die persönlichen Daten, die für gezielte Werbung genutzt werden. Je größer die technischen Kapazität zum Sammeln von „Big Data“, umso mehr wissen die von Jaron Lanier so genannten Spionage/Werbe-Imperien über die User und umso weniger Privatsphäre werden sie in diesem elementaren Sinne haben. Scott McNealy, der frühere Chef von Sun Microsystems, soll gesagt haben: „Die Privatsphäre ist tot. Gewöhnt euch dran!“

Google beispielsweise verdient den größten Teil seines Geldes, indem es private Informationen über die User sammelt und sie als potenzielle Konsumenten an andere weiterverkauft. Der ehemalige Google-Chef Eric Schmidt schrieb in „Die Vernetzung der Welt“: „Wenn wir uns nicht für unsere Privatsphäre einsetzen, werden wir sie verlieren.“ Dabei war er sich allerdings offenbar nicht bewusst, dass viele dies als eine Warnung des Teufels vor der Hölle empfanden. Denn Google wird letztendlich die größte Herausforderung in der Zukunft für die Meinungsfreiheit im Netz sein. Quelle: „Redefreiheit“ von Timothy Garton Ash

Von Hans Klumbies