Künstliche Intelligenz hat keine Intuitionen

Schon Dreijährige begreifen, dass Menschen im Gegensatz zu Objekten Absichten und Wünsche haben. Die schließen intuitiv aus Blicken, Körperbewegungen oder Tonfällen auf die Absichten anderer Menschen. Gerd Gigerenzer weiß: „Die Fähigkeit, anderen Menschen Absichten zuzuschreiben, bezeichnet man auch als Theorie des Geistes (Theorie of Mind).“ Sie trägt beispielsweise zum sicheren Fahren im Straßenverkehr bei. Wenn ein Kind an der Bordsteinkante einer vielbefahrenen Straße steht, können menschliche Fahrer in einem Sekundenbruchteil erkennen, ob das Kind die Absicht hat, auf die Straße zu laufen oder nicht. Wenn das Kind einen Ball auf der anderen Straßenseite im Blick hat, könnte das sehr wohl passieren. Blickt das Kind dagegen eine Frau direkt neben sich an, ist das unwahrscheinlich. Das Gottlieb Duttweiler Institut hat Gerd Gigerenzer als einen der hundert einflussreichsten Denker der Welt bezeichnet.

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Die Werbung im Netz ist perfekt auf den Einzelnen abgestimmt

Die permanente digitale Kommunikation greift tief in den Gefühlshaushalt der Menschen ein. Ulrich Grober erklärt: „Wir vertrauen unser Erleben, vor allem unsere WOW-Momente, sozialen Medien an. Wir nutzen sie, sie nutzen uns. Sie bieten uns, scheinbar umsonst, eine Plattform für alle Äußerungen, die wir senden möchten.“ Umgekehrt machen sie die Menschen zum Empfänger von perfekt auf jeden Einzelnen abgestimmten Werbebotschaften. Jede Sekunde im Netz macht einen dafür empfänglich. Ja, man hat die Freiheit, sich ihren Botschaften zu verweigern. Aber das ist gar nicht so einfach. „Wir sind programmiert durch das, was unsere Zuschauer sehen wollen“, sagte Netflix-Gründer Reed Hastings. Er fügt hinzu: „Wir liefern etwas ab, was in einem Moment Hunderte Millionen Menschen gucken können.“ Den Publizisten und Buchautor Ulrich Grober beschäftigt die Verknüpfung von kulturellem Erbe und Zukunftsvisionen.

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Künstliche Intelligenz kann Entscheidungen verbessern

Wenn Entscheidungen zu treffen sind, verwenden Experten meist weniger Informationen als Neulinge. Denn sie wissen, was relevant ist und ignorieren den Rest. Wenn einige Aspekte wichtiger sind als andere, halten sich Experten vorrangig an diese Merkmale und stützen ihre Entscheidung unter Umständen nur auf den wichtigsten Aspekt. Gerd Gigerenzers Forschungsteam hat diese Intuitionen in einfache Algorithmen programmiert, die effiziente Entscheidungsbäume heißen. Der Name bringt ihre rasche und ökonomische Logik zum Ausdruck. Gerd Gigerenzer weiß: „Psychologische Künstliche Intelligenz (KI) kann, wie im Fall von effizienten Entscheidungsbäumen, menschliche Entscheidungen fördern und verbessern.“ Im Gegensatz zu vielen komplexen Algorithmen ist psychologische KI transparent, was ihren Nutzern ermöglicht, einen Algorithmus zu verstehen und ihn an veränderte Situationen anzupassen. Gerd Gigerenzer ist ein weltweit renommierter Psychologe. Das Gottlieb Duttweiler Institut hat Gigerenzer als einen der hundert einflussreichsten Denker der Welt bezeichnet.

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Edmund Husserl erschafft die Phänomenologie

Fast unmittelbar nach Immanuel Kant versuchen Philosophen Denken und Wirklichkeit wieder zusammenzubringen. Sei es nun durch eine „Phänomenologie des Geistes“ wie bei Hegel oder durch eine „Philosophie des Willens“ wie bei Arthur Schopenhauer. Ger Groot weiß: „Am Ende dieses Jahrhunderts gibt der Mathematiker und Philosoph Edmund Husserl dem Denken Immanuel Kants eine bedeutende Wendung. Auch Husserl geht davon aus, dass die primäre Gegebenheit unserer Erkenntnis darin besteht, dass uns die Dinge erscheinen.“ Sie sind Phänomene – daher der Name der philosophischen Schule, die er ins Leben ruft: Phänomenologie. Auf Basis dieser Feststellung geht er, ebenso wie Immanuel Kant, auf die Möglichkeitsbedingungen der Phänomene zurück. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam. Außerdem ist er Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Herbert Simon war einer der Begründer der KI

Warum kann künstliche Intelligenz (KI) beim Schach gewinnen, aber nicht den passendsten Partner finden? Schließlich scheint das Ziel doch ähnlich zu sein. Man weist jedem Zug oder Kandidaten einen Wert zu und sucht dann den besten aus. Gerd Gigerenzer ergänzt: „Schachalgorithmen wie Deep Blue weisen den Milliarden mögliche Stellungen, die das System vorhersehen kann, Werte zu. Genauso wie Liebesalgorithmen Millionen von potenziellen Partnern Punkte zuordnen.“ Beim Schach klappt das wunderbar. Warum nicht auch in allen anderen Bereichen? Herbert Simon war einer der Begründer der Künstlichen Intelligenz. Und er war bislang der einzige Wissenschaftler, der sowohl den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften und den Turing Award – informell auch Nobelpreis für Informatik – erhalten hat. Gigerenzer ist ein weltweit renommierter Psychologe. Das Gottlieb Duttweiler Institut hat Gigerenzer als einen der hundert einflussreichsten Denker der Welt bezeichnet.

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Digital ersetzt analog

Die zunächst analoge Entwicklung des Computers ging ganz urwüchsig aus dem mechanischen Weltbild und dem ihm innewohnenden Beschleunigungswahn hervor. Damit trat ein neues Prinzip mit der Räderwerkslogik in Konkurrenz. Die analoge Technik ersetzte man dann durch eine digitale Datenübertragung. Mit deren Hilfe können alle Informationen durch eine je eigene Kombination von nur zwei Zuständen beschrieben werden. Nämlich mit „ein“ und „aus“, anwesend und abwesend, 1 und 0. Damit eröffnete sich ein völlig neuer Horizont. Daniel Goeudevert stellt fest: „Mit diesem binären Zeichensystem wurde das Räderwerk praktisch obsolet.“ Man ersetze es durch die sehr viel einfachere und beliebig einsetzbare wie variable Lochkarte. Damit begann eine neue Zukunft. Daniel Goeudevert war Vorsitzender der deutschen Vorstände von Citroën, Renault und Ford sowie Mitglied des Konzernvorstands von VW.

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Der Übersetzer muss die Originalsprache verstehen

Wer eine Fremdsprache verstehen möchte und sie nicht selbst beherrscht, braucht einen Übersetzer. Gerd Gigerenzer fügt hinzu: „Wenn ein Text aus einer Sprache in eine andere übertragen werden soll, muss ein Übersetzer die Originalsprache verstehen, aber einen besseren Zugang zur Zielsprache besitzen, um Redewendungen und Ironie ausdrücken zu können.“ Daher übersetzen professionelle Übersetzer in der Regel in ihre Muttersprache. Wie konstruiert man aber am besten eine Übersetzungsmaschine? Folgt man der psychologischen Künstlichen Intelligenz (KI), würde man professionelle Übersetzer und Linguisten in einem Raum versammeln. Dann würde man versuchen, ihre Intuitionen und Urteil in Regeln zu fassen, die sich in Software programmieren ließen. Gerd Gigerenzer ist ein weltweit renommierter Psychologe. Das Gottlieb Duttweiler Institut hat Gigerenzer als einen der hundert einflussreichsten Denker der Welt bezeichnet.

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Johannes Gutenberg revolutioniert die Kommunikation

Mitten in Europa, in Mainz, liegt der Geburtsort des Buchdrucks. Johannes Gutenbergs Erfindung von beweglichen Lettern, ab 1450 angewandt, revolutionierte die Kommunikation. Sie veränderte die Lebenswelt der Menschen und breitete sich über die ganze Welt aus. Edgar Wolfrum stellt fest: „Gutenbergs Buchdruck kann mit Fug und Recht als eine der bedeutendsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte des letzten Jahrtausend bezeichnet werden.“ Mit der rasanten Entwicklung des Internets scheint nun allerdings das Gutenberg-Zeitalter seinem Ende entgegenzugehen. Die neue Art der Informationsverbreitung und Kommunikation beruht auf der von Millionen von Computern. Viele bezeichnen sie bereits als „Turing-Galaxis“. Benannt nach einem der wichtigsten Wegbereiter der Computertechnologie, dem britischen Mathematiker Alan Turing (1912 – 1954). Edgar Wolfrum ist Inhaber des Lehrstuhls für Zeitgeschichte an der Universität Heidelberg.

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Die Idee der Technik entstand in Griechenland

Der Funktionalismus ist ein unglückliches Erbe der altgriechischen, von Platon und Aristoteles höchstpersönlich eingeführten Idee der Technik. Markus Gabriel erläutert: „Platon und Aristoteles bezeichnen diejenigen Funktionen, die zwei physikalisch verschiedene Dinge zu Dingen derselben Art machen, als Idee.“ Was man heute als Funktion bezeichnet, entspricht einer abgespeckten Version der platonisch-aristotelischen Idee. Aristoteles hat die Überlegung dahingehend konkretisiert, dass er den Begriff einer Funktion, eines telos, entwickelt hat. Er unterfüttert ihn mit der Lehre von den vier Ursachen. Die Technik ist heutzutage die Realisierung von Ideen, durch die man Dinge produziert, die nicht schon von Natur aus da waren. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Das Smartphone bestimmt das Leben

Berlin im Jahr 2020. Über das Smartphone verwalten und gestalten inzwischen viele Menschen ihr Leben. Andreas Barthelmess behauptet: „Nicht nur Musik und Messages und sonstigen Digitalkram, sondern unser gesamtes Leben. Wir haben es immer in der Tasche, immer dabei: unser Smartphone, unser Leben. Und so geht es nicht nur uns, sondern auch den Menschen in Madrid und Madras, Mumbai und Moskau.“ Im digitalen Zeitalter ist scheinbar alles immer und überall. Und mit dem Smartphone hat man zugleich immer alles in der Hand, im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne. Alles ist immer überall und gleichzeitig supernah. Ist das Smartphone vielleicht inzwischen zu nah an die Menschen herangerückt? Die Antwort lautet: ja. Dabei muss man allerdings Digitalisierung, Netz und Smartphone differenzieren. Andreas Barthelmess ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist.

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Anfang der Nullerjahre herrscht das Analoge

Schon Anfang der Nullerjahre war das Leben ein bisschen digital, aber längst nicht so digital wie heute. Denn es war noch nicht mobil. E-Mails checkte man höchstens ein-, zweimal am Tag. Und die meiste Zeit des verbrachte man ohnehin noch ganz analog. Heute dagegen schlagen sich parallel auf Twitter Tausende die Köpfe ein, öffentlich und hitzig, aber auch unübersichtlich. All den Zoff kann man ja gar nicht abonnieren. Andreas Barthelmess erläutert: „Heute gibt es so viele Bezugsrahmen, dass man den Überblick verliert. Jeder Hashtag öffnet einen neuen.“ Was war das früher einfach. Die Zeitungen rahmten ihren Lesern die Welt, und die „Welt“ hieß sogar so. Zeitungen und Papier stimmen heute viele Menschen nostalgisch. Andreas Barthelmess ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist.

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Die Digitalisierung ist allgegenwärtig

Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft gehörte schon vor der Coronakrise zu den prägenden Veränderungen und Aufgaben der Gegenwart. Durch die Krise beschleunigt sich dieser Prozess. Denn es gibt nun die Option, wirtschaftliches Handeln ins Internet und auf digitale Kommunikationsmittel zu verlagern. Sie erlaubt es, viele krisenbedingten Schließungen zu verhindern und Kontaktbeschränkungen zu umgehen. Clemens Fuest erklärt: „Besonders sichtbar ist die Beschleunigung der Digitalisierung, wenn das Zusammentreffen von Menschen im beruflichen und privaten Bereich ins Internet verlagert wird.“ Viele, die bislang nicht über das Internet einkauften, fangen jetzt mangels Alternativen damit an. Bankfilialen müssen schließen; für alle, die bislang Onlinebanking vermieden haben, führt kein Weg mehr daran vorbei. Das Arbeiten von zu Hause aus war auch vor der Krise möglich, nun bekommt es eine ganz andere Bedeutung. Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.

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Das Computernetz wird singularisiert

Im digitalen Computernetz werden nicht nur Subjekte, sondern auch Objekte und Dinge singularisiert. Und zwar auf zwei Wegen. Entweder geschieht das maschinell-algorithmisch oder durch die Subjekte mit Hilfe der digitalen Instrumente. Andreas Reckwitz erläutert: „Das wichtigste Beispiel für den ersten Weg ist das, was häufig unter der Überschrift >Personalisierung des Internets< verhandelt wird. Der zweite Weg ergibt sich vor allem als ein Effekt der Handhabung der Software, der >Softwarisierung< der Objekte.“ Im ersten Fall handelt es sich bei den Objekten um das Insgesamt des Netzes, wie es sich dem Nutzer darbietet. Im letzteren Fall geht es um einzelne digitale Objekte – Texte, Bilder etc. – oder auch materielle Dinge. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Das Smartphone ändert den Bezug zur Welt

Das Smartphone ist permanent zur Hand und ändert dadurch den Bezug der Menschen zur Welt. Andreas Barthelmess erklärt: „Was fern war, ist plötzlich nah, und das heißt: Von nun an ist alles nah.“ Über Facetime oder WhatsApp telefonieren die Menschen aus dem WLAN heraus eben mal kostenlos mit einem Freund in New York oder Paris. Doch wie das Smartphone den Menschen die Ferne nahe bringt, so entfernt es ihnen umgekehrt die Nähe. In der U-Bahn schauen viele Menschen auf das Display ihres Smartphones, aber nicht in die Gesichter der Mitfahrenden. Wenn man eine Adresse sucht, fragen wir Google Maps, aber nicht einen Anwohner hinter dem nächsten Gartenzaun. Das Restaurant in Venedig empfiehlt tripadvisor, und schon wieder entgeht dem Reisenden ein Gespräch mit einem Einheimischen. Andreas Barthelmess ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist.

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Die Ideologen des Internets sind antielitär

Mit der Sorge um das Schicksal der Individualität in der gegenwärtigen Kultur setzt man sich vermutlich dem Verdacht aus, altmodisch zu sein. Denn heutzutage sind nicht wenige Menschen von der „Weisheit der vielen“ und der „Schwarmintelligenz“ fasziniert. Man suggeriert ihnen, das Internet bringe eine überlegene globale Intelligenz hervor. Matthew B. Crawford erklärt: „Dieser kollektive Verstand ist „meta“. Er ist synoptischer und synthetischer als jeder von uns.“ Natürlich passt all diese Liebe zur Crowd sehr schön zur Abneigung des Silicon Valley gegen das Konzept des geistigen Eigentums. Und zu der Tatsache, dass man mit der Anhäufung von Inhalten viel mehr Geld verdienen kann als mit der Produktion dieser Inhalte. Matthew B. Crawford ist promovierter Philosoph und gelernter Motorradmechaniker.

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Im Internet wird jeder beobachtet

Auf Facebook zum Beispiel beobachten sich die Netz-Subjekte gegenseitig. „Hinter ihrem Rücken“ ist jedoch noch eine andere Singularisierung am Werk. Sie ist rein maschinell und das Resultat der Beobachtung der Menschen durch das digitale Computernetz. Andreas Reckwitz ergänzt: „Dieses avanciert so zum algorithmischen Beobachtungssystem, das Subjekte in ihrer Besonderheit zu begreifen versucht.“ Beobachtung bedeutet hier nicht Überwachung, sondern allgemein, dass Systeme ihre Umwelt beobachten. Dort unterscheiden sie Phänomene und bezeichnen sie. Die digitalen Verfahren, die hier zum Einsatz kommen, sind apparative Systeme der Beobachtung. Dazu zählt Andreas Reckwitz beispielsweise „data analytics“ bei Facebook oder Google oder Self-Tracking-Geräte, die am Körper getragen werden. Sie prozessieren nicht Informationen oder Sinnzusammenhänge, sondern Daten, und zwar in erheblichem Ausmaß: Big Data. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Im Silicon Valley herrscht wenig Menschenkenntnis

Was die digitale Technik bringt, kann sowohl ein Rückschritt als auch ein Fortschritt sein. Richard David Precht kennt die Gefahren des kulturellen Rückschritts: „Viele visionären Ideen, die aus dem Silicon Valley kommen, sind bei näherer Hinsicht keine. Nicht wenigen mangelt es an Menschenkenntnis.“ Und ersonnen wird, was die Technologie hergibt, und nicht, was viele Menschen oder die Gesellschaft dringend brauchen. Vieles, was sich technisch perfektionieren lässt, muss und sollte gar nicht perfektioniert werden. Jedenfalls nicht, ohne damit Folgen zu produzieren, die niemand im Sinn hat und keiner tragen will. Wenn alles effizient und perfekt optimiert ist, lässt sich nichts mehr verändern oder variieren, ohne die Dinge weniger effizient zu machen. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Das Internet ist auf den Moment orientiert

Internet-Profile sind nicht statisch, sondern durch eine Permanenz der Performanz des Neuen gekennzeichnet. Andreas Reckwitz weiß: „In der Logik der Weblogs und des Bloggens war von Anfang eine Aktualisierungsanforderung eingebaut. Facebook hat dieser Dynamisierung der Profile durch die Einführung der „Chronik“ einen zusätzlichen Schub gegeben.“ Das Profil-Subjekt muss seine Originalität und Vielseitigkeit so immer wieder unter Beweis stellen, durch beständige, immer neue Performanz. Es reicht nicht, einmal zu bekunden, dass man Australien, Rock-Musik und seine Kinder liebt. Man muss diese Leidenschaften und Interessen durch zeitnahe Aktivitäten sozusagen ständig aufs Neue öffentlich realisieren. Die Permanenz der Performanz des Neuen überträgt die generelle Momentorientierung des Internets auf die Ebene der Fabrikation des Subjekts. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Der moderne Mensch strebt nach Authentizität

Das Streben nach Authentizität begleitet auch die Selbstgestaltung der digitalen Subjekte und hat die paradoxe Form der performativen Authentizität. Andreas Reckwitz erklärt: „Sie ist paradox, weil die Authentizität eines Subjekts dem Wortsinne nach allein sein Selbstverhältnis betrifft: Es ist authentisch, wenn es sich nicht künstlich, sondern echt fühlt. Und das heißt: wenn es seinen eigenen Wünschen und Idealen eigensinnig folgt, notfalls gegen den Widerstand der Anderen.“ Das ist es, was das spätmoderne Subjekt will. Zugleich lebt dieses Subjekt in einer Kultur, in der diese Authentizität eine zentrale soziale Erwartung geworden ist. Das Subjekt soll authentisch sein – „Sei ganz du selbst, aber bitte sei es auch!“ Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Die digitale Wirklichkeit ist vollständig überwachbar

Die Digitalisierung zeichnet sich durch eine gigantische Ansammlung von Dokumenten aus, in denen soziale Transaktionen aufgezeichnet sind. Markus Gabriel warnt: „Diese Struktur ist dabei aufgrund ihrer technischen Verfassung vollständig überwachbar.“ Die digitale Wirklichkeit unterscheidet sich von der alten analogen Wirklichkeit insofern, als dass sie durch und durch mathematisch ist. Sie besteht nur aus Informationen, die zwar an analogen Orten gespeichert werden, aber selber nicht physisch sind. Es handelt sich um die Verbreitung von geistigen Gegenständen, also von Gedanken, Bildern und Weiterem mehr in einem Medium, das keine Grenzen und Schranken kennt. Alles, was online verfügbar ist, kann gehackt werden. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Computer lösen keine Aufgaben durch Klugheit

Computer sind noch weit davon entfernt, das zu können, was Menschen können. Der Menschheit bleiben immer noch einige Jahrzehnte, bis die künstliche Intelligenz an die der Menschen heranreichen könnte. Timothy Garton Ash stellt fest: „Viel grundsätzlicher aber müssen wir uns fragen, was wir wollen, was Computer tun – nicht, was sie tun können.“ Der Computerwissenschaftler Joseph Weizenbaum, der das sprechende Computerprogramm „Eliza“ entwickelt hat, schreibt in seinem später verfassten Buch „Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft“. Die Grenzen dessen, was Menschen von Computern erwarten, sind nach ethischen und nicht nach technischen oder mathematischen Gesichtspunkten zu ziehen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Informationen haben den Status des Kognitiven

Andreas Reckwitz unterscheidet deutlich zwischen Daten, Informationen und Kulturformaten. Allen drei begegnet er in den digitalen Medien. Als Daten lassen sich Systeme von Unterscheidungen begreifen. Diese kommen innerhalb maschineller Prozesse – Binärcodes, Algorithmen – vor und wirken damit unabhängig vom Wissen der Menschen. Anders als die Daten bilden Informationen und Kulturformate Sinnzusammenhänge, mit denen menschliche Subjekte hantieren. Während die Information jedoch eine instrumentelle Funktion hat, haben die Kulturformate aus Sicht der Teilnehmer schon für sich genommen einen Wert. Informationen haben den Status des Kognitiven. Sie sind nützliches Wissen, um bestimmte Zwecke zu erreichen. Kulturformate sind stattdessen für die Teilnehmer intrinsisch motiviert, gerade indem sie sie beeinflussen beziehungsweise erregen. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Kein Mensch kann multitasken

Die Meinungen der Menschen über aktuelle Ereignisse wurden und werden zutiefst vom Internet beeinflusst. Viele Menschen lassen sich auf einen ständigen Nachrichtenstrom ein, der zweifellos beeinflusst, wie sie die Welt sehen, und auch prägt, auf welche Weise sie einander ihre Erfahrungen mit der Welt mitteilen. Julia Shaw weiß: „Soziale Medien steigern unsere Möglichkeiten, unabhängige Bestätigungen dafür zu finden, dass unsere Erinnerungen stichhaltig sind, haben aber auch das Potenzial, sie zu verfälschen und zu verzerren.“ Menschen denken über Dinge nach, die sich gerade ereignet haben, sie dokumentieren Dinge, von denen sie denken, sie würden die meisten Likes bekommen, sie filtern ihr Leben so, dass es erstrebenswert und interessant aussieht. Die Rechtspsychologin Julia Shaw lehrt und forscht an der London South Bank University.

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Die Künstliche Intelligenz managt menschliche Beziehungen

Soziale Plattformen wie Facebook oder Instagram beeinflussen gezielt die Meinung ihrer Benützer durch die Auswahl der Inhalte. Natürlich handelt es sich dabei noch nicht primär um Künstliche Intelligenz. Holger Volland fügt hinzu: „Jedoch bildet das in den sozialen Medien antrainierte Verhalten eine sehr solide Basis dafür, dass Künstliche Intelligenzen über diese Plattformen recht effizient unsere Beziehungen managen können. Denn ihr Einfluss darauf, wer unsere Freunde sind und was wir von ihnen halten, ist immens.“ Die Algorithmen der Unternehmen beeinflussen, welche unserer Kontakte man häufig angezeigt bekommt, sie filtern die Nachrichten dieser Personen und zeigen einem nur diejenigen, die am meisten Zustimmung und Interaktion hervorrufen. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Die Künstliche Intelligenz beeinflusst die persönlichen Beziehungen

Die Künstliche Intelligenz bei der Partnersuche einzusetzen, ist nur ein recht naheliegendes Anwendungsgebiet unter vielen. Statistische Vorhersagenanalysen werden von Algorithmen ausgeführt und empfehlen den Kunden beispielsweise bei Amazon „ähnliche“ Produkte zu aktuellen Käufen, bei Netflix passende Filme und stellen bei Spotify Playlisten der persönlichen Lieblingsmusik zusammen. Warum sollte also die gleiche Technologie also nicht dabei helfen, passende Menschen zusammenzubringen? Holger Volland schreibt: „Die Zukunft des Datings wird sich deshalb eher in den Blackboxes der neuronalen Netze abspielen als auf den Nutzerprofilen von Online-Portalen, deren Aussagen sowieso meist erfunden und übertrieben sind. Dating ist aber nur eine sehr spezielle Form der menschlichen Beziehungspflege.“ Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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