Schon im Jahr 2011 hat Timothy Garton Ash eine Debatte über die Redefreiheit angestoßen. Teilnehmer aus der ganzen Welt diskutieren seitdem Konflikte, die aus der Kollision unterschiedlicher Überzeugungen entstehen. In seinem Buch „Redefreiheit“ hat er Prinzipien entwickelt, die das Recht auf Redefreiheit genauso wie die Würde Andersdenkender sichern sollen. Das Internet macht es leicht, mit der ganzen Welt Ideen und Meinungen auszutauschen. Doch nicht überall auf der Welt darf alles gesagt und gezeigt werden – was in den meisten Staaten Europas als legitime Meinungsäußerung gilt, kann beispielsweise in Ländern wie Russland oder China als schwerer Verstoß gegen politische oder kulturelle Regeln gelten. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.
Facebook und Google haben mehr Macht als mancher Staat
Timothy Garton Ash hat sich mit den Herausforderungen auseinandergesetzt, denen sich die Redefreiheit in einer vernetzten Welt stellen muss. Dabei hat er zehn Prinzipien entwickelt, die der Menschheit diese Freiheit auch in Zukunft sichern. Einige Konzerne wie Facebook oder Google haben heutzutage mehr Macht als die meisten Staaten, wenn es darum geht, die freie Meinungsäußerung weltweit zu ermöglichen oder einzuschränken. Timothy Garton Ash erklärt, warum die Menschen die Redefreiheit in der Gegenwart mehr denn je brauchen und lädt zu einem Gespräch über dieses Thema ein.
Timothy Garton Ash vertritt die These, dass die Menschheit mehr Meinungsfreiheit von besserer Qualität braucht, um in einer Welt, die sich immer mehr zu einer einzigen Großstadt entwickelt, gut zusammenzuleben. Das Internet hat der Autor dabei zu einem integralen Bestandteil der Arbeit an seinem Buch gemacht. Mit einem Team der Oxford University hat er dazu die experimentelle Website freespeechdebate.com entwickelt. Sie enthält Fallstudien, Audio- und Videointerviews, Analysen und persönliche Kommentare aus der ganzen Welt und lädt zu einer Online-Debatte ein.
Auch bei scheinbar unvereinbaren Positionen lohnt sich eine Debatte
Timothy Garton Ash schreibt: „Da Meinungsfreiheit nie unbeschränkte Redefreiheit bedeutet hat, muss diskutiert werden, welche Grenzen die Meinungs- und Informationsfreiheit in wichtigen Bereichen wie etwa der Privatsphäre, der Religion, der nationalen Sicherheit oder der Art, wie wir über die Unterschiede zwischen Menschen reden, haben sollte.“ Eine fortlaufende Debatte über die Grenzen und die positiven Bedingungen der Meinungsfreiheit ist für Timothy Garton Ash selbst eine wichtige Komponente der freien Meinungsäußerung.
Timothy Garton Ash hat den Wunsch, dass Männer und Frauen guten Willens den Versuch einer Debatte wagen sollten, selbst wenn sie ihre Positionen für unvereinbar halten. Timothy Garton Ash erklärt: „Nur wenn die freie Meinungsäußerung gegeben ist, kann ich verstehen, was es heißt, du zu sein.“ Nur mit Informationsfreiheit können die Bürger sowohl die staatlichen als auch die privaten Mächte kontrollieren. Nur wenn Menschen ihre Verschiedenheiten artikulieren, können sie klar sehen, worin sie bestehen und warum sie sind, was sie sind.
Redefreiheit
Prinzipien für eine vernetzte Welt
Timothy Garton Ash
Verlag: Hanser
Gebundene Ausgabe: 687 Seiten, Auflage: 2016
ISBN: 978-3-446-24494-8, 28,00 Euro
Von Hans Klumbies