Die „Lucinde“ löste einen regelrechten Literaturskandal aus

Von zentraler Bedeutung in der Literatur der Romantik waren die literaturtheoretischen und literaturkritischen Arbeiten von Friedrich Schlegel. In seinen „Fragmenten und Ideen“ formulierte er in pointierter Form die romantische Kunst- und Lebensanschauung. Berühmt wurde er vor allem durch sein Romanfragment „Lucinde“ (1799). Dieser Text, der Friedrich Schlegel den Vorwurf der Obszönität einbrachte, gegen den ihn Friedrich Schleiermacher in seinen „Vertrauten Briefen über Lucinde“ (1800) vergeblich zu verteidigen suchte, löste einen regelrechten Literaturskandal aus, durch den die romantische Bewegung als Ganzes in die Schusslinie geriet. So war für Friedrich Schiller die „Lucinde“ ein „Gipfel moderner Unform und Unnatur“. Er sah in dem Roman all die Tendenzen ausgeprägt, gegen die Johann Wolfgang von Goethe und er selbst sich verwahrten. Tatsächlich war die „Lucinde“ ein Versuch Friedrich Schlegels, seine ästhetische Theorie in einem Text zu verwirklichen.

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Walter Benjamin stellt seine Philosophie der Zukunft vor

Für Walter Benjamin ist es die zentrale Aufgabe der kommenden Philosophie die tiefsten Ahnungen, die sie aus der Zeit und dem Vorgefühl einer großen Zukunft schöpft, durch die Beziehung auf das Philosophiesystem von Immanuel Kant zu Erkenntnis werden zu lassen. Walter Benjamin begründet dies wie folgt: „Denn Kant ist von denjenigen Philosophen, denen es nicht unmittelbar um den Umfang und die Tiefe, sondern vor Allem, und zu allererst, um die Rechtfertigung der Erkenntnis ging der jüngste und nächst Platon auch wohl der Einzige.“ Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Tucholsky sieht schon 1929 das kommende Dritte Reich (8. Teil)

Literaturkritiker bezeichnen das Jahr 1928 gerne als eine Art Scheitelpunkt im Leben Kurt Tucholskys. Voller Zorn rüttelt er noch einmal an den Grundmauern der politischen Gleichgültigkeit in Deutschland. Mit seinem Buch „Deutschland, Deutschland über alles“ entfacht er noch einmal einen Trommelwirbel auf den Sturmhelmen der Reaktion, muss aber dann auf einer ausgedehnten Lesereise durch Deutschland erkennen, dass all seine Bemühungen vergeblich waren. Es war die verheerende Mischung aus Mittelmäßigkeit und Ratlosigkeit, dumpfer Gleichgültigkeit und lammfrommer Anpassungsbereitschaft breiter Bevölkerungsschichten, gepaart mit dem stillen oder offenen Verlangen nach Revanche für den Versailler Vertrag, die Kurt Tucholskys Meinung nach Deutschland zerstörte. Seine damalige Stimmung beschreibt er wie folgt: „Um mich herum verspüre ich ein leises Wandern. Sie rüsten zur Reise ins Dritte Reich.“

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Militär und Krieg sind Kurt Tucholskys wichtigste Themen (1.Teil)

Kurt Tucholsky war äußerst vielseitig begabt. Er war nicht nur Journalist, sondern auch Satiriker, Essayist, Literatur- und Theaterkritiker, Erzähler, Lyriker, Chanson- und unermüdlicher Briefeschreiber. Er zählt zu den meistgelesenen Autoren der Weimarer Republik. Kurt Tucholsky wird seit jeher geliebt und verehrt, zugleich ist er – als zorniger Aufklärer von Machtmissbrauch und Militarismus – nach wie vor heftig umstritten und immer noch hoch aktuell. Kurt Tucholsky wird am 9. Januar 1910 in Berlin geboren. Er stammt aus einer gutbürgerlichen-jüdischen Familie. Seine Jugendjahre verbringt er in Stettin, wo sich sein tiefverwurzeltes Gefühl für den Norden herausbildet. Er liebt die See, die Wälder, die Stille. Im Alter von neun Jahren kehrt er nach Berlin zurück. Als er 15 Jahre alt ist, verliert er seinen geliebten und verehrten Vater.

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Jon Fosse will sich allen Ernstes vom Theater verabschieden

Norwegens berühmtester lebender Schriftsteller ist zweifellos Jon Fosse. Selbstdarstellungsfeiern und Wortexzesse sind ihm dennoch fremd. Jon Fosse ist beim Schreiben eher einer, der bescheiden auftritt und seine scheinbar kargen Sätze ganz genau auf den Punkt bringt. Literaturkritiker bezeichnen ihn als den größten Sprachminimalisten der nördlichen Hemisphäre. In seinen Dramen, die karg an Worten sind, setzt er Pausen und Auslassungen als wichtiges Stilmittel. Seine Romane sind durchzogen von den Grundgefühlen Melancholie und Einsamkeit. Jon Fosse liebt das Schweigen, den Wind, die Nacht und das Meer. In allen seinen Texten spielen sie eine wichtige Rolle. Und immer auch geht es in seinen Werken um das große Ungenannte, um erste und letzte Fragen, um die Liebe und den Tod, mit dem jedes Leben ein Ende findet.

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Alice Munro erhält 2014 den Nobelpreis für Literatur

Die kanadische Schriftstellerin Alice Munro lebt im Süden der Provinz Ontario, auf einer Halbinsel zwischen Toronto und Detroit, auf der Ostseite des Lake Huron in der Kleinstadt Clinton. Am vergangen Donnerstag hat die Schwedische Akademie dieser Autorin, die 82 Jahre alt ist, den Literaturnobelpreis zugesprochen. Ihr schriftstellerisches Werk umfasst eine Zeitspanne von 60 Jahren und ist nur einem Genre gewidmet: der Kurzgeschichte. Diese Short Storys handeln meist von Alltagssituationen, von der eigenen Familie, manchmal über Generationen, von Personen, die in Clinton oder einer anderen kanadischen Kleinstadt leben oder zumindest wohnen könnten. Auch wenn Alice Munro alltägliche Situationen beschreibt, wird dem Leser dabei manchmal ein bisschen bange. Denn er merkt bei aller Gewöhnlichkeit der Menschen, dass sie eigentlich an einem Ort zu etwas ganz Außergewöhnlichen stehen, dass sie möglicherweise ein existentielle Herausforderung meistern müssen. Dies scheint alles viel wahrscheinlicher zu sein, als der normale Trott des Alltags.

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Cormac McCarthy ist der apokalyptische Reiter der Literatur

Unter Literaturkennern galt Cormac McCarthy lange Zeit als der beste unbekannte amerikanische Schriftsteller. Wenn er über seine Heimat schreibt, gebiert er im Kopf seiner Leser die phantastischen Landschaften des Westens der USA. Doch seine grandiosen Geschichten spielen stets in der Abendröte des Untergangs. Einem größeren Publikum wurde der Autor, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feiert, erst durch seine fünften Roman „All the Pretty Horses“ bekannt. Inzwischen ist Cormac McCarthy vor allem berühmt für seinen nahezu unerschöpflichen Wortschatz. Allein in seinem Roman „Suttree“ gibt es 4.567 Worte, die in keinem seiner anderen Werke vorkommen. Corman McCarthy hat den National Book Award und den Pulitzerpreis gewonnen. Dennoch verweigert sich der inzwischen berühmte Autor der Öffentlichkeit. In seinem ganzen Leben hat er nur drei Interviews gegeben, eines davon als TV-Auftritt in der Show von Oprah Winfrey.

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Walter Benjamin analysiert das Naturrecht und das positive Recht

Die Aufgabe einer Kritik der Gewalt umschreibt Walter Benjamin als die Darstellung ihres Verhältnisses zu Recht und Gerechtigkeit. Denn zur Gewalt im eigentlichen Sinne des Wortes wird eine wie immer wirksame Ursache erst dann, wen sie in sittliche Verhältnisse eingreift. Walter Benjamin erklärt: „Die Sphäre dieser Verhältnisse wird durch die Begriffe Recht und Gerechtigkeit bezeichnet.“ Das elementarste Grundverhältnis einer jeden Rechtsordnung ist seiner Meinung nach dasjenige von Zweck und Mittel. Zudem ist Walter Benjamin klar, dass Gewalt zunächst nur im Bereich der Mittel, nicht der Zwecke aufgesucht werden kann. Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Walter Benjamin klärt über die dunkle Seite der Erfahrung auf

Den Kampf um Verantwortlichkeit kämpft der Mensch laut Walter Benjamin mit einem Maskierten. Die Maske des Erwachsenen heißt für ihn „Erfahrung“. Sie ist ohne Ausdruck, undurchdringlich, hat immer das gleiche Aussehen. Walter Benjamin schreibt: „Alles hat dieser Erwachsene schon erlebt: Jugend, Ideale, Hoffnungen, das Weib. Es war alles Illusion.“ Oft sind die Menschen eingeschüchtert und verbittert. Vielleicht sogar mit Recht. Immer mehr befällt Walter Benjamin das Gefühl, dass die Jugend nur eine kurze Nacht sei, die mit Rausch erfüllt werden müsse. Danach kommt seiner Meinung nach nur noch die große „Erfahrung“, die Jahre der Kompromisse, die Armut der Ideen und eine zermürbende Schwunglosigkeit. So ist das Leben. Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Walter Benjamin hinterfragt das Wesen der sittlichen Bildung

Walter Benjamin untersucht in einer kleinen theoretischen Abhandlung aus dem Jahr 1913, wie sich der Moralunterricht zu absoluten pädagogischen Forderungen verhält. Dabei stellt er sich auf den Boden der Ethik von Immanuel Kant, der zwischen Legalität und Moralität unterscheidet. Bei Immanuel Kant heißt es: „Bei dem, was moralisch gut sein soll, ist es nicht genug, dass es dem sittlichen Gesetz gemäß sei, sondern es muss auch um desselben Willen geschehen.“ Damit ist für Walter Benjamin zugleich eine weitere Bestimmung des sittlichen Willens gegeben: er ist frei von Motiven, ausschließlich bestimmt durch das Sittengesetz, die Norm, die da heißt: handle gut. Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Walter Benjamin bestimmt die Begriffe Schicksal und Charakter

Schicksal und Charakter werden laut Walter Benjamin gemeinhin als kausal verbunden angesehen, und der Charakter wird dabei als Ursache des Schicksals bezeichnet. Der Charakter wie auch das Schicksal kann seiner Meinung nach nur in Zeichen, nicht an sich selbst überschaut werden, denn, mag auch dieser oder jener Charakterzug, diese oder jene Verkettung des Schicksals unmittelbar vor Augen liegen, es ist doch der Zusammenhang, den jene Begriffe meinen. Das System der Zeichen, die den Charakter betreffen, wird im allgemeinen auf den Leib beschränkt, wenn man von der charakterlogischen Bedeutung derjenigen Zeichen absieht, die das Horoskop untersucht. Zum Zeichen des Schicksals können der überlieferten Anschauung gemäß neben den leiblichen alle Erscheinungen des äußeren Lebens werden. Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Tomas Tranströmer verwandelt Alltag in Meditation

Der Schwede Tomas Tranströmer, ein Lyriker, der eine Poesie ohne Pose entwirft, ist in diesem Jahr mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden. Literaturkritiker bezeichnen ihn zwar als strengen Modernisten, aber auch als freundlichen Mystiker. Für mache ist er sogar ein Weltdichter. Seit dem Gedichtband „17 Gedichte“ des jungen Tomas Tranströmer aus dem Jahr 1954 ist der Dichter aus der schwedischen Lyrik nicht mehr wegzudenken. Understatement, das mit einer Menge Selbstbewusstsein daherkam, wurde zu seinem lyrischen Programm. Tomas Tranströmer, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feierte, hat seither in seinen Gedichten immer mit dem kleinsten Aufwand die größtmögliche Wirkung erzielt. Diese Fähigkeit hat er nahezu bis zur Vollendung ausgedehnt.  

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Das Genie und die Lebenswut der Sylvia Plath

Schon zwei Jahre nach dem Tod von Sylvia Plath waren ihr Leben und ihre Dichtung zu einem schwer entschlüsselbaren Mythos verwoben. Nur eines ist klar, die Wut ist ein fester Bestandteil ihres Lebens, wie sie selbst in ihren Tagebüchern zugibt: „Eines kann ich sagen; Ja, ich will gelobt werden von der Welt und will Geld und Liebe und bin wütend auf alle, die weiter sind als ich, vor allem, wenn ich sie kenne und wenn sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich.“ Keine vier Jahre später nachdem sie diese Sätze geschrieben hat, wird die inzwischen zweifache Mutter, die mit ihren Kindern allein in London lebt, in ihrer Küche den Gashahn aufdrehen und den Kopf in den Backofen stecken, um zu sterben.

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Für Martin Suter sagt ein Wort mehr als 1.000 Bilder

Für Martin Suter ist die Literatur ein Destillat des Lebens. Der Schweizer ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller. Sein aktueller Roman „Der Koch“ sprang sofort auf Platz eins diverser Bestsellerlisten. Im Januar kommt sein neues Buch „Allmen und die Libellen“ in die Buchhandlungen. Am 16. Dezember 2010, kommt die Verfilmung von „Small World“, seines ersten Romans, in die Kinos. Anfang des Monats fand die Premiere seines Singspiels „Geri“ in Zürich statt. Martin Suter schreibt deswegen so viel, weil er nicht gerne Dinge tut, die ihm schwer fallen. Das Schreiben fällt ihm nicht schwer.

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Zum Tod des Schriftstellers Harry Mulisch

Literaturkritiker zählen Harry Mulisch zu den bedeutendsten und schillerndsten Gestalten der niederländischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Den Weltruhm des Autors begründete 1982 sein Roman „Das Attentat“, dessen Verfilmung den Oscar gewann. Harry Mulisch erzählt in diesem Buch, dass er im Stil eines Thrillers geschrieben hat, die Geschichte von dem Mord durch Widerstandskämpfer an einem Nazi-Kollaborateur und der Vergeltung der deutschen Eroberer an einer unschuldigen Zivilistenfamilie. Harry Mulisch, der einmal von sich behauptete, er sei der Zweite Weltkrieg, lässt in diesem Roman die Grenzen zwischen Gut und Böse, Schuld und Verrat verschwimmen und zerstört alle Gewissheiten über das Verhältnis von Täter und Opfer.

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Seit 40 Jahren schreibt Frederick Forsyth Bestseller

Frederick Forsyth gelang mit seinem Roman „Der Schakal“ vor rund vierzig Jahren der schriftstellerische Durchbruch. In dem Buch geht es um ein geplantes Attentat auf den französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle. In den vier Jahrzehnten hat er dreizehn Romane geschrieben, die 70 Millionen Käufer fanden. Die Politthriller von Frederick Forsyth zeichnen sich durch ein hohes Maß an Einfallsreichtum und Phantasie aus. Der Bestsellerautor ist einer, der genau hinschaut und zuhört und penibel recherchiert, bevor er einen neuen Roman beginnt. Manchmal vergleicht er sein Schreiben mit der Arbeit eines Journalisten oder Reporters.

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Jean-Paul Sartre: "Der Mensch ist verurteilt, frei zu sein"

Jean-Paul Sartre lebte im intellektuellen, politischen Klima in Paris, um zu schreiben und durch seine Schriften Wirkung zu erzielen. Seine schriftstellerischen Aktivitäten waren vielfältig. Er wirkte nicht nur als philosophischer Autor, sondern ebenso als Romanautor und durch seine Theaterstücke. Großen Einfluss auf die Intellektuellen seiner Zeit gewann er auch als Journalist und Herausgeber der bedeutenden philosophischen Zeitschrift „Les temps modernes“. Seine freie Beziehung mit seiner Gefährtin Simone de Beauvoir diente vielen Studenten als Vorbild. Außerdem sorgte er als Literaturkritiker, Essayist und durch seine spektakulären politischen Aktionen für Aufsehen.

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Ingeborg Bachmann war eine literarische Kultfigur

Ingeborg Bachmann war ein Superstar in der Literaturszene in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Ihr mysteriöser Feuertod hat ihren Mythos nur noch verstärkt. Darin ähnelt sie James Dean, der nach seinem Unfalltod zu einem Heros der Filmgeschichte aufstieg. Für Heinrich Böll war die tragische Dichterin nichts weiter als ein Mädchen, für die Feministinnen ein Vermächtnis der Literatur der Frauen. Inzwischen ist die Legende der Ingeborg Bachmann bei der weiblichen Ästhetik und Identität angelangt. Bei den Meinungen, die über Ingeborg Bachmann kursieren, ist nur eine von Dauer – wer früh stirbt, bleibt ewig jung.

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