Die Tragödie ist die Nachahmung der Natur

Die Tragödie ist nach Aristoteles eine Untergattung innerhalb der allgemeinen Gattung der Kunst. Sie ist Mimesis, also eine Art Imitation, und zwar in seinen Augen die Nachahmung der Natur. Ágnes Heller stellt fest: „Der Begriff umfasst nicht nur Poesie oder Drama oder Malerei, sondern auch Werkzeuge für den praktischen Gebrauch. Aristoteles betont das Offensichtliche: Von der frühen Kindheit an ahmen wir immer nach. Wir können nicht aufwachsen, ohne zu imitieren.“ Ágnes Heller, Jahrgang 1929, war Schülerin von Georg Lukács. Ab 1977 lehrte sie als Professorin für Soziologie in Melbourne. 1986 wurde sie Nachfolgerin von Hannah Arendt auf deren Lehrstuhl für Philosophie an der New School for Social Research in New York. Ágnes Heller starb am 19. Juli 2019 in Ungarn.

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Salman Rushdie legt mit „Golden House“ einen Gesellschaftsroman vor

Der Schriftsteller Salman Rushdie, der sich mit seinem Buch „Die Satanischen Verse“ im Alleingang mit islamistischen Fundamentalisten anlegte, hat jetzt einen Roman über das Amerika des vergangenen Jahrzehnts geschrieben. Er trägt den Titel „Golden House“ und ist ein Gesellschaftsroman: Ein indischer Milliardär, der sich Nero Golden nennt, kommt Anfang 2009 mit seinen Söhnen nach New York. Zur gleichen Zeit lebt dort ein anderer Milliardär, denn alle Joker nennen, in Anspielung auf den Bösewicht der Batman-Comics. Dieser Joker fasst irgendwann einmal den Plan, Präsident der USA zu werden. Niemand nimmt seine politischen Ambitionen ernst. Doch es kommt anders. Der Joker wird Präsident und stellt anschließend die Grundlage des freien Amerika infrage. Hauptthema des Buchs sind die schwankenden, ungewissen Identitäten aller Figuren.

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Die Literatur der Spätromantik war düster und sarkastisch

Die frühromantische Aufbruchsstimmung wich in der Spätphase der Romantik einer eher düsteren, sarkastischen und gebrochenen Sicht auf die Verhältnisse. Beispielhaft für diese neue Phase der romantischen Bewegung ist das Werk von E. T. H. Hoffmann(1776 – 1822), das schon bald über Deutschland hinaus beachtet wurde und auf Autoren wie Nikolai Wassiljewitsch Gogol, Charles Baudelaire und Edgar Allan Poe entscheidende Wirkung hatte. E. T. H. Hoffmann führte ein Doppelleben wie so viele seiner Figuren, die sich in verschiedene Ichs aufspalten. Tagsüber arbeitete er in dem ungeliebten Beruf eines Kammergerichtsrats, nachts führte ein sein „eigentliches“ Leben. Seine Begabungen waren weit gespannt und machten es ihm schwer, sich zu entscheiden. Er zeichnete, musizierte und komponierte und schrieb immer wieder über jenen Zwiespalt zwischen „Künstler“ und „Philister“, dem nicht nur er, sondern dem sich auch andere romantische Autoren ausgesetzt fühlten.

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Nur wenige können ihre Lebensphilosophie klar formulieren

Der Soziologieprofessor Gerhard Schulze erklärt: „Das Wissen um die normativen Botschaften stilistischer Elemente bleibt im Alltagsleben fast immer unterhalb der Ebene des Bewusstseins und des expliziten sprachlichen Ausdrucks. Im Stil werden Lebensphilosophien zur unterschwellig gespürten Atmosphäre.“ Er spricht damit die unbewussten Imitationen an, die alle Menschen vollführen. Rotraud A. Perner ergänzt: „Außer wir üben uns in Selbstwahrnehmung, dann fällt einem oft auf, wen man gerade nachspielt.“ Gerhard Schulze fährt fort: „Stilsyndrome wie Rocker, Alternative, Familienväter, Hausfrauen, Emanzen, Bankangestellte, Yuppies oder aus der Mode gekommene Figuren wie Hippies, 68er, Halbstarke, Salonlöwen – sie alle haben auch die Bedeutung verschiedener Lebensphilosophien.“ Rotraud A. Perner ist Juristin, Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin und absolvierte postgraduale Studien in Soziologie und evangelischer Theologie. Eines ihrer aktuellen Bücher heißt „Die reuelose Gesellschaft“ und ist im Residenz Verlag erschienen.

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Nur Sklaven suchen ihren Lebenssinn in der Arbeit

Das neue Philosophie Magazin 06/2015 beschäftigt sich im Titelthema mit der Frage: „Macht meine Arbeit noch Sinn?“ Diese Frage scheint heut für viele drängender denn je zu sein, obwohl sie historisch gesehen relativ neu ist. Fragen nach dem Sinn der Arbeit tauchen allerdings erst dann auf, wenn die Fragen der Würde geklärt sind. Für Sigmund Freud ist nicht nur der soziale Wert ausschlaggebend für ein befriedigendes Arbeiten, sondern auch die Übersetzbarkeit bestehender und mitunter höchst selbstbezogener Triebregungen in die jeweilige Tätigkeit. Das heißt, nicht jeder Mensch findet sein Glück als humanitäre Kraft, auf welchem Gebiet auch immer. Vielmehr gibt es auch solche Menschen, die Konkurrenzdruck und einen ständigen Kampf um Macht brauchen, um in der Arbeit aufzugehen. Der Philosoph und Kulturkritiker Byung-Chul Han behauptet dagegen: „Wer seinen Lebenssinn in der Arbeit sucht, gibt sich damit bereits als Sklave unseres Zeitalters zu erkennen.“

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Agatha Christie fasziniert ihre Leser auch noch nach 125 Jahren

Die Krimiautorin Agatha Christie ist die meistverkaufte, meistübersetzte Schriftstellerin aller Zeiten. Ihre „Mausefalle“, die seit 1952 in einem Londoner Theater gespielt wird, hält den Rekord für die längste ununterbrochene Laufzeit eines Theaterstücks. Nur die Bibel und die Werke von William Shakespeare werden öfter aufgelegt als die Bücher der „Königin des Verbrechens“, die am 15. September vor 125 Jahren geboren wurde. Es sind vor allem die intelligent verschachtelten Handlungsstränge, weswegen alte Fans von Agatha Christie ihre Bücher immer wieder lesen und in jeder Generation neue Anhänger finden. Niemand der Romanfiguren ist bei ihr ganz unschuldig, jeder hat ein Geheimnis, und auf der Suche nach dem Mörder kommen alle ans Tageslicht. Agatha Christie hat 66 Kriminalromane nach diesem Rezept geschrieben – mit ihren beiden beliebtesten Spürnasen Miss Marple und Hercule Poirot ist sie dadurch weltberühmt geworden.

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Emil Nolde erzielte allein mit den Farben seine größten Effekte

Emil Nolde war schon über dreißig Jahre alt, als er sich zum Maler ausbilden ließ. Schon in der Anfangszeit seiner Künstlerkarriere fiel auf, mit welcher Sicherheit er sich in den Genres, der von ihm besuchten dänischen Malschulen bewegt hat. Seine frühen Meer- und Strandbilder wirken in ihrer bleiernen Ruhe fast abstrakt. Weitere Motive, die ihm leicht von der Hand zu gehen scheinen, sind Menschen im blendend hellen Sommerlicht des Nordens, Spukwesen, die den Himmel des Morgens verdüstern sowie bürgerliche Interieurs und Porträts. Eine eigene künstlerische Handschrift entwickelt Emil Nolde erst um 1907 in seinen Ansichten von Wäldern und Feldern. Hier setzt sich der Maler mit den spontanen Farbsetzungen van Goghs und mit dem Divisionismus der Postimpressionisten auseinander. Die Ausstellung „Emil Nolde, Retrospektive“ ist noch bis zum 15. Juni im Frankfurter Städel-Museum zu sehen.

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William Shakespeare hat insgesamt 38 Dramen geschrieben

Willima Shakespeare wurde vor 450 Jahren, am 26. April in Stratford-upon-Avon laut Kirchenregister getauft. An welchem Tag er genau geboren wurde, ist bis heute nicht restlos geklärt. William Shakespeare gilt als einer der bedeutendsten Dramatiker aller Zeiten. Auch im 21. Jahrhundert ist der Dichter noch enorm populär. Wie die Statistik des deutschen Bühnenvereins belegt, war William Shakespeare in der Theatersaison 2011/12 der mit Abstand meist gespielte Autor im deutschsprachigen Raum: 180 Inszenierungen von 31 Stücken, insgesamt 2.291 Aufführungen. Auf der Rangliste der einzelnen Stücke führt zwar Goethes „Faust“, aber William Shakespeare belegt mit dem „Sommernachtstraum“ Platz zwei und mit „Romeo und Julia“ Platz drei. Rang acht belegt „Hamlet“ und Rang 18 „Was ihr wollt“. Überliefert sind insgesamt 38 Dramen und 154 Sonette, also Gedichte, die William Shakespeare geschrieben hat.

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Oskar Maria Graf ist der Chronist des bayerischen Dorflebens

Der bayerische Schriftsteller Oskar Maria Graf verstand es wie kein Zweiter, fern von aller Idylle und Bauerntümelei über die Menschen seiner Heimat zu schreiben. Er pflegt dabei einen Realismus, der sich durch Illusionslosigkeit und manchmal peinigende Härte auszeichnet. Zu den Figuren, die Oskar Maria Graf in seinen Romanen aufleben lässt, zählen Großbauern, Kleinhäusler, Tagelöhner, aber auch Bohemiens. Diese Protagonisten können berechnend und hundsgemein, eitel oder dumm sein. In manchen Fällen sind sie aber auch mutig, hilfsbereit, mitfühlend oder kämpferisch. Oskar Maria Graf, der sich manchmal selbst, nicht ohne damit zu kokettieren, als „Provinzschriftsteller“ bezeichnete, war auch ein politischer Schriftsteller. Nicht dass er Agitprop betrieben hätte, sondern im Stil eines genauen, gnadenlosen und selbstkritischen Beobachters, der erkannte, wie die politischen und sozialen Gegebenheiten unerbittlich das Leben der kleinen Leute prägten.

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Alice Munro erhält 2014 den Nobelpreis für Literatur

Die kanadische Schriftstellerin Alice Munro lebt im Süden der Provinz Ontario, auf einer Halbinsel zwischen Toronto und Detroit, auf der Ostseite des Lake Huron in der Kleinstadt Clinton. Am vergangen Donnerstag hat die Schwedische Akademie dieser Autorin, die 82 Jahre alt ist, den Literaturnobelpreis zugesprochen. Ihr schriftstellerisches Werk umfasst eine Zeitspanne von 60 Jahren und ist nur einem Genre gewidmet: der Kurzgeschichte. Diese Short Storys handeln meist von Alltagssituationen, von der eigenen Familie, manchmal über Generationen, von Personen, die in Clinton oder einer anderen kanadischen Kleinstadt leben oder zumindest wohnen könnten. Auch wenn Alice Munro alltägliche Situationen beschreibt, wird dem Leser dabei manchmal ein bisschen bange. Denn er merkt bei aller Gewöhnlichkeit der Menschen, dass sie eigentlich an einem Ort zu etwas ganz Außergewöhnlichen stehen, dass sie möglicherweise ein existentielle Herausforderung meistern müssen. Dies scheint alles viel wahrscheinlicher zu sein, als der normale Trott des Alltags.

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Die Kopffüßler von Horst Antes erfreuen sich großer Popularität

Anfang der sechziger Jahre machten die Kopfmenschen den deutschen Maler Horst Antes berühmt. Die Kopffüßler, wie sie später genannt wurden, wirkten wie Monolithen mit riesigen Füßen und markanten Gesichtern, die wie in Stein gemeißelt erschienen. Die surrealen Schönheiten erinnern auch an die Statuen der Osterinseln, an die magischen Figuren einer längst versunkenen Hochkultur. Seine Kopfwesen haben es inzwischen zu großer Popularität gebracht. Sie hängen als Drucke in Wohnzimmern und den Lobbys von Unternehmen. Im Gegensatz zu den Werken von Georg Baselitz, Anselm Kiefer oder Markus Lüpertz wirken seine Gemälde freundlich und dem Betrachter zugewandt. Exzesse, Gräuel und spektakuläres Berserkertum sucht man auf seinen Bildern vergeblich. Horst Antes wurde 1936 an der Bergstraße geboren. Im Jahr 1963 war er Stipendiat der Villa Massimo und nahm während seiner Künstlerkarriere allein bis 1977 dreimal an der weltberühmten Documenta in Kassel teil und gewann Preise auf der Kunstbiennale.

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Die Kunst von Paul Klee hat dem fernen Osten viel zu verdanken

Schon im Jahr 1900, als Paul Klee als Auftragswerk eine Aarelandschaft auf einen fünfteiligen Wandschirm malte, ist in dieser Komposition der Einfluss fernöstlicher Kunst zu spüren. Dies bedeutet vor allem, dass die Höhe hier gleichzeitig der Tiefe des Raumes entspricht. In der frühen Entwicklung der Zeichnungen Paul Klees spielt die Kunst des japanischen Holzschnitts eine nicht zu unterschätzende Rolle. Osamu Okuda nennt ein Beispiel: „Für die Figuren auf dem Blatt „drei auf einem Bein tanzende Akte“ diente Klee eine Akrobatenstellung von Hokusai als Inspiration. Klee verfremdete die heiteren asiatischen Körperkunststücke zu skurrilen Tanzszenen mit abnormen Verrenkungseinlagen, versuchte dabei aber, die sparsame, stilisierte Darstellungsweise des fernöstlichen Künstlers zu bewahren.“ Auch die asiatische Tuschmalerei, mit der sich Paul Klee zwischen 1910 und 1914 beschäftigte, diente ihm in einigen seiner Bilder als Quelle neuer Gestaltungsmöglichkeiten.  

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Paul Nizon wird immer noch als Geheimtipp gehandelt

Zu den Bewunderern des Schweizer Schriftstellers Paul Nizon zählten unter anderem Max Frisch, Elias Canetti und Frédéric Beigbeder, der ihn als einen der wichtigsten Autoren der Gegenwart bezeichnete. Paul Nizon war der erste deutsch schreibende Schriftsteller, der seine Figuren neben einem Herz und einem Hirn auch mit einer Sexualität ausstattete. Paul Nizon sagt: „Ich habe den Sexus in die deutsche Literatur eingeführt.“ Seine eigenen Beziehungen mit dem weiblichen Geschlecht sind seiner Meinung nach vor allem deswegen alle gescheitert, weil er zu sehr mit dem verdammten Schreiben liiert ist. Erst kürzlich hat er seine Tagebücher aus den Jahren 2000 bis 2010 veröffentlicht, die den Titel „Urkundenfälschung“ tragen.

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Charlton Heston war der König des Kostümfilms

Bevor Charlton Heston als Schauspieler 1950 mit dem Film „Stadt im Dunkeln“ bekannt wurde, hatte er in der Schule Theater gespielt und auf der Bühne am Broadway erste Erfolge gefeiert. Die Glanzzeit Hollywoods war gerade erloschen, da die Zuschauer lieber zu Hause blieben und Fernsehen schauten. Das Kino reagierte auf den eklatanten Schwund der Zuschauer mit monumentalen Filmen, in denen Statistenheere dominierten und die im Breitwandformat ausgestrahlt wurden. Das Kino dieser Zeit verlangte keine feinsinnigen Charakterdarsteller, sondern einprägsame, eindimensionale Figuren.

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Für Martin Suter sagt ein Wort mehr als 1.000 Bilder

Für Martin Suter ist die Literatur ein Destillat des Lebens. Der Schweizer ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller. Sein aktueller Roman „Der Koch“ sprang sofort auf Platz eins diverser Bestsellerlisten. Im Januar kommt sein neues Buch „Allmen und die Libellen“ in die Buchhandlungen. Am 16. Dezember 2010, kommt die Verfilmung von „Small World“, seines ersten Romans, in die Kinos. Anfang des Monats fand die Premiere seines Singspiels „Geri“ in Zürich statt. Martin Suter schreibt deswegen so viel, weil er nicht gerne Dinge tut, die ihm schwer fallen. Das Schreiben fällt ihm nicht schwer.

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Vier Weihnachtsgeschichten von Rudolf Nottebohm

Die vier unkonventionell erzählten Weihnachtsgeschichten von Rudolf Nottebohm handeln von der Bergauer Krippe, dem Chor der Engel, dem Christkindelwunder und vom Weihnachtslicht. Der Autor spürt in ihnen dem Geheimnis der Heiligen Nacht und ihrer frohen Botschaft nach, selbst inmitten des hektischen Trubels einer Großstadt. Rudolf Nottebohm ist seit 1970 freier Autor und Regisseur und lebt in München und auf Mallorca. Die erste Geschichte des Buchs von der Bergauer Krippe hat sich in der Weihnachtszeit zugetragen, auf einem abgelegenen Hof in einem schwer zugänglichen oberbayerischen Bergtal. Die Hauptfigur ist Ibrahim aus Istanbul, der seit einem halben Jahr auf dem Bergauer Hof arbeitet und in jeder freien Minute dem alten Bergauer beim Schnitzen von Krippenfiguren zuschaut.

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