In Zeiten der Unsicherheit, genauer der unsicheren Zukunft, wird die Frage nach dem Sinn eines Kindes lauter. Peter Trawny ergänzt: „Solche Zeiten können die eines drohendes Krieges oder einer schwierigen Wirtschaftslage sein. Heute behaupten die Kinder selbst, dass ihnen die prognostizierte ökonomische Katastrophe der Erderwärmung die Zukunft raubt.“ Der Sinn des Kindes scheint auf dem Spiel zu stehen. Steht er immer auf dem Spiel? Schon an der Formulierung wird deutlich, dass das Thema schwierig ist. Aber eine Philosophie der Liebe kommt an ihm nicht vorbei. Warum? Weil Liebe Fruchtbarkeit ist. Das ist eine Aussage, die man begründen muss. Sie wird – Peter Trawny wagt das zu behaupten –, was das Kind betrifft, reserviert betrachtet werden. Peter Trawny gründete 2012 das Martin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, das er seitdem leitet.
Schwangerschaft
Thomas Junker kennt den Zusammenhang von Sex und Macht
Ähnlich ambivalent wie das Verhältnis von Sex und Geld stellt sich der Zusammenhang von Sex, Macht und Gewalt dar. Die Attraktivität von Macht liegt auf der Hand, denn sie bedeutet Schutz. Schutz vor den Gefahren der Umwelt und Schutz vor anderen Menschen. Thomas Junker fügt hinzu: „Auch deshalb kann das erotische Spiel mit Macht und Unterwerfung so reizvoll sein. Nicht nur der Marquis de Sade war ihm verfallen.“ Bis heute prallen die Meinungen unversöhnlich aufeinander, ob die spielerische Auseinandersetzung mit sexueller Macht und Gewalt für die psychische Gesundheit eines Menschen unabdingbar ist oder ob es sich um den ersten Schritt in die Inhumanität handelt. Da Männer von einer Vergewaltigung biologisch profitieren können, wenn es zur Schwangerschaft kommt, wäre es denkbar, dass in der Evolution eine entsprechende angeborene Neigung entstanden ist. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.
Die frühe Kindheit ist entscheidend für das spätere Leben
Idealerweise wird durch die Liebe zwischen Mutter und Kind der Urgrund der Liebesfähigkeit des Nachwuchses geschaffen. Andreas Salcher fügt hinzu: „Jene fundamentale Erfahrung intimer Verbundenheit entsteht durch die körperliche, emotionale und psychische Nähe. Sie weckt die Sehnsucht, später eine ähnliche intime und vertrauensvolle Beziehung zu einem Liebespartner zu finden.“ Ein Kleinkind entwickelt in den ersten drei Jahren ein Grundgefühl, welchen Situationen und Menschen es vertrauen kann und welchen nicht. Entscheidend für die Bildung jenes Urvertrauens sind die unmittelbaren Bezugspersonen, also die Eltern, primär die Mutter nach der Geburt. Die bei der Wahrnehmung der Umwelt gewonnenen positiven Erfahrungen statten ein Kind mit hohem Grundvertrauen darin aus, dass es die Welt gut mit ihm meint und es angenommen und geliebt wird. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.
Die Menschen sind von Natur aus polygam
Von den Harems orientalischer Fürsten bis zum Mätressenhof des sächsischen Kurfürsten August des Starken, von den Mormonen bis zu den Massai – es gibt kaum eine Kultur, in der die männliche Vielehe nicht stillschweigend toleriert wird. In den meisten islamisch geprägten Ländern ist sie noch heute ein allgemein anerkanntes Beziehungsmodell. Daher zieht Thomas Junker folgende Schlussfolgerung: „Dass die Einehe in den westlichen Industriestaaten als das Übliche und das einzig Normale angesehen wird, ist also keineswegs selbstverständlich: Nur fünfzehn Prozent aller heutigen Kulturen fordern diese Art von Beziehung! Im Vergleich dazu wird in 85 Prozent der Kulturen irgendeine Form der Vielehe praktiziert.“ Nimmt man nur diese Zahlen als Anhaltspunkt, dann könnte man vermuten, dass Menschen von Natur aus polygam und gerade nicht monogam sind. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.
Keiner kennt den Ort der ewigen Liebe
Die ewige Liebe ist wie ein Fabelwesen: „Dass es sie gibt, behauptet jeder; wo sie ist, weiß keiner“. Mit diesen wehmütigen Sätzen wird das Publikum in Mozarts Oper „Cosi fan tutte“ auf eine Geschichte aus Liebesschwüren und schnödem Verrat eingestimmt. Glaubt man Romanen, Schauspielen und Filmen, dann lässt sich nur auf eine Weise verhindern, dass die Liebe an den Realitäten des Lebens scheitert. Die Liebenden müssen durch den Tod für immer getrennt werden. Traditionen, mit denen man aufwächst, wie Verliebtheit, Heirat und Familie, kann man leicht für selbstverständlich und naturgegeben halten, obwohl sie es vielleicht gar nicht sind. Thomas Junker erklärt: „Bevor man das tut oder sich gedankenlos am Vorbild der Eltern und Großeltern orientiert, kann es nicht schaden, die verschiedenen Optionen genauer unter die Lupe zu nehmen.“ Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.
Sex hat als Machtmittel weitgehend ausgedient
Die patriarchale Autorität dominiert die Sexualität. In einer patriarchalischen Gesellschaft wird die Erotik als schlecht, unmoralisch und verwerflich gebrandmarkt, und die Frau gleich mit dazu, weil sie die Begierden aus dem Mann herauskitzelt. Paul Verhaeghe weiß: „Mit dieser Rollenverteilung wies das Patriarchat der Frau unbeabsichtigt eine ordentliche Portion Macht zu, von der „femme fatale“ bis zum „Schatz, heute nicht, ich habe Kopfschmerzen“. Und diese Macht wiederum erklärt die männliche Aggression gegen die Frau.“ Sex kann auch als Waffe eingesetzt werden, auch wenn dies mittlerweile aus der Mode gekommen ist, weil sie die moderne Haltung zur Sexualität dank Emanzipation und Pille völlig verändert hat. In der Menschheitsgeschichte jedoch kann eine Frau erst seit einem halben Jahrhundert unbekümmert Sex genießen und somit auch unmissverständlich danach verlangen. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.
Sex ist gefährlich und mit Schmerz verbunden
Sex kann einzigartige Empfindungen der Lust erzeugen, aus Fremden Liebende werden lassen und einer Zweierbeziehung Dauer und Leidenschaft verleihen. In den Medien wird er oft als harmloses Vergnügen präsentiert, das für Fitness, Gesundheit und Wellness sorgt. Ihn darf nichts stören, weder Eifersucht noch Liebeskummer, noch Scham, noch die Angst vor dem Versagen. Thomas Junker fügt hinzu: „Für die negativen Seiten hat man oft die traditionelle, vor allem die religiöse Sexualmoral verantwortlich gemacht und sich von einer liberaleren Gesellschaft eine bessere, angst- und stressfreiere Sexualität erhofft.“ Ganz falsch ist das sicher nicht. Aber es ist für Thomas Junker auch nicht die ganze Wahrheit. Denn die Tatsache, dass Sex gefährlich, anstrengend und mit Schmerz verbunden ist, liegt in seiner biologischen Natur.“ Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.
Die Lust am Sex hält eine Partnerschaft am Leben
Wenn es bei einer Beziehung ernst wird, übernimmt der Körper das Kommando und signalisiert, wen Mann oder Frau gerne anschaut und riecht, wen sie küssen und berühren wollen und wer ihnen im Bett besonders viel Freude bereitet. Thomas Junker erklärt: „Die Lust beim Sex ist nicht das einzige Kriterium, natürlich nicht. Aber es dürfte bis zu einem bestimmten Alter schwierig werden, eine Partnerschaft am Leben zu erhalten, wenn es mit dem Sex nicht oder nicht mehr klappt.“ Selbst dann, wenn viele andere Gründe dafürsprechen. Umgekehrt geht das schon viel eher. Wenn der Sex gut ist, dann kann anderes leicht nebensächlich werden. Es gilt nicht mehr als moralisch verwerflich, sich bei der Suche nach dem idealen Partner von etwas so Schnödem wie der sexuellen Lust leiten zu lassen. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.
Beim Orgasmus entlädt sich große sexuelle Erregung
Das Gefühl des Orgasmus und seine körperlichen Begleiterscheinungen lassen sich auch in der Sprache der Wissenschaft beschreiben. Weitgehende Einigkeit besteht, dass es sich um die plötzliche Entladung großer sexueller Erregung handelt, die als extrem lustvoll und entspannend empfunden wird. Thomas Junker erklärt: „Beim Mann ist damit meist eine Ejakulation verbunden, bei der Frau kommt es zu Kontraktionen von Vagina und Uterus.“ Begleitet wird der Orgasmus bei beiden Geschlechtern von rhythmischen Muskelkontraktionen im ganzen Körper, unwillentlichen Lautäußerungen wie Stöhnen oder Schreien, Bewusstseinseintrübung und einem Gefühl der Euphorie. Hauptsächlicher Auslöser ist die Stimulation des Penis beziehungsweise der Klitoris bei der Masturbation, beim Geschlechtsverkehr oder bei anderen erregenden Aktivitäten. Worin besteht der Zweck eines so komplexen Vorgangs? Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.
Kinder werden zu einer Ware in einem Dienstleistungsbetrieb
Das Kind ist heute für viele Menschen ein Objekt, das man sich aus gewissen persönlichen Motiven angeschafft hat und das es dementsprechend gilt, im Idealfall zum eigenen Ruhm zu optimieren. Wer das schafft, der punktet, ähnlich wie der Besitzer einer teuren Luxuskarosse. Der kontrollverwöhnte Durchschnittsmensch muss zudem gekränkt feststellen, dass sich eine Schwangerschaft nicht so auf Knopfdruck produzieren lässt. Martina Leibovici-Mühlberger ergänzt: „Darum haben wir die moderne Fortpflanzungsmedizin auch heftig dazu angespornt, Einblick in die tiefsten Geheimnisse der Natur erlangen zu wollen, um sie dann zu manipulieren.“ Vordergründig darf die Menschheit hier wirklich stolz auf das Erreichte sein. Die Ärztin Martina Leibovici-Mühlberger leitet die ARGE Erziehungsberatung und Fortbildung GmbH, ein Ausbildungs-, Beratungs- und Forschungsinstitut mit sozialpsychologischem Fokus auf Jugend und Familie.
Neurodermitis ist mit einer erblichen Veranlagung verbunden
Die Hautkrankheit Neurodermitis ist eng mit der Psyche verbunden. Professorin Sonja Städer vom Universitätsklinikum Münster erklärt: „In Stresssituationen werden aus dem Hypothalamus bestimmte Hormone ausgeschüttet.“ Der Hypothalamus stellt eine Verbindung zwischen dem Zwischenhirn und dem Blutkreislauf her und reguliert unter anderem die Körperfunktionen Herzschlag, Köpertemperatur und den Geschlechtstrieb. Das Hormon, das er bei Stress freisetzt, heißt Corticotropin-releasing-Hormon (CRH). Laut Soja Städer bindet sich CRH an Mastzellen in der Haut. Diese wiederum setzen dann Histamin frei. Und das verursacht durch die Bindung an die Nervenfasern Juckreiz. Antihistaminika können ihn zwar lindern, aber nicht ganz ausschalten. Die Anzahl der möglichen Auslöser einer Neurodermitis ist riesengroß. Allergene wie Pollen, verschiedenen Nahrungsmittel, Tierhaare, Wollkleidung, Konservierungsstoffe in Kosmetika, Hormone, Bakterien, Viren, Pilze, Klima, Abgase, Tabakrauch oder Stress können Neurodermitis-Schübe verursachen.
Die Epigenetik propagiert den Sieg über das Erbgut
Forscher des Fachbereichs Epigenetik haben herausgefunden, dass körperliche und seelische Erfahrungen der menschlichen Zellen an die Nachkommenschaft weitergegeben werden können. Der österreichische Hormonspezialist Johannes Huber geht sogar soweit zu behaupten: „Liebe lässt sich vererben.“ Er gibt zwar zu, dass die Gene den Menschen steuern, aber der Mensch ebenso die Gene beeinflussen kann. Wie die neuesten Forschungen in der Epigenetik belegen, kann der Mensch über die Einflüsse der Umwelt eine ungeheure Macht über seine Gene erlangen. Er verändert zwar nicht die Gene an sich, aber kann beispielsweise durch einen gesunden Lebensstil das Genprogramm überlisten und sein Leben über die ursprüngliche Zeitspanne hinaus verlängern.
Norbert Golluch: Kurioses aus Deutschland
Norbert Golluch verzichtet auf Stereotype und konzentriert sich in seinem Buch auf scheinbar unbedeutende Details und Absonderlichkeiten, Kuriositäten und Fakten, die normalerweise nicht in den Tageszeitungen stehen. Dadurch gelingt es ihm, etwas vom Geist und Geschmack Deutschlands einzufangen. Norbert Golluch arbeitete einige Jahre als Grundschullehrer, bevor er Redakteur bei einer Satirezeitschrift wurde. Nach seiner Tätigkeit als Lektor, lebt er seit 1985 als freier Autor in Köln. Gleich auf den ersten Seiten nimmt sich Norbert Golluch das Beamtendeutsch kritisch zur Brust, das er als kompliziert und undurchschaubar betrachtet und seiner Meinung nach in einer Demokratie nichts zu suchen hat.