Korruption ist in Regierungen die Regel

Die Kunst der Politik ist realer als die Kunst des Diebstahls, weil der Diebstahl – wie ein Parasit – von der Politik abhängig ist. Ned O’ Gorman fügt hinzu: „Damit gelogen werden kann, muss es eine Wahrheit geben. Damit getötet werden kann, muss es Leben geben.“ Ned O’ Gorman will damit nicht sagen, dass etwas nicht wirklicher wird, nur weil es schockierender, grotesker oder kränker ist. Korruption ist in heutigen Regierungen oft nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Nichtsdestotrotz stellt Korruption immer die Korruption von etwas dar, und vieles von dem, was man heute Politik nennt, ist nur die Korruption von Politik. Und eben dieses grundlegende Phänomen, das Phänomen der Politik steht im Zentrum von Ned O’ Gormans Buch „Politik für alle“. Ned O’ Gorman ist Professor für Kommunikationswissenschaften an der University of Illinois.

Der Populismus beruht auf Lügen und Manipulation

Der Populismus des 21. Jahrhunderts zeigt sich im Brexit und in den Wahlsiegen verschiedener „starker Männer“. Er präsentiert sich auch in rassistisch und nationalistisch konnotierten Krisen in Nordamerika, der Europäischen Union und Teilen Südamerikas. Der Populismus beruht stark auf Lügen, Manipulation und Diebstahl. Er hat aber auch eine gute Eigenschaft: Er erinnert die Bürger daran, dass sie in einer politischen Welt leben. Aus dieser gibt es kein Entrinnen.

Ned O’ Gorman erklärt: „Die Politik ist unser Schicksal. Die Frage ist, was fangen wir mit unserem Schicksal an? Wir brauchen nicht weniger, sondern eine bessere Politik. Die Politik als Kunst bedarf der Fürsprache und Demokratisierung.“ Momentan leiden die Bürger an einer Art Autoimmunerkrankung. Mit dem Angriff auf das tatsächlich kranke politische System hat man auch die Heilmittel angegriffen. Vielleicht bietet die Psychologie eine bessere Analogie.

Die Wirtschaft ist keine unkontrollierbare Kraft

Die Bürger projizieren Ursachen von Problemen auf die Politik, die letztlich ein Ergebnis ihrer Schwächung sind und nur durch die Stärkung eben jener Politik adressiert werden können. Ned O’ Gorman betont: „Wir benötigen eine erneute Einführung in die Grundlagen der Politik, damit wir die Chance auf kollektive Gesundheit und Vernunft wiedererlangen können.“ Beispielsweise muss man die politische Verfasstheit des Wirtschaftslebens ernst nehmen. Man darf Wirtschaft nicht als autonome, unkontrollierbare Kraft im kollektiven Leben betrachten.

Sondern man muss die Ökonomie als etwas auffassen, das Bürger gemeinsam adressieren können. Man muss der staatsbürgerlichen Führung wieder Bedeutung verleihen. Denn dann sind Begriffe wie Ehre und Respekt nicht für das Militär und Flaggen reserviert, sondern auch auf Zivilisten anwendbar. Die Bürger müssen verhindern, dass Programmierer das Monopol auf politische Macht bekommen, indem sie die globalen digitalen Netzwerke stärker mit der Macht der Algorithmen verbinden. Quelle: „Politik für alle“ von Ned O’ Gorman

Von Hans Klumbies