Die Macht fühlt sich wie eine lebendige Kraft an

Ausbeuterisches, selbstsüchtiges und gewalttätiges Handeln vernichtet den Zusammenhalt starker Gruppen. Gruppen wissen das und kennen auch Geschichten von Menschen, die die Macht missbraucht haben und habgierig und unbeherrscht handelten. Dacher Keltner erklärt: „Gruppen verleihen daher die Macht an die, die Begeisterung verbreiten und freundlich, zielorientiert, ruhig und offen sind. Mit dem Ansehen, dass sie einer Person verleihen, zeigen sie an, dass diese fähig ist, für das Wohl der Gruppe zu handeln.“ Gruppen verlassen sich auf den Ruf, wenn es darum geht, zusammenzuarbeiten, zu kooperieren, Bündnisse zu schließen und starke Bindungen einzugehen. Sie erhöhen den Ruf derer, die bereit sind, zu teilen. Und sie schädigen mit deftigen Klatschgeschichten den Ruf derer, die selbstsüchtig sind und sich als Machiavellisten aufführen. Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

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Ohne Veränderung langweilen sich die meisten Menschen rasch

Die Verdrahtung des menschlichen Gehirns ist schuld daran, dass vertraute Dinge einen Menschen schnell langweilen. Nur Veränderungen versetzen die neuronalen Netzwerke in Aktion. Fumio Sasaki schreibt: „Veränderungen lösen in unserem Gehirn Reize aus. Deswegen schwindet unser Glücksgefühl, wenn wir etwas schon länger besitzen.“ Früher sehnte man sich nach diesem Gegenstand, doch sobald man ihn hat, registriert das Gehirn, dass sich nichts mehr ändert, die Gewöhnung setzt ein. Der Reiz lässt nach, man nimmt den Gegenstand als selbstverständlichen Teil seines Lebens hin. Ohne Veränderung, ohne einen neuen Stimulus, beginnen die meisten Menschen rasch, sich zu langweilen. Dieser außerordentlich starke Effekt, kann einem das schönste Leben verderben. Er sorgt zum Beispiel dafür, dass man Kleidung, die man im Geschäft sah und hefig begehrte, später grässlich findet. Fumio Sasaki arbeitete als Cheflektor des japanischen Verlages Wani Books, bevor er freier Autor wurde.

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Beim Orgasmus entlädt sich große sexuelle Erregung

Das Gefühl des Orgasmus und seine körperlichen Begleiterscheinungen lassen sich auch in der Sprache der Wissenschaft beschreiben. Weitgehende Einigkeit besteht, dass es sich um die plötzliche Entladung großer sexueller Erregung handelt, die als extrem lustvoll und entspannend empfunden wird. Thomas Junker erklärt: „Beim Mann ist damit meist eine Ejakulation verbunden, bei der Frau kommt es zu Kontraktionen von Vagina und Uterus.“ Begleitet wird der Orgasmus bei beiden Geschlechtern von rhythmischen Muskelkontraktionen im ganzen Körper, unwillentlichen Lautäußerungen wie Stöhnen oder Schreien, Bewusstseinseintrübung und einem Gefühl der Euphorie. Hauptsächlicher Auslöser ist die Stimulation des Penis beziehungsweise der Klitoris bei der Masturbation, beim Geschlechtsverkehr oder bei anderen erregenden Aktivitäten. Worin besteht der Zweck eines so komplexen Vorgangs? Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Zustände des reinen Seins können Angstgefühle verursachen

Tagträume und Phantasien sind in der Regel emotionaler Natur. Auch viele Träume sind höchst emotional. In ihnen brütet der menschliche Geist die intensivsten emotionalen Erlebnisse aus, die ihm überhaupt möglich sind. Befindet sich ein Mensch im Sein in reinster Form, schwindet sogar sein Ich-Gefühl. David Gelernter erklärt: „Wir vergessen uns selbst – wir verlieren unser Ich. Wir erleben nur noch und begegnen dem Ich-losen Zustand des reinen Seins.“ Zustände des reinen Seins sind gefährlich und können Menschen Angst machen: Sie sind dann weit offen und verfügen beispielsweise in solchen Fällen keine Abwehr gegen Alpträume. Solche Zustände können Menschen auch an den Rand explosiver Euphorie bringen – oder mit tiefer Befriedigung überfluten oder für kurze Zeit eins mit dem Universum machen. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Noch ist die Verbesserung des Menschengeschlechts Utopie

Das Bild, das der Mensch von sich entwirft, entspricht in der Regel dem, was der Mensch entwerfen kann. Modelle für die Selbstansichten des Menschen sind seit Anbeginn der Artefakte und Maschinen, die der Mensch selbst imstande war zu konstruieren und zu bauen. Konrad Paul Liessmann stellt fest: „In der Genetik schließlich skizzieren evolutionstheoretische und technizistische Pinselstriche ein Bild des Menschen, das diesen nun als Maschine zur Produktion und Streuung von Genen zeigt.“ Die Entzifferung des genetischen Codes des Menschen erschien vielen deshalb nicht nur als ein entscheidender Schritt zur Selbsterkenntnis, sondern auch als erster Schritt, um nun wirklich an der Verbesserung des Menschen arbeiten zu können. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Unangemessene Erwartungen gefährden eine Partnerschaft

Ein großes Problem in vielen Partnerschaften sind unrealistische oder überhöhte Erwartungen. Die meisten Menschen sehnen sich nach einer stabilen, glücklichen Beziehung und hoffen, darin Lebensglück und Erfüllung zu finden. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an den Partner. Guy Bodenmann zählt sie auf: „Der Partner sollte treu, zuvorkommend, interessiert, zärtlich, wertschätzend, stimulierend sein, die eigene Entwicklung fördern und einen im Leben weiterbringen, dazu möglichst noch attraktiv, intelligent und geistreich, humorvoll und witzig, tolerant und einvernehmlich, einkommensstark und großzügig sein.“ Außerdem sollte er einem zur Seite stehen, einen unterstützen, spüren, was man braucht, und einem Wünsche von den Lippen ablesen, gleichzeitig Freiräume lassen und einen nicht in seinen Wünschen, Interessen und Zielen einschränken oder behindern. Nicht zuletzt sollte auch der Sex gut sein. Guy Bodenmann ist Professor für Klinische Psychologie an der Universität Zürich.

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Gewohnheitsveränderungen verlangen nach Durchhaltevermögen

Gewohnheiten entwickeln eine Kraft, gewinnen Macht über einen Menschen. Der schottische Philosoph Thomas Reid war der Überzeugung, dass eine Gewohnheit dann vorliegt, wenn sie eine kausale Kraft entfaltet, eine Neigung, einen Menschen in einer gewissen Weise handeln zu lassen, sodass es eine Anstrengung bedürfe, nicht so zu handeln. Clemens Sedmak fügt hinzu: „Wenn wir also eine Gewohnheit verändern wollen, verlangt das nach einer gewissen Anstrengung. Man könnte auch sagen: Ein Handlungsablauf wird dann zur Gewohnheit, wenn es mich anstrengt, anders zu handeln.“ Gewohnheiten bringen einen Menschen dazu, etwas zu tun, auf das er im Augenblick vielleicht gar keine Lust hat. Gewohnheiten sind kraftvoll und hartnäckig, sie weisen eine gewisse Beharrlichkeit auf, zu deren Überwindung Mühen aufzuwenden sind. Der österreichische Philosoph Clemens Sedmak hat unter anderem eine Professur am Londoner King´s College inne.

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Finanzkrisen werden durch exzessive Verschuldung ausgelöst

Seit drei Jahrzehnten hilft Jeffrey Sachs, Direktor des Earth Institute an der Columbia-Universität New York, Ländern, Finanzkrisen zu überwinden. Jeffrey Sachs ist zudem Sonderberater des UN-Generalsekretärs für die Millennium-Entwicklungsziele. In allen diesen Finanzkrisen gibt es ein inhärentes Ungleichgewicht zwischen mächtigem Gläubiger und verletzlichem Schuldner. Jeffrey Sachs behauptet: „Erfolgreiches Krisenmanagement hängt daher von der Weisheit des Gläubigers ab. Aus diesem Grund bitte ich Deutschland dringend, seine Haltung gegenüber Griechenland zu überdenken – Griechenland, Deutschland und Europa zuliebe.“ Finanzkrisen werden durch exzessive Verschuldung ausgelöst. Die Ursache ist meist eine Mischung aus miserablen Management, Euphorie, Korruption im Schuldnerland und Fehlurteilen von Gläubigerbanken. Griechenland passt genau in dieses Schema. Das Land hatte im Jahr 2001, als es dem Euro beitrat, eine Staatsverschuldung von 99 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

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Das Glück hat nichts mit Geld oder der Liebe zu tun

Die Liebe, ein Sechser im Lotto, ein Haus, eine Beförderung – das alles macht die Menschen nicht langfristig glücklich. Das einzige, was sie glücklich macht, sind nach Ansicht der Biologen angenehme körperliche Empfindungen. Yuval Noah Harari erklärt: „Wenn wir vor Glück tanzen, weil wir gerade im Lotto gewonnen oder uns verliebt haben, dann hat das nichts mit dem Geld oder der Liebe zu tun, sondern mit den Hormonen, die durch unser Blut rasen, und den elektrischen Stürmen in unserem Gehirn.“ Bei aller Euphorie des Verliebtseins und bei allem Schmerz über gebrochene Herzen scheint das biochemische System darauf programmiert zu sein, das Glücksniveau mehr oder weniger konstant zu halten. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Im zwanzigsten Jahrhundert beschleunigte sich jede Entwicklung

Der Beginn des 20. Jahrhunderts war von großem Optimismus für die Zukunft bestimmt. Die Euphorie entstand aus dem Gefühl der gewaltigen Beschleunigung jeglicher Entwicklung, die für das neue Jahrhundert so typisch werden sollte. Der Fortschritt löste sich wie eine Kettenreaktion vom geplanten Wollen, entzog sich jeder möglichen Kontrolle und begann blindlings ein nicht erkennbares Ziel anzusteuern, ohne dass die Frage, wie das wohl dem Menschen bekommen würde, hätte beantwortet werden können. Dem Menschen gilt dann auch im zunehmenden Maße die Sorge der Gegenwart, seinem Menschsein und Mensch bleiben können in einer entfremdeten Umwelt, deren Schöpfer er selbst ist. Große Gefahren lauern in der möglichen Selbstzerstörung durch den hemmungslosen Verbrauch und Verschleiß der menschlichen Lebensgrundlagen sowie im übermütig, fahrlässigen Umgang mit den Urkräften der Natur, die der Mensch im 20. Jahrhundert freizusetzen lernte.

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Deutschland verdankt seinen Erfolg der Europäischen Union

Die große existentielle Frage Europas ist für Marcel Fratzscher bei weitem noch nicht gelöst. Seiner Meinung nach blieben zentrale institutionelle und wirtschaftspolitische Reformen unvollendet. Marcel Fratzscher warnt: „Wenn wir den Pfad der minimalistischen Europapolitik fortsetzen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zur nächsten Krise kommt. Denn die Währungsunion ist mit den gegenwärtigen Strukturen nicht nachhaltig.“ Deutschland hat als größte und stabilste Volkswirtschaft in Europa nicht nur eine besondere Verantwortung, sondern auch die einmalige Chance die Zukunft des europäischen Kontinents zu gestalten. Deutschland weitert sich diese Gelegenheit zu ergreifen, weil es sich drei Illusionen hingibt. Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und Professor für Makroökonomie und Finanzen an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Hanno Beck untersucht die Irrationalität des Herdenverhaltens

Die institutionellen Investoren, die professionell das Geld ihrer Kunden an den Kapitalmärkten anlegen, wie zum Beispiel Versicherungen oder Pensionskassen, spielen laut Hanno Beck eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Herdentrieben an der Börse. Meistens investieren sie in das, was der Rest kauft, wodurch sie die Kurse nach oben treiben und somit den Auftrieb der Herde weiter verstärken. Auch Banken und Kapitalexperten können mit ihren Kommentaren zu einer Kursblase beitragen. Viele Investoren überschätzen ihre Fähigkeit, rechtzeitig aus einem überhitzten Markt auszusteigen. Hanno Beck behauptet, dass es ein verhängnisvolles Gebräu von Selbstüberschätzung, Gier, Wunschdenken und simplen Marktmechaniken ist, die einen Markt geradewegs in eine Katastrophe führt. Hanno Beck, der früher in der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung arbeitete, lehrt heute als Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik an der Hochschule Pforzheim.

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Paul Nolte beleuchtet die Krisenanfälligkeit der Demokratie

„Demokratie ist immer in der Krise“, schreibt Paul Nolte. Zeiten, in denen ihre Selbstverständlichkeit nicht hinterfragt wurde, hat es seiner Meinung nach kaum gegeben – vor allem nicht in Europa. Und dennoch hat sich die Demokratie nach 1945 zu einer Art Standardmodell entwickelt, allerdings nur in Westeuropa. Am Ende des 20. Jahrhunderts eroberte die demokratische Freiheit sogar Osteuropa. Dennoch tauchten immer wieder Zweifel an der Tauglichkeit der Demokratie im Westen auf. In ihre tiefste Krise geriet die Demokratie laut Paul Nolte, als eigentlich alle Vorzeichen für ihren endgültigen Siegeszug über alle Kontinente sprachen. Der Durchbruch einer Massengesellschaft ebnete zum Beispiel alte soziale Hierarchien ein. Aber paradoxerweise galt die Demokratie plötzlich selbst in Deutschland als ein Auslaufmodell, das einer hochkomplexen und zugleich nivellierten Gesellschaft nicht mehr gerecht zu werden schien. Paul Nolte ist Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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Paul Nolte würdigt das Zeitalter der klassischen Revolutionen

Für Paul Nolte, der Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin lehrt, ist ohne die Dynamik von Revolutionen die Entstehung moderner Demokratien und Republiken kaum vorstellbar. Die Sehnsucht der Menschen nach Innovationen und Freiheit kam mit dem Anspruch zusammen, Gesellschaft und Politik nach eigenen Maßstäben zu entwickeln: Politische Herrschaft sollte das Werk der Menschen selbst sein. Und schon im 18. Jahrhundert war zu erkennen, dass die Prinzipien der Demokratie die sozialen Beziehungen und das Leben im Alltag nicht unberührt lassen konnten – denn das politische Gefüge der Institutionen stand nicht am Ende des Prozesses. Paul Nolte schreibt: „Im 19. Jahrhundert beschleunigte sich die demokratische Entwicklung auch in Deutschland in einer Revolution. Selbst wenn es immer wieder stille, evolutionäre Wege der Demokratisierung gibt – die enge Verbindung mit revolutionären Ereignissen bleibt bis in die Gegenwart erhalten.“

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Ferdinand von Schirach warnt vor direkter Demokratie

Der Bestsellerautor Ferdinand von Schirach glaubt, dass die repräsentativen Demokratien zwar Nachteile haben mögen, weil ihre Entscheidungsprozesse oft kompliziert sind und der Ausgleich von Interessen teilweise mit großen Mühen verbunden ist. Der Staat wirkt manchmal träge. Dennoch gibt es für Ferdinand von Schirach keine bessere Staatsform. Er schreibt: „Dennoch funktionieren sie besser als jede andere Staatsform, die wir kennen. Ihr Fundament ist es, dass die Repräsentanten für ihr Handeln einstehen müssen, sie sind uns verantwortlich. Die meisten Politiker nehmen das ernst, das Gewissen des Abgeordneten ist noch kein leerer Begriff.“ Gar nichts hält Ferdinand von Schirach vom Politikansatz der Piratenpartei, die seiner Meinung nach im Grunde eine andere Staatsform in Deutschland einführen möchte.

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Die Liebe kann die Quelle von Freude und Euphorie sein

Die Liebe ist für Julian Baggini in ihren unterschiedlichsten Formen von größter Bedeutung für die Menschen und macht das Leben erst lebenswert. Dennoch findet sich in den Werken der großen Philosophen nur wenig über die Liebe. Wichtige zeitgenössische Philosophen wie zum Beispiel Raimond Gaita und Martha Nussbaum philosophieren über die Liebe anhand der Literatur. Laut Julian Baggini gründet sogar der Wunsch, Gutes zu tun, nicht in der Vernunft, sondern in den verschiedenen Formen der Liebe. Er zählt dazu die Liebe zu einem Partner, die Liebe zur Familien oder die Liebe zu den Mitmenschen ganz allgemein.

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