Thea Dorn plädiert in ihrem neuen Buch „deutsch, nicht dumpf“ dafür, die Themen Heimat, Leitkultur und Nation nicht den Rechten zu überlassen. Und sie klärt ihre Leser darüber auf, ob sie ihr Land lieben und es sogar Heimat nennen dürfen. Die Autorin wendet sich den politischen Schicksalsfragen Deutschlands zu und will wissen, ob die Rede von Heimat und Verwurzelung oder gar Patriotismus ein rückwärtsgewandtes, engstirniges Denken befördert, das über kurz oder lang zu neuem Chauvinismus, Rassismus und Nationalismus führen wird. Oder ist es nicht eher so, dass das Beharren auf den eigenen kulturellen, historisch gewachsenen Besonderheiten in Zeiten von Migration, Globalisierung und Technokratisierung nicht Grundbedingung dafür ist, jene weltoffene Liberalität und Zivilität zu wahren, zu der das heutige Deutschland inzwischen längst gefunden hat. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.
Kulturen unterliegen einem stetigen Wandel
Gegliedert hat Thea Dorn ihr Buch in acht Kapitel: Deutsche Kultur, Leitkultur, Identität, Heimat, Europa, Weltbürgertum, Die deutsche Nation und Patriotismus. Dabei geht es ihr immer um konstruktive Auseinandersetzung mit den umkämpften Begriffen, die so dringend gebraucht wird, aber erst wieder geführt werden kann, wenn man sich Klarheit darüber verschafft, was man konkret meint, wenn man Reizworte wie „deutsche Kultur“ oder gar „deutsche Leitkultur“ verwendet: „Ernsthaft miteinander ringen können wir nur, wenn wir erkennen, worum es bei den aktuellen Reizthemen dem Kern nach geht.“
Thea Dorn ist eine Gegnerin sämtlicher Versuche, auf einer halben Zeitungsseite oder in einem Zwei-Minuten-Statement erklären zu wollen, was deutsche Kultur ist. Die öffentliche Crux beginnt jedoch in dem Moment, in dem dies abgehackte, zwangsläufig oberflächliche Gestammel alles ist, was die Medien noch für druck- oder sendbar halten. Thea Dorn weist darauf hin, dass sich Kulturen selbstverständlich verändern und will auf Folgendes hinaus: „In der Tat wäre es absurd zu verlangen oder lediglich zu behaupten, dass Kulturen ihren Wandel stets aus sich selbst heraus vollbringen müssten. Auch für Kulturen gilt: Inzest ist der sicherste Weg zur Degeneration.“
Die Deutschen sollten kritische und aufgeklärte Patrioten sein
Die Überschrift des 8. Kapitels lautet: „Patriotismus – warum wir ihn brauchen“. Thea Dorn zitiert darin den Historiker Fritz Stern, der erklärte: „Ein nationales Bewusstsein ist von fundamentaler Bedeutung für eine Gesellschaft. Dieses Nationalgefühl darf man den Rechtsradikalen nicht überlassen.“ Und er war felsenfest davon überzeugt, dass 1989 der strahlendste Moment in Europas dunkelstem Jahrhundert war. Deutschland bekam das Glück der zweiten Chance. Dieses dürfen die Deutschen nicht verspielen.
Das sind die Deutschen sich selbst, ihrer Zukunft, ihrer Vergangenheit und all denen, und all denen, denen sie schlimmstes Unrecht angetan haben, schuldig. In diesem Sinne fordert Thea Dorn: „Lasst uns Patrioten sein! Kritische, wache und aufgeklärte Patrioten! Werden die Deutschen noch kritischer, wacher und aufgeklärter, dürfen sie sich auch an das erinnern, was Johann Gottfried Herder in seinen „Briefen zu[r] Beförderung der Humanität“ vor über zweihundert Jahren den Deutschen ans Herz gelegt hat: „Nicht zu grübeln hast du über dein Vaterland: denn du warest nicht sein Schöpfer; aber mithelfen musst du ihm, wo und wie du kannst, ermuntern, retten, bessern, und wenn die die Gans des Kapitoliums wärest.“
Deutsch, nicht dumpf
Ein Leitfaden für aufgeklärte Patrioten
Thea Dorn
Verlag: Knaus
Gebundene Ausgabe: 334 Seiten, Auflage: 2018
ISBN: 978-3-8135-0810-9, 24,00 Euro
Von Hans Klumbies