In den globalisierten Gesellschaften der Moderne setzt sich die Digitalisierung in allen Bereichen und Branchen immer mehr durch. Viele Menschen schauen mit frohen Hoffnungen auf diese Entwicklung, aber es gibt auch nicht wenige, die davor Angst haben und sich fürchten. Inzwischen erkennen alle Volkswirtschaften die Digitalisierung als gewaltige Macht an. Für den Philosophen Richard David Precht lautet eine der aktuellen Fragen nicht: „Wie werden wir leben? Sondern: Wie wollen wir leben?“ Heute gleiten viele Menschen durch Zeit und Raum, befreien sich von harter und langweiliger Arbeit, basteln sich virtuelle Welten, überwinden Krankheiten und werden irgendwann uralt, vielleicht sogar fast unsterblich. Heute am Anfang der vierten industriellen Revolution werden nahezu alle Lebensbereiche des Menschen umgewälzt. Der Philosoph, Publizist und Bestsellerautor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.
Die Geschwindigkeit des Informationsaustausches nimmt ständig zu
Diese Umwälzungen werden vergleichbar sein mit der ersten und zweiten industriellen Revolution. Die erste verwandelt im 18. und 19. Jahrhundert Agrar- in Industriestaaten, die zweite schuf anfangs des 20. Jahrhunderts die moderne Konsumgesellschaft. Beide Revolutionen wirkten sich langfristig segensreich für sehr viele Menschen aus und legten die Grundlagen für den Erfolg der bürgerlichen Gesellschaft und die spätere soziale Marktwirtschaft. Doch auf dem Weg dorthin gab es Kollateralschäden unvorhergesehener und unkontrollierter Umbrüche.
Einzig die dritte, die mikroelektronische Revolution der Siebziger- und Achtzigerjahre, ging vergleichsweise glimpflich über die Bühne. Richard David Precht vermutet: „Doch die vierte wird, so viel scheint gewiss, erheblich größere Ausschläge auf der Richterskala verzeichnen. Denn nicht nur die Produktionsmaschinen ändern sich diesmal, sondern vor allem die Informationsmaschinen.“ Die Geschwindigkeit, in der jetzt und in Zukunft Informationen ausgetauscht und vernetzt werden, ist einzigartig in der Geschichte der Menschheit.
Alles wird dem Effizienzdenken untergeordnet
Die Speicherkapazität von Computerchips hat sich in den letzten zehn Jahren vertausendfacht und wird in den nächsten Jahrzehnten weiter explodieren. Jeder Bereich des Wirtschaftens wird gegenwärtig digitalisiert, von der Beschaffung der Rohstoffe über die Produktion, das Marketing, den Vertrieb, die Logistik bis hin zum Service. Neue Wirtschaftszweige ersetzen alte Domänen. Die Dynamik der vielen neuen Geschäftsmodelle ist disruptiv – das Zauberwort der digitalen Revolution. Statt alte Technologie und altbewährte Serviceleistungen Schritt für Schritt zu verbessern, werden sie schlichtweg ersetzt.
All diese Entwicklungen unterliegen keinem naturgesetzlichen Fortschritt, sondern einer bestimmten Art zu denken und zu wirtschaften: dem Effizienzdenken! Richard David Precht weiß: „Dass Menschen bei allem, was sie herstellen, stets das Ziel verfolgen, ihr Geld zu vermehren, ist keineswegs Teil ihrer biologischen Natur. Zur Leitkultur wird das Kosten-Nutzen-Kalkül erst unter den italienischen Kaufleuten im 14. und 15. Jahrhundert. Noch das Mittelalter kannte das statische System der Zünfte, feste Preise und Preisabsprachen und einen starken Vorbehalt gegen Dynamik, Wandel und Fortschritt. Quelle: „Jäger, Hirten, Kritiker“ von Richard David Precht
Von Hans Klumbies