Sprachliche Einrahmungen sind normal

Die Wortwahl der Alternative für Deutschland (AfD) erfüllt zwei Funktionen. Erstens sendet sie Signale an die rechtsradikalen Wähler. Zweitens verharmlost sie die Radikalität gegenüber der Mehrheitsgesellschaft. Die Horden auf den Straßen von Chemnitz richteten sich bewusst gegen die soziale Erwünschtheit. Rechtsradikale Politiker loten die Grenzen des Sagbaren immer wieder aufs Neue aus. Philipp Hübl ergänzt: „Politiker haben zu allen Zeiten ihre Programme in wirksame Worte verpackt. Vor allem in moralisch umstrittenen Fragen ist die sprachliche Fassung entscheidend.“ Deshalb nannte das US-Militär seinen Einsatz in Afghanistan „Operation dauerhafte Freiheit“ und nicht „Angriffskrieg“. Ein typisches Beispiel für eine sprachliche Einrahmung im Alltag ist der Euphemismus „Lebenskünstler“ für „Arbeitsloser“. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

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Verunglimpfungen funktionieren oft über Ekel

In den USA sind Reinheitsthemen im rechten Lager schon lange verbreitet. Der Anführer der amerikanischen Alt-Right-Bewegung, Richard Spencer, träumt von einer „Erneuerung“ des weißen Volkes durch „Wiedergeburt“. Und die bibeltreuen Christen halten Homosexualität für eine moralische Verunreinigung und die Homo-Ehe für das Werk Satans. Philipp Hübl erklärt: „Vor allem Verunglimpfungen, also abfällige Bezeichnungen für Fremde und Minderheiten, funktionieren oft über Ekel.“ Durch den erscheint deren Aussehen, Essgewohnheiten und Sitten als abstoßend. Vergleiche mit Tieren, Essen oder Exkrementen sind ebenfalls weit verbreitet. Ein Ausdruck wie „Krauts“ oder „Kartoffeln“ für Deutsche erscheint im internationalen Vergleich da fast wie ein Kosename. Der Ausdruck „links-grün versifft“ leitet sich übrigens von der Geschlechtskrankheit Syphilis ab. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

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Populisten glauben nicht an ihre eigene Rhetorik

Woran kann man populistische Parteien erkennen? Der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller antwortet: „Linke und rechte Politiker verwandeln sich in Populisten, wenn sie behaupten, das wahre, echte und einzige Volk zu repräsentieren.“ Diese Aussage enthält drei Teilaspekte. Erstens die Idee einer korrupten Elite, die nicht zum wahren Volk gehört. Zweiens die Idee eines homogenen Volkswillens, den nur der Populist vertreten kann. Und drittens Antipluralismus, also die Idee einer homogenen Wählerschaft. Philipp Hübl ist da anderer Ansicht: „Bei genauer Betrachtung jedoch sind die Teilelemente der Analyse fraglich. Erstens glauben weder die Populisten an ihre eigene Rhetorik noch ihre Wähler.“ Die Alternative für Deutschland (AfD) positioniert sich beispielsweise gegen alle anderen Parteien, die über 80 Prozent der Wähler repräsentieren. Philipp Hübl ist Philosoph und Autor des Bestsellers „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (2012).

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Die Themen Heimat und Leitkultur darf man nicht den Rechten überlassen

Thea Dorn plädiert in ihrem neuen Buch „deutsch, nicht dumpf“ dafür, die Themen Heimat, Leitkultur und Nation nicht den Rechten zu überlassen. Und sie klärt ihre Leser darüber auf, ob sie ihr Land lieben und es sogar Heimat nennen dürfen. Die Autorin wendet sich den politischen Schicksalsfragen Deutschlands zu und will wissen, ob die Rede von Heimat und Verwurzelung oder gar Patriotismus ein rückwärtsgewandtes, engstirniges Denken befördert, das über kurz oder lang zu neuem Chauvinismus, Rassismus und Nationalismus führen wird. Oder ist es nicht eher so, dass das Beharren auf den eigenen kulturellen, historisch gewachsenen Besonderheiten in Zeiten von Migration, Globalisierung und Technokratisierung nicht Grundbedingung dafür ist, jene weltoffene Liberalität und Zivilität zu wahren, zu der das heutige Deutschland inzwischen längst gefunden hat. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Die Verblödung aus Bequemlichkeit ist in Deutschland weit verbreitet

Unbändiger Hass, krude Verschwörungstheorien, die Suche nach autoritären antidemokratischen Leitfiguren – dahinter verbirgt sich für Jürgen Roth vielmehr als die Angst vor den Herausforderungen der Globalisierung oder vor den Fremden: „Viele Menschen sind verunsichert, die fehlenden stabilen Beschäftigungsverhältnisse, als das führt zu Ängsten vor der Zukunft. Und die politischen Eliten haben darauf immer noch keine befriedigende Antwort gefunden.“ Doch Unsicherheit und Angst sind die Seele des Spießers, der Haltegriff für die Mentalität eines Blockwarts, die Psyche der Empfänger von Befehlen. Das ist nicht nur das Einfallstor für Argumente, sondern auch für die Gewalt. Deshalb suchen sich die Ängstlichen, also die sogenannten besorgten Bürger, die Schwächsten einer Gesellschaft als Ventil für ihre Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen aus. Jürgen Roth gilt als einer der bekanntesten Vertreter des investigativen Journalismus in Deutschland.

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