Cormac McCarthy ist der apokalyptische Reiter der Literatur

Unter Literaturkennern galt Cormac McCarthy lange Zeit als der beste unbekannte amerikanische Schriftsteller. Wenn er über seine Heimat schreibt, gebiert er im Kopf seiner Leser die phantastischen Landschaften des Westens der USA. Doch seine grandiosen Geschichten spielen stets in der Abendröte des Untergangs. Einem größeren Publikum wurde der Autor, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feiert, erst durch seine fünften Roman „All the Pretty Horses“ bekannt. Inzwischen ist Cormac McCarthy vor allem berühmt für seinen nahezu unerschöpflichen Wortschatz. Allein in seinem Roman „Suttree“ gibt es 4.567 Worte, die in keinem seiner anderen Werke vorkommen. Corman McCarthy hat den National Book Award und den Pulitzerpreis gewonnen. Dennoch verweigert sich der inzwischen berühmte Autor der Öffentlichkeit. In seinem ganzen Leben hat er nur drei Interviews gegeben, eines davon als TV-Auftritt in der Show von Oprah Winfrey.

Der Schriftsteller Cormac McCarthy ist ein einsamer Steppenwolf

Diese Flucht vor der Publicity hat mit seinem Schreiben zu tun: er kommuniziert mit seinen Lesern nur über seine Bücher, denn das spiegelt seine Auffassung von Literatur wieder. In seinen Werken ist er ein Loner, ein einsamer Steppenwolf, der sich dem gesellschaftlichen Fortschritt verweigert. Seine frühen Bücher sind schwer lesbar, was seinem pessimistischen Individualismus entspringt. Cormac McCarthy pflegt ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Autoritäten, dem ein Formprinzip seiner Literatur zugrunde liegt, das einen archimedischen Punkt des Erzählens für unglaubwürdig hält.

Polyphon und vielfach gebrochen sind die Romane von Cormac McCarthy. Sie gleichen einem nomadischen Trip durch die Wüste, seine Erzählerstimme fungiert als Demiurg einer Welt, die von der Vollkommenheit Lichtjahre weit entfernt ist. Er ist in seinen Romanen ein Weltenlenker, der keine Spur von Optimismus an sich trägt. Corman McCarthy erklärt: „Bücher werden aus Büchern gemacht. Wenn Schreiben mit dem Leben zu tun hätte, wäre jeder Schriftsteller.“

In der Romanwelt eines Cormac McCarthy gibt es keine Erlösung

Zu den bedeutendsten Büchern von Cormac McCarthy zählen zweifellos „Suttree“ und „Blood Meridian“. „Suttree“ ist ein autobiographischer Roman, ein Porträt eines jungen Künstlers als junger Herumtreiber, an dem der Autor rund zwanzig Jahre geschrieben hat. Die Epik von Corman McCarthy gleicht einem Sengstrahl aus Eis. Seine Landschaftsschilderungen sind geradezu von einer archaischen Wucht. Literaturkritiker haben die Sprache des Schriftstellers mit den Psalmen eines Wanderpredigers des Grauens verglichen.

 Zu den bekanntesten Romanen von Cormac McCarthy, die verfilmt worden sind, zählt „No Country for Old Men“. Er beschreibt in einer großen Allegorie die Ohnmacht des Guten gegenüber dem Bösen. Unvergessen aber wird seine Feier einer unverfügbaren Natur bleiben, die nicht mehr als Fläche zur Nutzung geeignet ist, sondern in eine Vision der Endzeit übergeht. Am Ende wartet wie immer der Tod, denn in der Welt eines Cormac McCarthy gibt es keine Erlösung.  

Von Hans Klumbies