Für Martin Suter sagt ein Wort mehr als 1.000 Bilder

Für Martin Suter ist die Literatur ein Destillat des Lebens. Der Schweizer ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller. Sein aktueller Roman „Der Koch“ sprang sofort auf Platz eins diverser Bestsellerlisten. Im Januar kommt sein neues Buch „Allmen und die Libellen“ in die Buchhandlungen. Am 16. Dezember 2010, kommt die Verfilmung von „Small World“, seines ersten Romans, in die Kinos. Anfang des Monats fand die Premiere seines Singspiels „Geri“ in Zürich statt. Martin Suter schreibt deswegen so viel, weil er nicht gerne Dinge tut, die ihm schwer fallen. Das Schreiben fällt ihm nicht schwer.

Martin Suter: „Geschichten brauchen Spannung“

Romane zu schreiben bedeutet für Martin Suter immer bis zu einem gewissen Grad, ein Thema zu romantisieren. Er sagt: „Ich habe mir bei „Small World sogar geleistet, die Geschichte mit einem sehr unwahrscheinlichen Happy End aufhören zu lassen. Obwohl die Bücher von Martin Suter als ausgesprochen filmisch gelten, zählt er sich nicht zu denjenigen Menschen, die glauben, ein Bild sage mehr als tausende Worte. Im Gegenteil: Ein Wort sagt für ihn manchmal mehr als tausend Bilder.

In seinen Büchern verfolgt Martin Suter stets dasselbe Prinzip – er schreibt so, wie er gerne liest. Er erläutert: „Und für mich heißt das, dass Sprache, Stimmung und Figuren nicht immer reichen, um das Interesse wach zu halten. Es braucht immer auch ein wenig Spannung.“ Am Anfang eines Romans stellt sich der Autor immer die Frage: „Was wäre wenn?“ Mit der Antwort überrascht oder bestätigt er seine Leser. Seit seiner Kindheit funktionieren so für ihn Geschichten.

Martin Suters Bücher sind eine Hommage an verschiedene Erzählgattungen

Bei seinem aktuellen Roman „Der Koch“ stellte sich Martin Suter die Frage, was wäre, wenn ein Mensch eine Kunst beherrschen würde, mit der er seine Mitmenschen beeinflussen kann, und diese Fähigkeit von anderen für ihre Zwecke missbraucht würde. Schreiben heißt für Martin Suter auch, etwas auf seine Essenz zu reduzieren. Wie beim Kochen geht es darum, die Ausgangsstoffe so zu verwandeln, dass die den Leser beziehungsweise den Esser überraschen.

Martin Suter erzählt, dass jedes seiner Bücher eine Hommage an eine bestimmte Erzählgattung ist. Er zählt auf: Die Geschichte „Small World“ ist ein Zeitreiseabenteuer im Kopf. „Die dunkle Seite des Mondes“ eine Robinsonade im Naherholungsgebiet. „Ein perfekter Freund“ ein Detektivroman, in welchem der Detektiv sich selbst nachschnüffelt. „Lila, lila“ ist eine Hochstaplerromanze, „Der Teufel von Mailand“ ein Schauerroman.“

E.T.A. Hoffmann ist für Martin Suter der Hitchcock der Romantik

Literaturkritiker bezeichnen den Sprachstil von Martin Suter gerne als schlank und präzise. Er liebt das Reduzieren, obwohl es seiner Meinung nach viel mehr Arbeit macht als das Ausschweifen. Er möchte Gefühle weniger beschreiben, denn sie auszulösen. Er fragt sich immer, was es ist, das einen Raum, eine Stimmung oder eine Figur ausmacht. Er ist regelmäßig auf der Suche nach dem Typischen an Personen und Orten. Für den Leser ist das ein Widererkennungsmerkmal.

Vorbilder in der Literaturgeschichte hat Martin Suter keine, dennoch gibt es einige Schriftsteller früherer Epochen, die ihn sehr beeindruckt haben. Schon als Teenager hat ihn beispielsweise E.T.A. Hoffmann fasziniert, vor allem „Die Elixiere des Teufels“. Martin Suter erklärt: „Er ist für mich der Hitchcock der Romantik. Dort habe ich das entdeckt, dieses Spiel mit der Erwartung und Überraschung, den Zusammenhang von Dramaturgie und Sprache.“

Von Hans Klumbies