Couragierte Menschen schreiten gegen Willkür ein

Wenn es auch keine eindeutigen und objektiven Kriterien gibt, warum Menschen Zivilcourage zeigen, ist es doch möglich, Hinweise zu finden. Klaus-Peter Hufer stellt fest: „Diese ergeben sich aus den Lebensgeschichten und Handlungen derer, die in beeindruckender Weise sozialen Mut zeigen.“ Die Verdienste dieser Menschen liegen zweifelsohne in ihrem couragierten Verhalten. Bei Not greifen sie selbstlos ein und schreiten gegen Unterdrückung, Willkür und Diktatur ein. Sie sind dabei über die Grenzen ihrer eigenen Sicherheit gegangen. Dabei darf man jedoch nicht übersehen, dass es viele „stille Helden“ gab und gibt. Unzählige Menschen halfen und schützten Opfer und Bedrohte im Laufe der Geschichte. Dies geschah in allen Ländern und zu allen Zeiten. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

Bettine von Arnim wollte das Leid der Armen lindern

Ihre uneigennützigen Taten hätten es verdient, der Nachwelt überliefert zu werden, doch ihre Spuren haben sich verloren. Sie alle haben viel, oft ihr Leben riskiert oder gar eingebüßt und sind doch mehr oder weniger unbekannt geblieben. Selbstverständlich gibt es daneben Persönlichkeiten, die mit Recht ihren Platz in den Geschichtsbüchern erhalten haben. Als eines dieser Vorbilder nennt Klaus-Peter Hufer die Schriftstellerin Bettine von Arnim, die das Leid der Armen lindern wollte.

Bettine von Arnim (1785 – 1859) war eine geistreiche Frau italienischer Abstammung. Sie war Schriftstellerin und gilt als bedeutende Vertreterin der deutschen Romantik. Sie umschwärmte unter anderen Johann Wolfgang von Goethe und stand im Briefwechsel und mit persönlichem Kontakt mit ihm. Auch zu weiteren bedeutenden Philosophen und Schriftstellern ihrer Zeit hatte sie Kontakt. Das zeigt, in welchen Kreisen sie verkehrte und welche intellektuelle Bedeutung sie hatte.

Die beschleunigte Industrialisierung ging mit Verelendung einher

Verheiratet war sie mit dem Schriftsteller Achim von Arnim, mit dem sie jahrelang eine Fernbeziehung führte. Am 15. Mai 1844 veröffentlicht die Magdeburgische Zeitung folgenden Aufruf: „Bekanntlich hat die geniale Frau Bettina von Arnim den schönen und rühmlichen Beschluss befasst, dem Armenwesen in Deutschland ihre besondere Aufmerksamkeit und Tätigkeit zu widmen.“ Als am 9. Juni 1844 die Nachricht vom Weberaufstand Berlin erreicht, beschuldigt der Innenminister Bettine als Ursache des Aufstandes.

Bettine von Arnim sammelte und veröffentlichte Forschungsberichte über das Armenwesen. Eine Liste mit erschütternden Beispielen übermittelte ihr der schlesische Fabrikant Friedrich Wilhelm Schloeffel. Als dieser daraufhin verhaftet wurde, richtete Bettine von Arnim ein umfassendes und eindringliches Gnadengesuch an König Friedrich Wilhelm IV. Bettines Einsicht in die beschleunigte Industrialisierung, die mit Verarmung und Verelendung einherging, führte sie zu einer dezidierten Wirtschafts- und Gesellschaftskritik. Zustimmend zitiert sie antikapitalistische Positionen; sie trifft auch Karl Marx. Quelle: „Zivilcourage“ von Klaus-Peter Hufer

Von Hans Klumbies