Menschen müssen in Sicherheit leben können

Beim zivilcouragierten Handeln geht es um die Beibehaltung einer Zivilgesellschaft. Zudem geht es um die Verteidigung der Menschenrechte, um die Bewahrung der Demokratie und um den Schutz von Opfern durch Diskriminierung. Klaus-Peter Hufer ist besorgt: „Beides ist gefährdet, im Alltag, in der Gesellschaft und in der Politik – und durch diese. Menschen müssen in Würde, Sicherheit und Freiheit leben können – dafür muss immer gesorgt werden, muss wachsam hingeschaut und entschieden gehandelt werden.“ Die Probleme beginnen bei individuellen Beleidigungen und setzen sich fort über Mobbing beim Arbeitsplatz. Des Weiteren kommt es zu öffentlichen Pöbeleien und Behinderungen von beispielsweise Rettungskräften bei ihren Einsätzen. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

Die Verrohung der Gesellschaft greift um sich

Ebenso schlimm sind die Hasskommentare auf Facebook beziehungsweise in den anderen Filterblasen im Netz. Immer wieder kommt es auch zu körperlichen Attacken oder handfester Gewalt auf der Straße. Ständig gibt es Opfer, die hilflos, wehrlos und unterlegen sind. Im Alltag gibt es da viel zu tun. Es braucht eine Tugend wie Anstand als ein Motiv für mutiges, couragiertes und soziales Handeln. Der Deutsche Beamtenbund beklagt „eine um sich greifende Verrohung der Gesellschaft“, spricht sogar von deren „Brutalisierung“.

Die Sorge der Vertreter des Bundes gilt Beamten und öffentlichen Bediensteten. Klaus-Peter Hufer kennt die Zahlen: „Fast 90 Prozent seien schon einmal beleidigt, knapp 20 Prozent sogar geschlagen worden. In einer repräsentativen Umfrage berichtete „[mehr] als ein Viertel der Befragten […] von Übergriffen, die sie miterlebt hätten.“ In den meisten Fällen waren Polizisten (73 Prozent) betroffen, gefolgt von Rettungskräften und Notärzten (58 Prozent sowie Bus- und Bahnfahrern (42 Prozent).

In Deutschland gibt es gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Eine Forschergruppe der Universität Bielefeld hat bei den Einstellungen der Menschen in Deutschland ein „Syndrom Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ festgestellt. Im Zentrum steht dabei „die Ideologie der Ungleichwertigkeit beziehungsweise einer Überzeugung, einige Gruppen seien minderwertiger als andere. Für den Zeitraum 2018/19 hat die Forschergruppe 13 Elemente des Syndroms Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit festgestellt. Dazu zählen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit sowie die Abwertung von Sinti und Roma. Daneben werten die Deutschen asylsuchende Menschen und homosexuelle Menschen ab. Sie mögen keine Trans-Menschen, wohnungslose Personen, Langzeitarbeitslose, Behinderte und Etabliertenvorrechte.

Klaus-Peter Hufer erklärt: „Die einzelnen Facetten der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit korrelieren miteinander, das heißt, sie entsprechen sich wechselseitig. Immer noch sieht man in solchen Einstellungen einen Ausdruck des „gesunden Volksempfindens“.“ Dieser von den Nazis gebrauchte Begriff als Meinung des Rechtsempfindens des „Volkes“ ist weiterhin geläufig. Der Ausdruck ist eine beschönigende Verharmlosung, die aggressive Verharmlosung und rigide Diskriminierung von ganzen Menschengruppen bagatellisiert. Denn damit verbunden ist immer ein Potenzial an Gewalt – letztlich auch physischer Gewalt. Quelle: „Zivilcourage“ von Klaus-Peter Hufer

Von Hans Klumbies