Um 387/385 gründete Platon im Hain des Heros Hekademos am Stadtrand von Athen eine Institution, die zur Mutter aller Forschungs- und Lehreinrichtungen der folgenden Jahrtausende wurde: die Akademie. Bernd Roeck weiß: „Platon hat hier mit seiner „Politeia“ ein ideales Gemeinwesen entworfen, das nicht zuletzt, wie später die „Utopia“ Thomas Mores, ein Gegenbild zum realen Staat bot.“ Die Atmosphäre in der Akademie muss weltoffen und tolerant gewesen sein. Platon duldete abweichende Meinungen, so die seines nachmals berühmtesten Schülers Aristoteles. Kritischer Diskurs, ob im Schatten der Bäume im Freien oder in einem Vortragssaal unter den Statuen der neun Musen, war wohl alltäglich. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.
Die Welt erschien als matter Abglanz vom Licht gleißender Ideen
In der Tradition der Pythagoreer erhob die Akademie die Mathematik zur Königsdisziplin. Ihr Aufstieg zu einer Leitwissenschaft der Renaissance hatte hier ihren Grund, wenngleich die pythagoreisch-platonische Mathematik noch nicht auf die Erkenntnis von Naturgesetzen zielte. Mit ihren widerspruchsfreien Wahrheiten schien sie Zugang zur einzigen idealen Welt, die der menschliche Geist betreten kann, zu bieten. Die Geometrie, so heißt es in Platons „Staat“, ist „Erkenntnis des ewig Seienden“.
Die Dinge der materiellen Welt hingegen erschienen als matter Abglanz vom Licht gleißender Ideen. Bernd Roeck erläutert: „In dem oft zitierten Gleichnis zeigt sich den Menschen die Realität allein als Schattenspiel auf der Wand einer Höhle, in der sie, die Rücken zum Eingang, gefesselt liegen: So halten sie, gebunden im Dämmer, allein diese huschenden Schatten für wirklich.“ Der Dialog „Timaios“ blieb bis in die Renaissance die wichtigste Quelle für Platons Denken. Aus ihm schöpfte noch die christliche Philosophie Vorstellungen von Gott, der Seele und dem Universum.
Platon glaubte an eine unsterbliche Weltseele
Bischof Otto von Freising (um 1112 – 1158) rühmte Platons Kosmologie als derart lichtvoll und weise, dass man glauben könne, der Grieche sei schon in christlichen Lehren unterwiesen worden. Die Welt entstand mit Platon aus einem immer schon vorhandenen Urstoff durch das Wirken eines ebenfalls ewigen göttlichen Demiurgen. Platon glaubte, das Universum sei ein lebendiges Wesen und von einer selbstbewegten, ursachenlosen und unsterblichen „Weltseele“ durchdrungen. Sie vermittle zwischen Geist und Sinnen, Sein und Werden und treibe die Planeten, selbst göttliche Wesen, zu immerwährender Kreisbewegung.
Der Kosmos forme sie zu einem gemäß geometrischen Prinzipien geordneten, deshalb mit Hilfe der Geometrie erfassbaren Ganzen. Platon gab ihm die Form eines zwölf Flächen aufweisenden Gebildes, des Dodekaeders. Diese Spekulation, Thema schon der Vorsokratiker, bot noch einer Frühschrift Johannes Keplers die Grundlage. Nach Platon belebt die individuelle Seele des Menschen, der Weltseele wesensgleich und unsterblich wie sie, den sterblichen Leib und bildet das Wesen jedes und jeder Einzelnen in Gestalt von Verstand, Willen und Begierde. Quelle: „Der Morgen der Welt“ von Bernd Roeck
Von Hans Klumbies