Der Kulturkonsument ist kein Allesfresser

Die Grenze zwischen Hochkultur und Populärkultur löst sich zukünftig auf. Die traditionelle Hochkultur hat für die neue Akademikerklasse ihren privilegierten Status als Ausdruck des legitimen Geschmacks verloren. Andreas Reckwitz nennt als Beispiele die klassische Musik, die Literatur und die bildende Kunst. Vielmehr greift man nun vorurteilslos auch auf vormals eindeutig als populärkulturell qualifizierte Quellen zurück. Andreas Reckwitz nennt Beispiele: „Man besucht Pop-Konzerte, schaut Hollywood-Blockbuster oder begeistert sich im Fußballstadion.“ Der amerikanische Soziologe Richard Peterson hat daraus den Schluss gezogen, dass der postmoderne Kulturkonsument zu einem „Allesfresser“ geworden ist. Dabei geht es hier nicht um eine wie auch immer entstandene Geschmacksdifferenz. Denn nun ist potenziell alles geeignet, zur Entfaltung eines nach Authentizität und Selbstverwirklichung strebenden Lebensstils beizutragen. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Johann Gottfried Herder prägte die europäische Ideengeschichte

Terry Eagleton ist davon überzeugt, dass der deutsche Philosoph Johann Gottfried Herder ein Autor war, dessen Bedeutung für die Ideengeschichte kaum zu überschätzen ist: „Er war einer der erste historistischen Denker mit einem wachen Sinn für die geschichtliche Bedingtheit von Kulturen, Texten, Ereignissen und Individuen. Man hat diesen Ansatz als eine der großen intellektuellen Umwälzungen des europäischen Denkens bezeichnet.“ Darüber hinaus wurde er als Vater des modernen Nationalismus gepriesen und sogar gerühmt, den Begriff der Kultur als umfassende Lebensweise in das europäische Denken eingeführt zu haben. Und als ob das noch nicht alles eindrucksvoll genug wäre, war Johann Gottfried Herder auch einer der Begründer der modernen Literaturtheorie sowie einer der ersten Denker, der die Bedeutung der Populärkultur für das soziale Leben erkannte. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Kultur kann auch eine Form des Widerstands sein

Intelligenz ist kein Kriterium für die Beurteilung kultureller Praktiken. Weder ist es intelligent, Bacardi zu trinken, noch besonders dumm, ein Flamenco-Tänzer zu sein. Anders sieht es bei der Ideologie aus. Terry Eagleton erläutert: „Obwohl sie in weiten Teilen plausibel, komplex und theoretisch anspruchsvoll sein kann, macht sich ihre Gegenwart häufig in einem plötzlichen und unerklärlichen Rückgang des intellektuellen Niveaus bemerkbar.“ Das ist der Fall, wenn gescheite, weltkluge Menschen plötzlich mit Äußerungen aufwarten wie „Wer Arbeit will, findet auch welche“ oder „2025 wird es in Großbritannien mehr Muslime als Nicht-Muslime geben“. Man spürt, dass hier Kräfte am Werk sind, die die Vernunft zum Schweigen bringen. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Keine menschliche Existenz verläuft ohne Sinnkrisen

Das aktuelle Philosophie Magazin 02/2015 beschäftigt sich in seinem Titelthema mit der Frage: „Machen uns Krisen stärker?“ Krisen sind immer Wendepunkte im Leben eines Menschen. Das Philosophie Magazin beantwortet die Frage, woran es sich entscheidet, ob ein Individuum an ihnen zerbricht oder wächst. Friedrich Nietzsche behauptet: „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.“ Seiner Meinung nach besteht jede existenzbedrohende Krise aus einem Konflikt zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Chefredakteur Wolfram Eilenberger erläutert, wie man existentielle Krisen nicht nur überleben, sondern sogar für sich nutzen kann. Ariadne von Schirach dagegen betrachtet den Menschen als ewiges Mangelwesen und meint: und das ist gut so. In einem Dialog suchen der Kulturtheoretiker Thomas Macho und der Autor und Fernsehmann Roger Willemsen nach dem Gleichgewicht zwischen einer beschädigten Existenz und der Liebe zur Welt.

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Alexander Emmerich erläutert das Selbstverständnis der USA

Die amerikanische Nationalhymne wurde im Jahr 1814 von Francis Scott Key während des Zweiten Unabhängigkeitskrieges gegen Großbritannien verfasst. Francis Scott Key gab darin dem Selbstverständnis der Vereinigten Staaten von Amerika als freies und demokratisches Land deutlich Ausdruck. Laut Alexander Emmerich im unausgesprochenen Gegensatz zum monarchistischen England und den übrigen europäischen Staaten. Die politischen und gesellschaftlichen Fundamente Amerikas unterscheiden sich grundsätzlich von allen anderen Nationen. Alexander Emmerich erklärt: „Sie entstanden aus einem politisch-religiösen Gründungsakt, der Glauben und Vernunft, Puritanismus und Aufklärung miteinander verband. Mehr noch, die USA wurde bewusst gegen das Grundprinzip der Alten Welt, gegen die Legitimierung durch Tradition und Geschichte sowie gegen die historische Legitimität europäischer Herrschaft gegründet.“ Der Historiker Alexander Emmerich lehrt an der Universität Augsburg am Lehrstuhl für transatlantische Kulturgeschichte.

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