Bestimmte Wahrheiten gelten überall

Es gibt scheinbar Wahrheiten, die gelten für jedermann überall. Das haben Philosophen schon früh festgestellt. Peter Trawny blickt zurück: „So jemand wie Platon hat davon gesprochen, dass es „Ideen“ gebe, die uns die Wahrnehmung und Erkenntnis von konkreten Dingen und Tatsachen ermöglichen.“ Menschen müssen schon wissen, was schön ist, bevor sie etwas als schön bezeichnen können. Dabei geht es nicht darum, ob das jeweils Besondere, das ein Mensch für schön hält, ebenso von einer anderen Person für schön gehalten wird. Es geht vielmehr darum, dass jeder Mensch Schönheit kennt –, was immer er im Einzelnen schön findet. Aus diesen scheinbar universellen Wahrheiten hat man dann auch in moralischer und politischer Hinsicht Konsequenzen gezogen. Peter Trawny gründete 2012 das Matin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, dessen Leitung er seitdem innehat.

Vor dem Recht sind alle Menschen gleich

Offenbar kenne jeder Mensch, wer immer er sei, wo immer er lebe, doch das Gute. Es könne ja keinen Zweifel geben, dass Menschen sich in ihrem Handeln an Werten orientieren. Überall und immer fällen Menschen Entscheidungen, in die andere Menschen verstrickt sind. Und denen wollen sie nichts Böses. Da es also so etwas gibt wie das Gute, müsste es doch möglich sein, für jeden überall und immer geltende moralische und politische Werte oder auch Regeln zu formulieren.

Demnach muss es so etwas wie eine Wahrheit im gemeinsamen Handeln geben. Nämlich eine Wahrheit, die sich womöglich sogar in den Rechten der Menschenrechte ausdrücken lässt: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Gleichgültig welches Geschlecht man hat, welcher Klasse man angehört, aus welchem Land man kommt, welche Hautfarbe man hat – vor dem Recht sind alle Menschen gleich. Wer wollte dem widersprechen?

Menschen können nicht allwissend oder allmächtig sein

Peter Trawny stellt fest: „Deutlich jedenfalls ist, dass viele sich nicht darum kümmern.“ So theoretisch überzeugend die Idee von der Gleichheit der Würde aller Menschen ist: Die Wirklichkeit zeigt eine andere Welt. Aber das ist noch kein Argument. Dass die konkrete Menschheit hinter dem Guten zurückbleibt, entscheidet nichts gegen das Prinzip. Die alltägliche Ignoranz sagt nichts gegen die Geltung des Guten oder der Menschenrechte. Hannah Arendt sagt, dass es eine „absolute Wahrheit, die für alle Menschen gleich wäre, für uns Sterbliche nicht geben könne.“

Auffällig ist, dass Hannah Arendt den Menschen als „Sterblichen“ bezeichnet. Diese im antiken Griechenland besonders bei den Dichtern übliche Charakterisierung bezieht sich auf den Tod als das Kriterium, dass Menschen ganz grundsätzlich von unsterblichen Göttern unterscheidet. Von diesem Unterschied strahlen andere Differenzen aus. Da die Menschen endlich sind, im Vergleich zu den Göttern nur Eintagswesen, können sie auch nicht wie sie allwissend oder allmächtig sein. Quelle: „Krise der Wahrheit“ von Peter Trawny

Von Hans Klumbies