Es gibt Genies in allen Lebensbereichen

Der Psychologe Frederic Myers beschäftigte sich sein ganzes Leben lang mit Genie und Kreativität. Genie, so Frederic Myers, sei die Fähigkeit, sich das unterschwellige – unbewusste – Denken in stärkerem Maße zunutze zu machen, als es die meisten Menschen täten oder könnten. Seinen Worten zufolge beruht die geniale Eingebung wie auch die Inspiration für kreative Durchbrüche darauf, dass eine Flutwelle unterschwelliger Ideen in den von der betreffenden Person absichtlich gelenkten Ideenstrom einschießt. John Bargh fügt hinzu: „Brillante Einfälle entstehen dann, wen man die unbewussten Geisteskräfte stärker nutzt als die meisten Menschen.“ Es gibt Genies in allen Lebensbereichen, nicht nur in der Wissenschaft und der Literatur. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

Konventionen veralten wegen eines Menschen

Zu den Genies gehören beispielsweise auch Erfinder wie Thomas Edison und Steve Jobs oder Songwriter und Musiker wie Bob Dylan. Als dieser 2016 den Literaturnobelpreis für seine Texte bekam, verglich die schwedische Akademie sie wohlwollend mit den Werken der alten griechischen Dichter Homer und Sappho. Bob Dylan schien sich jedoch häufig nicht darüber im Klaren zu sein, woher diese Texte kamen und was sie bedeuteten. Als man ihn nach seiner Reaktion auf den Nobelpreis befragte, antwortete er, dass er sich nicht berufen fühle, seine Texte zu erklären.

Auch in der Welt des Sports wimmelt es von Genies. Hin und wieder gibt es einen Sportler, der „das Spiel verändert“, weil er so durchgängig anders und kreativ ist. Festgefügte, etablierte Spielformen können ihm keine Grenzen mehr setzen. Konventionen veralten nur wegen dieses einen Menschen. John Bargh kennt keinen Sportler, der dieses „andere Spiel“ so gut zu beherrschen schien wie der Basketballstar der Chicago Bulls, Michael Jordan.

Das Gehirn verbraucht 20 Prozent der Energie eines Menschen

Wenn der Geist nicht mit der Gegenwart beschäftigt ist, neigt er dazu, sich auf die Zukunft zu konzentrieren. Er arbeitet dann an Zielen und simuliert unterschiedliche Lösungen. Denken ist „kostspielig“, wenn man berücksichtigt, wie viel Energie dazu erforderlich ist. Das Gehirn macht im Durchschnitt zwei Prozent des gesamten Körpergewichts eines Menschen aus, verbraucht jedoch ungefähr 20 Prozent der im Wachzustand verausgabten Energie. Der Geist eines Menschen arbeitet in seinen Auszeiten an wichtigen Zielen und aktuellen Interessen und schickt die Ergebnisse an das Bewusstsein.

Dies macht der Geist vor allem dann, wenn sich Lösungen einstellen. Wie beispielsweise in den gelegentlich auftretenden spektakulären Träumen, in denen sehr viel intensives und kostspieliges bewusstes Denken den Höhepunkt erreicht. Manchmal greift der Geist allerdings ein bisschen zu eifrig auf diese Auszeiten zu. Etwa wenn man etwas für eine Prüfung lernt, was einen nicht sonderlich interessiert. Dann „schweift man ab“ und ertappt sich dabei, dass man auf eine Seite starrt, ohne wirklich zu lesen, was dort steht. Man denkt dann über ganz andere Dinge nach. Quelle: „Vor dem Denken“ von John Bargh

Von Hans Klumbies