Platon hat die Kultur Europas geprägt wie kein zweiter

Platon ist wahrscheinlich der folgenreichste Denker der Geschichte der Menschheit. Er hat die abendländische Zivilisation und die Kultur Europas geprägt wie kein zweiter. In seinem neuen Buch „Platon und die Folgen“ beschreibt Christoph Quarch Platon als einen kostbaren Gesprächspartner für alle, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts nach einem neuen geistigen Paradigma Ausschau halten. Seine Tugendethik weist einen Ausweg aus dem postmodernen Relativismus der Werte. Seine politische Philosophie öffnet den Blick für ein postökonomisches globales Ethos. Seine Deutung der Natur begründet eine avancierte Ökologie und seine Ontologie feiert die Lebendigkeit als Maß alles Wahren, Guten und Schönen. Daraus erklärt sich für Christoph Quarch das erstaunliche Potential für eine Aktualisierung der platonischen Philosophie – gerade in einer Zeit gravierender geistiger Umbrüche. Der Philosoph, Theologe und Religionswissenschaftler Christoph Quarch arbeitet freiberuflich als Autor, Vortragender und Berater.

Im großen kosmischen Lebensspiel entsteht nichts Zufälliges oder Sinnloses

Die Art und Weise, wie die Menschen heute denken, fühlen, handeln, leben, wäre ohne Platon gar nicht vorstellbar. Der antike Denker hat den Geist Europas ständig inspiriert: man, indem man ihm folgte – dann wieder, indem man ihn ablehnte; selten, indem man ihn verstand – meistens, indem er missverstanden wurde. Eine Inspiration war er für die Meisterdenker der italienischen Renaissance, die seine Werke im Original studierten und sich daran nahezu berauschten.

Nach Platon müssen vier Faktoren unterschieden werden, die gemeinsam die Dynamik des großen kosmischen Lebensspiels des Seins und Werdens aller Dinge ausmachen: die begrenzende Wirklichkeit der Ideen, die blanke Möglichkeit des Grenzenlosen, das aus beiden gemischte Werden bzw. Gewordensein aller Phänomene und der dieses Werden ordnende und strukturierende Geist. Beim Spiel des Werdens entsteht nichts Zufälliges oder Sinnloses, sondern etwas Sinnvolles, Vernünftiges, Erkennbares und Stimmiges.

Die Idee des Guten steht an der Spitze der Philosophie Platons

Das Werden ist für Platon ein sinnvolles Geschehen, das Sein eine sinnvolle Lebendigkeit. Alles Werden hat seiner Meinung nach die Tendenz, harmonische Systeme auszubilden. Die Idee des Guten gilt in der Forschung als so etwas wie die Spitze der Pyramide der Philosophie Platons. Der Großdenker feiert die Idee des Guten in zweierlei Hinsicht als Ursprung: einerseits als Grund des Seins und Wesens, andererseits als Grund der Erkennbarkeit; und dies beides, sofern die Idee des Guten selbst jenseits des Wesens verortet wird.

Die ungreifbare, doch allem Leben innewohnende psyché ist kein Ding und auch kein Gegenstand. Sie besteht allein in ihrem Wirken, das jedoch allgegenwärtig ist: in der phýsis, im Werden, im Wachstum und im Leben. Immer ist sie da, und immer folgt sie ihrer Logik, deren wichtigste Regel lautet: Alles was ist, ist nur dann, was es ist, wenn es stimmig es selbst ist. Die Geschichte Platons ist noch lange nicht zu Ende. Seine Folgen sind für Christoph Quarch noch immer unabsehbar: „Absehbar ist nur, dass die Besinnung auf die sinnstiftende Dimension der heiligen Lebendigkeit des Seins einer zunehmend orientierungslos gewordenen Menschheit segenbringend sein kann.“

Platon und die Folgen
Christoph Quarch
Verlag: J. B. Metzler
Gebundene Ausgabe: 185 Seiten, Auflage: 2018
ISBN: 978-3-476-04635-2, 19,99 Euro

Von Hans Klumbies