Das demokratische System gerät unter Druck

Weltweit ist man sich heute der Tatsache bewusst, dass der Kapitalismus amerikanischer Spielart hauptsächlich den Reichen nützt. Auf der anderen Seite haben viele Menschen in den USA keinen ausreichenden Zugang zur Gesundheitsversorgung. Für die Soft Power der USA sind diese beiden Missstände sehr abträglich. Joseph Stiglitz warnt: „Diejenigen, die an die Demokratie glauben, sollte dies zutiefst beunruhigen.“ Denn es findet ein Kampf der Ideen über alternative Gesellschafts-, Politik- und Wirtschaftssysteme statt. Und es sollte viele Menschen alarmieren, dass sich weite Teile der Welt von den Vorzügen des demokratischen Systems abwenden. Glücklicherweise ist der Kapitalismus amerikanischen Stils nur eine von vielen verschiedenen Arten demokratischer Marktwirtschaften. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

Das Wirtschaftssystem der USA hat gravierende Mängel

Andere Demokratien nutzen andere Formen, die das einzulösen scheinen, was sie versprechen. Nämlich ein hohes Wirtschaftswachstum und mehr Wohlstand für die meisten ihrer Bürger. Die Amerikaner müssen aufhören, sich etwas auf ihr Wirtschaftssystem einzubilden. Seine gravierenden Mängel sollten mittlerweile offenkundig sein, vor allem, wenn es darum geht, Wohlstand für alle zu schaffen. Dabei gibt es eine Auswahl interessanter Optionen, die an eingehend prüfen sollte.

Der Krieg der Interessen wird nicht so bald enden, da etwa Großunternehmen versuchen, auf Kosten aller anderen mehr für sich selbst herauszuschlagen. Bemäntelt wird das alles als ein Krieg der Ideen über die beste Methode, eine Gesellschaft zu organisieren. Diese Schlacht der Ideen ist nicht nur ein sportlicher Wettkampf. Standardkurse in Volkswirtschaftslehre gehen davon aus, dass Menschen von Geburt an feste Präferenzen haben. Ihre Vorlieben und Abneigungen würden lebenslang konstant bleiben.

Banker sind unredlich und egoistisch

Joseph Stiglitz kritisiert: „Zu glauben, Geschmäcker und Präferenzen seien unveränderlich, ist jedoch blanker Unsinn.“ Eltern versuchen ihre Kinder gut zu erziehen, und wenn es ihnen auch nicht immer voll und ganz gelingt, glauben sie jedenfalls, dass sie nicht alles falsch machen. Marketingexperten versuchen zu beeinflussen, was die Menschen kaufen. Individuen werden von der Gesellschaft und Kultur geprägt – und prägen sie ihrerseits. Und wie die Struktur der Wirtschaft beschaffen ist, spielt eine zentrale Rolle bei dieser Prägung.

Denn es geht bei so vielen Beziehungen zu anderen Menschen um wirtschaftliche Dinge. Verhaltensökonomische Studien haben dies bestätigt. Es ist für Joseph Stiglitz kein Zufall, dass Banker ein so hohes Maß an moralischer Verkommenheit zeigen. Experimente haben nachgewiesen, dass sich Banker unredlicher und egoistischer verhalten als der Durchschnittsmensch. Ihr Beruf prägt sie. Und das Gleiche gilt für Ökonomen. Sie werden umso egoistischer, je länger sie Wirtschaftswissenschaften studieren. Quelle: „Der Preis des Profits“ von Joseph Stiglitz

Von Hans Klumbies