Mut ist eine Form der Selbstüberwindung

Das neue Philosophie Magazin 06/2022 gibt in seinem Titelthema Antworten auf die Frage, was es heutzutage bedeutet, mutig zu sein. Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler vertritt die Meinung, dass die Existenz an sich schon Mut erfordert: „Zumindest dann, wenn man sie nach eigenen Vorstellungen leben will.“ Wer mutig ist, wagt ganz neue Wege zu gehen, utopisch zu denken, anstatt mutlos vermeintliche Sachzwänge abzunicken. Wer mutig handelt, weiß nicht wie die Sache ausgeht. Viel kann auf dem Spiel stehen: Glück, soziales Ansehen, sogar das Leben. Friedrich Weißbach, der seit 2020 politische Theorie an der Humboldt-Universität zu Berlin lehrt, schreibt: „Mut ist die treibende Kraft, mit unliebsamen Umständen aufzuräumen, Veränderungen voranzubringen und einen Neufanfang zu machen.“ Demokrit sagt: „Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.“

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Mäßigung ist eine Tugend

Seine Nächsten zu respektieren ist relativ einfach und die allermeisten Menschen haben ein begründetes Interesse daran. Schwieriger ist es Lebewesen zu respektieren, die einem selbst weniger nahestehen und zu einer anderen Spezies gehören. Wer dieser Aufgabe gewachsen ist, kann sich völlig selbstlos um andere sorgen. Inwieweit hilft die Mäßigkeit dabei, wirklich menschlich zu handeln? Frédéric Lenoir antwortet: „Mäßigung ist eine Tugend, mit der wir unsere nie ganz gestillten Begierden regulieren können. Anders als ein weit verbreitetes Bild suggeriert, bedeutet Mäßigung keineswegs Askese, also den Verzicht auf Genuss.“ Schon Epikur kämpfte gegen diesen Hass auf die Sinnenfreuden. Ebenso wie Baruch de Spinoza, der die Askese heftig anprangerte: „Fürwahr nur ein finsterer und trübseliger Aberglaube verbietet, sich zu freuen.“ Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

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Selbstüberwindung prägt das Einzeln sein

Selbstüberwindung galt früher als ein Weg, zu sich selbst zu kommen. Für die Menschen, die Rüdiger Safranski in seinem neuen Buch „Einzeln sein“ vorstellt, ist eine solche Selbstüberwindung immer auch im Spiel beim Versuch, ein Einzelner zu sein und darüber nachzudenken. Die Renaissance gilt als die Epoche, in der der Sinn für den Einzelnen neu erwachte. Der Individualismus der Renaissance bedeutet, dass der Einzelne ermuntert oder auch gezwungen wird, sich seiner selbst bewusst zu werden. Denn die traditionellen Bindungen, Gesetze und Glaubenswelten verlieren in dieser Zeit ihre Autorität. Das Selbstbewusstsein derer, die sich als unverwechselbare Einzelne fühlen, ist groß. Sie wissen und genießen es, dass sie sich von anderen unterscheiden. Rüdiger Safranski ist seit 1986 freier Autor. Für sein in 26 Sprachen übersetztes Werk wurde er u.a. mit dem Thomas-Mann-Preis, mit dem Ludwig-Börne-Preis und dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet.

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