Glücklichsein setzt Disziplin und Konzentration voraus

Das Geheimnis des Glücks besteht weniger darin, jeden Augenblick so zu leben, als sei er der letzte; vielmehr, als sei er der erste. Glückliche Menschen sehen Glück nicht als einen Wunsch an, sondern als etwas, das jetzt machbar ist, wozu man etwas beitragen kann, zu dem man eine proaktive Haltung einnimmt. Aber es lässt sich nicht direkt ansteuern. Auch wenn es scheinbar widersinnig klingt: Man kann nicht glücklich sein wollen, mag man sich das auch gegenseitig immer wieder versichern. Glück ist nur indirekt erlebbar. Es ist gleichsam ein Abfallprodukt. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Nach allem, was wir darüber wissen, ist das Glückserleben eine Begleiterscheinung aktiven Tuns, selbstverantwortlichen Lebens, klarer Entscheidung.“ Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Fortschritt entlastet das Leben

Fortschritt ist eine starke Metapher der Bewegung – und diese hat einen realen Kern. Seit rund 300 Jahren lebt die Menschheit in einem Kontinuum der Forschung und Wissenschaft, das kumulativ wirkt. Peter Sloterdijk ergänzt: „Aus diesem Lernzusammenhang können und wollen wir nicht austreten.“ In der wissenschaftlichen Modernität und ihrer Ergänzung durch Technik spielt sich ein riesiges Experiment ab, das der Entlastung des Lebens gilt. Der technische Fortschritt setzt sich immer dann durch, wenn die Menschen mehr Machtmittel in die Hände bekommen, die ihren Aktionsradius erweitern und ihr Dasein erleichtern. Peter Sloterdijk erläutert: „Fortschritt in einem nicht naiven Sinn bedeutet Ermächtigung und Entlastung.“ Auf dem Gebiet der Moral brauchen seiner Meinung nach allerdings keine Fortschritte gemacht werden. Peter Sloterdijk gilt als einer der wirkungsmächtigsten und zugleich heftig umstrittenen Denker Deutschlands.

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Tätige Freiheit ist keine Faulheit

Wer auf die antike Tradition zurückblickt, kann unter anderem folgendes erkennen: Die klassische „Oase“, das, was als das höchst Anstrebenswerte galt, war, von jeglicher Arbeit frei zu sein, um „Muße“ zu haben. Diese benötigte man für die wirklich wichtigen Dinge wie Philosophie, Politik und Kunst. Dazu braucht man zuerst einmal Freiheit vom Werk, von der Arbeit und vom Dauerstress. Sophie Loidolt ergänzt: „Erst dadurch öffnen sich die anderen Tätigkeitsräume des Betrachtens und des Erscheinens vor und mit anderen.“ Diese hervorgebrachte tätige Freiheit „zu“ ist daher keine Faulheit. Sie ist nur eine andere Form des Tätigseins als Arbeiten. Wer heutzutage Muße hat, wird leicht als dumpfer, aber keineswegs aufsässiger Typ angesehen. Prof. Dr. Sophie Loidolt ist Gastprofessorin am Philosophieinstitut der Universität Kassel und Mitglied der „Jungen Akademie“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

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Die Wirklichkeit verändert sich ständig

Georg Wilhelm Friedrich Hegel denkt, dass in der Geschichte mehr vor sich geht als „das eine Ereignis, das auf das andere folgt“. Die Wirklichkeit, in welcher der Mensch lebt, ist selbst in einer permanenten Transformation begriffen. Die Veränderungen betreffen auch grundlegende Kategorien wie Wahrheit, Recht und politische Ordnung. Ger Groot ergänzt: „Nicht nur die Tatsachen verändern sich, sondern auch der Maßstab, nach dem sie beurteilt und verstanden werden. Daher verändert sich auch ihre Bedeutung.“ Was in einem Moment der Geschichte wahr ist, muss es in einem anderen Moment nicht sein. Was heute als gerecht gilt, muss fünfhundert Jahre früher nicht per se als gerecht gegolten haben. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Friedrich Nietzsche entwickelt eine Philosophie des Fragens

Schaut man genauer hin, verbergen sich schon in Friedrich Nietzsches Werk „Menschliches, Allzumenschliches“ Aphorismen, seine Kurz- und Kürzesttexte. Sie nehmen hier in ihrer Gestalt die verschiedensten Formen an. Andreas Urs Sommer kennt sie: „Selbstgespräche gibt es ebenso wie kurze Dialoge. Sprichwörtlich pointierte Epigramme ebenso wie Experimentanleitungen. Merksätze ebenso wie Miniaturerzählungen, Prosagedichte ebenso wie Parabeln.“ Vielen dieser Texte gemeinsam ist, wenigstens dem Anspruch nach, ihr „dickes Ende“: Das in ihnen nämlich sehr viel mehr steckt, als der knappe Raum, den sie einnehmen, eigentlich zu fassen erlaubt. In seinem Nachlass schrieb Friedrich Nietzsche 1885: „In Aphorismen-Büchern gleich den meinigen stehen zwischen und hinter kurzen Aphorismen lauter verbotene lange Dinge und Gedanken-Ketten.“ Andreas Urs Sommer lehrt Philosophie an der Universität Freiburg i. B. und leitet die Forschungsstelle Nietzsche-Kommentar der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

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Die Vernunft ist nicht die Instanz der Wahrheit

Friedrich Nietzsches Zweifel an der Zuträglichkeit der Vernunft war nie stark genug, um ihn selbst auf deren Gebrauch verzichten zu lassen. In der Logik seiner Argumente und im Scharfsinn seiner Kritik tritt dies für Volker Gerhardt eindrucksvoll hervor. Gewiss, die Vernunft ist nicht die Instanz der Wahrheit, wohl aber das Organ, um Wahrheitsansprüche zu erheben und zu prüfen. Die Vernunft bedarf des Körpers, um sich zu sammeln, sich auszudrücken und sich bestimmen zu können. Die Vernunft des Leibes erscheint Friedrich Nietzsche so vollkommen, dass er von der „großen Vernunft“ des Leibes spricht. Diese grenzt er von der deutlich abgewerteten „kleinen Vernunft“ des Bewusstseins ab. Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

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In der Stille kommt das Denken und Wollen zur Ruhe

„Schaffe Leere bis zum Höchsten! Wahre die Stille bis zum Völligsten.“ Diese Worte sind Teil einer berühmten Stelle aus dem Daodejing (Tao Te King) des Laotse. Albert Kitzler weist auf eine bedeutenden Kulturhistoriker hin, der über dieses Zitat sagte: „Es gibt vielleicht keine weisere Stelle in der ganzen Weltliteratur.“ „Stille“ ist hier das zur Ruhe kommen des unaufhörlichen Denkens und Wollens. Es geht dabei um den ruhigen Fluss des Lebens und das Zurückkommen zu sich selbst. Wichtig dabei ist die Erkenntnis und Annahme des natürlichen Kreislaufs alles Lebendigen, einschließlich des persönlichen Schicksals. Man kann sagen, es handelt sich dabei um den Inbegriff aller Gelassenheit. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Die Kommunikation im Strafrecht besteht aus vier Ebenen

Kommunikation im weiten Sinn ist ein zentraler Faktor des Strafens und des Strafrechts. Sie hat insoweit vier unterschiedliche Ebenen: Erstens eine Ebene der „empathischen“ Entstehung von normativen Ordnungen der Sanktionierung. Zweitens eine Ebene der Entstehung und der Organisation von vorstaatlicher Macht und Monopolisierung der Gewalt. Drittens eine Ebene der gesellschaftlichen Vermittlung von „Sinn“. Viertens eine Ebene der technischen und symbolischen „Abwicklung“ von Strafrecht. Thomas Fischer geht näher auf die dritte Ebene ein und weist darauf hin, dass damit zunächst ganz banale Dinge gemeint sind: „Das Sanktionieren abweichenden Verhaltens ist zwar Bestandteil jedes gesellschaftlichen Lebens. Es ist aber, jedenfalls jenseits sehr kleiner früherer Gemeinschaften, nicht allgegenwärtig und unmittelbar spürbar.“ Thomas Fischer war bis 2017 Vorsitzender des Zweiten Senats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

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Die Schnelllebigkeit nimmt überall zu

„Mehr tun in der gleichen Zeit“. Mit dieser Formel umschreibt Horst Opaschowski einen Wandel der letzten Jahre, der allen Aktivitäten den Stempel der Hektik aufdrückt. Immer mehr Beschäftigungen erledigen die Menschen im Stil des Fast-foods beziehungsweise gleichzeitig. Die Schnelllebigkeit nimmt überall zu. Für zeitaufwendige Beschäftigungen bleibt den Menschen immer weniger Zeit, oder richtiger: sie nehmen sich weniger Zeit. In ganz früheren Zeiten bestimmte das Sonnenzeitmaß die Geschwindigkeit des täglichen Lebens. Es begann mit dem Aufgang und endete mit dem Untergang der Sonne. Im Winter wurde mehr, im Sommer weniger geschlafen. Horst Opaschowski gründete 2014 mit der Bildungsforscherin Irina Pilawa das Opaschowski Institut für Zukunftsforschung. Bis 2006 lehrte er als Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg. Ab 2007 leitete er die Stiftung für Zukunftsfragen.

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Friedrich Nitzsche wollte die dionysische Kultur stärken

Friedrich Nietzsches Gegenentwurf zur sokratischen Kultur wird tragische Kultur genannt. Sie entwickelt sich aus seiner grundlegend kritischen Stellung zu Sokrates (469 – 399 v. Chr.). Der griechische Philosoph gilt als Stammvater einer Epoche. Diese suchte die Vernunft und Wissenschaft zur Herrschaft zu bringen und keine Mythen mehr kennt. Christian Niemeyer erläutert: „Entsprechend auch sah sich der frühe Nietzsche weniger als ein den Ideen der Aufklärung verpflichteter Jünger der Wahrheit denn als ein von Friedrich Wagner ermunterter Exponent der über sich selbst zu Bewusstsein gelangten griechischen Antike.“ Friedrich Nietzsches Programm bestand entsprechend darin, die als dionysisch gefasste künstlerische Kultur zu stärken. Er wollte sie der apollinisch strukturierten, auf Erkenntnis, Wissenschaft und Wahrheit setzenden Gegenwart als andere, bessere Seite entgegenhalten. Der Erziehungswissenschaftler und Psychologe Prof. Dr. phil. habil. Christian Niemeyer lehrte bis 2017 Sozialpädagogik an der TU Dresden.

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Die Mündigkeit weiß um die eigenen Grenzen

Mündig zu sein, ist ein Wunsch, seit die Neuzeit den Menschen in verträglichen Dosen in die Freiheit entlässt. In ihrer aufgeklärtesten Form weiß die Mündigkeit auch um die eigenen Grenzen. Weil nur ein mündiger Mensch weniger vollkommen als entstellt ist. Ulf Poschardt erläutert: „Die Sehnsucht des Menschen, seine Träume, seine Verrücktheiten und Poesien, sein Spleen, seine Unbedingtheit, es wissen zu wollen, sind der Urtrieb, den eine vernünftige Zivilisation nur sehr bedingt zulässt.“ Beim Verehrer der Mündigkeit Theodor W. Adorno ist die innere Unruhe beim Mündigwerden auch Ideologiekritik. Mündig zu sein heißt auch, im Ideal mehr verstanden zu haben, als nötig war, um sich selbst als Individuum konstant herauszufordern. Seit 2016 ist Ulf Poschardt Chefredakteur der „Welt-Gruppe“ (Die Welt, Welt am Sonntag, Welt TV).

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Deutschland muss mehr für die Bildung tun

Die Kultur zu Anfang des 21. Jahrhunderts ist eine Kultur der „Sofortness“. Der Kunde will alles, und zwar sofort. Er ist faul und ungeduldig. Richard David Precht warnt: „Wer alles will, und zwar sofort, ist auf die großen Umbrüche unserer Zeit schlecht vorbereitet. Was zählt, sind langfristiges Denken, Entscheidungsstärke in komplizierten Vorgängen und ethische Haltungen.“ All dies zu trainieren, ist seiner Meinung nach eine wichtige Aufgabe des Bildungssystems. Leider werden die Kinder in den Schulen nur äußerst unzureichend auf die Herausforderungen ihres zukünftigen Lebens vorbereitet. Deutschland muss mehr für die Bildung tun. Für viele Wirtschaftsvertreter ist die Sache einfach: Eine digitale Gesellschaft braucht mehr digitales Know-how. Der Philosoph, Publizist und Bestsellerautor Richard David Precht zählt zu den profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Die Ökonomie ist der Schlüssel zur Welt

Faulheit ist seit jeher ein Laster. Sie ist nicht gottgefällig, auch nicht vernunftgefällig, sondern eine Verschwendung der Talente. Doch nicht nur die Mönche und Protestanten beten und arbeiten. Auch für den Weltmenschen Johann Wolfgang von Goethe steht am Anfang die Tat. Und selbst Oblomows treuer Freund Stolz ein „Deutscher“ natürlich, sieht in der Arbeit den Sinn des Lebens. Sophie Loidolt stellt sich in diesem Zusammenhang folgende Frage: „Doch was heißt das eigentlich: Arbeit, Tat, tätig sein. Um darauf eine Antwort zu finden, beschäftigt sie sich mit einer von Hannah Arendts Grundfragen. In ihrem philosophischen Hauptwerk stellt sie die Frage: „Was tun wir, wenn wir tätig sind?“ Prof. Dr. Sophie Loidolt ist Gastprofessorin am Philosophieinstitut der Universität Kassel und Mitglied der „Jungen Akademie“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

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Das Glück hat einen brüchigen Charakter

Wenn die Weisheit an die Seite des Glücks tritt, heißt es nicht mehr nur, das Leben, das man führt zu lieben, sondern das Leben an sich zu lieben. Frédéric Lenoir konkretisiert: „Das Leben mit seinen Höhen und Tiefen zu lieben, mit seinen guten und schlechten Momenten, seiner Dosis an Freude und Traurigkeit.“ Die Weisheit soll dabei nicht über den unvorhersehbaren und brüchigen Charakter des Glücks hinwegtäuschen. Sondern sie soll dazu dienen, das Glück so intensiv und dauerhaft wie möglich zu gestalten. Und dies jenseits der Unwägbarkeiten des Lebens, jenseits äußerer Umstände, angenehmer und unangenehmer Gefühle im Alltag. Weisheit bedeutet, das zu lieben, was ist. Wobei Frédéric Lenoir noch einmal die Tatsache betont, dass Weisheit ein Ideal ist und ein Ziel. Dieses kann man möglicherweise erreichen, aber vielleicht niemals vollständig verwirklichen. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

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Terry Eagleton lehnt den Kulturrelativismus ab

Der Kulturrelativismus ist eine äußerst fragwürdige Position. Nur Rassisten sind der Meinung, es sei vollkommen rechtens, in Borneo zu vergewaltigen und zu morden, nicht aber in Brighton. Die Ansicht, einige Standpunkte seien besser und wahrer als andere, ist weder „elitär“ noch „hierarchisch“. Terry Eagleton betont: „Völlig zu Recht hat der Philosoph Richard Rorty einmal festgestellt, dass man sich nicht mit Menschen auf Debatten einzulassen braucht, die die Auffassung vertreten, dass jede Ansicht zu einer bestimmten Frage so gut sei wie jede andere, da es solche Ansichten überhaupt nicht gebe.“ Den Parteigängern des Kulturrelativismus widerstrebt es, ihre eigenen Werte absolut zu setzen, da sie für die Lebensweisen anderer offen sind. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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In einer technokratischen Gesellschaft gibt es keine Bindungen

Die in der Leistungsgesellschaft vorherrschende Bildung hat die moralischen und politischen Lehren aus den antiken philosophischen Schulen verdrängt. Nicht zufällig sprach Karl Marx von gesellschaftlichem Atomismus und knüpfte damit an Epikurs Philosophie an. Isabella Guanzini erläutert: „Damit meinte der eine Gesellschaft ohne Bindungen, in der die Subjekte autonom ihr Leben führen. Sie existieren getrennt vom gesellschaftlichen Beziehungsgeflecht, in einem individualistischen und grundsätzlich egoistischen Zustand.“ Auch Theodor W. Adorno betont, welch furchtbare Ausstrahlungskraft das Ideal der Kälte und Effizienz in der technokratischen Gesellschaft der Vor- und Nachkriegszeit hatte. Individualistische Teilchen bewegen sich durch ein technisiertes Umfeld, von dem sie sich leicht absorbieren lassen, und bilden so gleichgültigen Gewissens ein Magnetfeld. Isabella Guanzini ist Professorin für Fundamentaltheologie an der Universität Graz.

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Besitz allein sorgt nicht für Wohlbefinden

Es gibt Menschen, die lernen wollen, gut mit der Welt und der Wirklichkeit umzugehen. Dabei kommt es vor allem darauf an, welche Haltung sie zu Besitz und Vermögen einnehmen. Vor allem, wenn er innerlich wachsen, reifen und erblühen sowie widerstandsfähig gegen Schicksalsschläge werden möchte. Gerade dem Umgang mit materiellen Dingen kommt eine Schlüsselfunktion für das persönliche Wohlbefinden zu. Albert Kitzler erläutert: „Ein Großteil unser seelischen Probleme und der Schwierigkeit, gut zu leben, ist auf unsere Einstellung zu Besitztum zurückzuführen. Was wir haben, genügt uns nicht. Und wir träumen von Dingen, die wir uns nicht leisten können.“ Denn für die Verwirklichung zahlreicher Sehnsüchte und Pläne fehlt das notwendige Geld. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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In der Muße sammelt sich Gelassenheit

„Muße ist der Zustand des Menschen, in dem sich Gelassenheit sammelt“, so Paul Kirchhof. Im antiken Griechenland war die Muße – im Gegensatz zur politischen, militärischen und wirtschaftlichen Praxis – eine Voraussetzung für erfolgreiches staatspolitisches Handeln. Der freie Bürger und die Aristokratie entwarfen Handlungspläne und Strategien für ihr zukünftiges Handeln. Sie gingen dank ihrer Mußestunden wohl vorbereitet, abwägend und überzeugend an ihre jeweiligen Aufgaben. Später war für den Adel die Muße Einstimmung auf militärische und politische Aufgaben. Der Klerus suchte einen Ausgleich zwischen der absichts- und eigenschaftslosen Muße und dem Dienst an Gott und den Menschen. Dr. jur. Paul Kirchhof ist Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg. Als Richter des Bundesverfassungsgerichts hat er an zahlreichen, für die Entwicklung der Rechtskultur der Bundesrepublik Deutschland wesentlichen Entscheidungen mitgewirkt.

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Weise Menschen sind durch nichts zu erschüttern

Der römische Philosoph und Staatsmann Seneca umschreibt den Zusammenhang von Philosophie und Schicksal, Lebensbewältigung und Unerschütterlichkeit so: „Die Philosophie muss unsere Schutzwehr bilden, diese uneinnehmbare Mauer, die durch das Schicksal nicht überwältigt wird trotz aller kunstvollen Angriffsmittel.“ Albert Kitzler fügt hinzu: „All das, was an äußeren Ereignissen, die wir Schicksal oder Welt nennen, auf uns zukommt, soll die Seele nicht verletzen, soll ihr keine Wunden zufügen können, soll unser inneres Gleichgewicht nicht ins Wanken bringen.“ Das Schicksal überwältigt nur denjenigen, der sich daran klammert. Seneca meint, man könne durch Verzicht zum Schicksal auf Distanz gehen. Dazu sei einerseits Wissen erforderlich. Andererseits habe es viel mit den eigenen Werten zu tun, denen man nacheifert, und umgekehrt mit den „Unwerten“, die man meiden sollte. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Die ersten Lehrer waren Philosophen und Wissenschaftler

Mit der griechischen Entdeckung des eigenständigen Denkens als einem hohen Wert beginnt auch die Geschichte der Schulung des Denkens. Dafür werden eigens Institutionen geschaffen. Für Silvio Vietta ist das ein erstes wichtiges Beispiel, wie sich ein geistiger Wert materialisiert und institutionalisiert. Das macht selbst einen großen Teil der Bildungsgeschichte des Abendlandes aus. Zugleich entsteht durch diesen Wert eine neue soziale Schicht. Nämlich die Philosophen-Wissenschaftler als erste Lehrer. Silvio Vietta nennt sie in einem Wort, weil Philosophie und Wissenschaft in der Antike noch nicht getrennt waren wie in der Neuzeit. Der neben Aristoteles größte Denker der Antike, Platon, gründete bereits eine Akademie vor den Toren Athens. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Die Vernunft gibt der Welt eine begriffliche Ordnung

Viele Menschen begreifen die Vernunft als die Fähigkeit, den Dingen und Vorgängen in der Welt eine begriffliche Ordnung zu geben. Als Vernunft gilt mit Recht, was den Menschen in die Lage versetzt, systematische Relationen zwischen seinen Einsichten herzustellen. Sie erlauben es ihm, regelgeleitet mit ihnen umzugehen. So kann er beispielsweise Einheiten, Verbindungen und Beziehungen erschließen. Diese erscheinen ihm in der Abfolge vieler Jahre enger miteinander verbunden, weshalb er sie als Epoche bezeichnen kann. Oder er kann die schier unendliche Reihe von gewesenen und kommenden Jahren als „Zeit“ begreifen. Volker Gerhard ergänzt: „Auch >Menschheit< ist ein Vernunftbegriff, ja sogar der Begriff des >Menschen< gehört dazu, wenn wir ihn als Exempel der Menschheit verstehen.“ Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Es gibt für Immanuel Kant nur eine Wirklichkeit

Bei Immanuel Kant muss die Metaphysik der kritischen Analyse der Erkenntnis weichen. Ger Groot erläutert: „Es ist das menschliche Erkenntnisvermögen, das die Welt zu dem macht, was sie ist.“ „Die Metaphysik der Sitten“ besagt daher nichts anderes, als dass die Voraussetzungen des moralischen Lebens in der menschlichen Konstitution gefunden werden müssen. Damit glaubt Immanuel Kant, eine Lösung für die widersprüchliche Art und Weise gefunden zu haben, in der sich die Menschen selbst als menschliche Wesen sehen. Anders als bei René Descartes gibt es bei ihm nur eine Wirklichkeit und eine Materie. Aber darin erscheint das vernünftige Wesen, das der Mensch ist, unter zwei Standpunkten. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Jeder kann Zivilcourage im Alltag zeigen

Es bedarf schon einer erheblichen Stärke, eine eigene, nicht allseits gebilligte Meinung zu haben und zu vertreten. Auch das ist eine Form von Zivilcourage, allerdings eine sehr anspruchsvolle. Klaus-Peter Hufer fügt hinzu: „Der Alltag bietet darüber hinaus viele konkrete Möglichkeiten, Mut zu zeigen, „Nein“ zu sagen, beispielsweise um Menschen in Bedrängnis beizustehen.“ Doch allzu oft werden diese Möglichkeiten nicht genutzt. Ein mustergültiges Exempel für zivilcouragiertes Verhalten sieht wie folgt aus. Ein Opfer wird unterstützt, die Bedrohung von ihm abgelenkt, andere Menschen folgen dem Beispiel, die bedrohte Person wird angesprochen und schließlich die Polizei verständigt. Was sind die Gründe für das Wegschauen in einem Fall und für das Eingreifen im anderen? Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.

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Francis Fukuyama stellt die Ideen Jean-Jacques Rousseaus vor

Der Genfer Philosoph Jean-Jacques Rousseau hatte zwei separate Rezepte dafür, die Menschheit aus der Katastrophe der Ungleichheit und Gewalt herauszuführen. Das erste Wird in seinem „Gesellschaftsvertrag“ umrissen und bietet eine politische Lösung an. Durch sie sollten die Bürger infolge der Entstehung eines „Gemeinwillens“, der sie in republikanischer Tugend vereint, zur natürlichen Gleichheit zurückkehren. Sie kooperieren miteinander in einer politischen Union, die jedoch keine Unstimmigkeit und keinen Pluralismus duldet. Francis Fukuyama stellt fest: „Diese Lösung ist zu Recht als proto-totalitär bemängelt worden, da sie die Meinungsvielfalt unterdrückt und eine strenge Uniformität des Denkens erfordert.“ Das zweite Rezept ist nicht politischer, sondern individueller Art. Francis Fukuyama ist einer der bedeutendsten politischen Theoretiker der Gegenwart. Sein Bestseller „Das Ende der Geschichte“ machte ihn international bekannt.

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Die Energie der Schönheit operiert wie ein Fangstrahl

Stagnation und Unbeweglichkeit führen zu größerer Erschöpfung als jede Suche. Nicht das Loslassen, sondern das Festhalten bindet alle Kräfte. In einer sich verändernden Welt auf der Stelle zu stehen, jede Bewegung zu verhindern, bedeutet unterzugehen. Frank Berzbach erklärt: „Gewohnheiten und Zerstreuung lassen uns stagnieren, man bleibt beim Althergebrachten, isst, was seine Eltern essen, richtet sich nach anderen, will nicht im Weg herumstehen und genügt sich darin.“ Statt noch gar nicht zu wissen, wer man werden kann, glaubt man zu wissen, wer man ist. Die Energie der Schönheit operiert wie ein Fangstrahl. Aber wenn die Schutzschilde der Unbeweglichkeit sie abblocken, schneidet sich der Betroffen ab von den erneuerbaren Ressourcen der Attraktivität. Dr. Frank Berzbach unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln.

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