Die Wirklichkeit verändert sich ständig

Georg Wilhelm Friedrich Hegel denkt, dass in der Geschichte mehr vor sich geht als „das eine Ereignis, das auf das andere folgt“. Die Wirklichkeit, in welcher der Mensch lebt, ist selbst in einer permanenten Transformation begriffen. Die Veränderungen betreffen auch grundlegende Kategorien wie Wahrheit, Recht und politische Ordnung. Ger Groot ergänzt: „Nicht nur die Tatsachen verändern sich, sondern auch der Maßstab, nach dem sie beurteilt und verstanden werden. Daher verändert sich auch ihre Bedeutung.“ Was in einem Moment der Geschichte wahr ist, muss es in einem anderen Moment nicht sein. Was heute als gerecht gilt, muss fünfhundert Jahre früher nicht per se als gerecht gegolten haben. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

Jede Zeit hat ihre eigenen Maßstäbe

Die Selbstverständlichkeit, mit der die Menschen ihre Welt deuten, verändert sich. Und das bedeutet: Was als „vernünftig“ gilt, ist der Veränderung unterworfen. Seither existiert der Mensch als historisches Wesen. Bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel sieht man, dass sich die zeitlose Universalität des menschlichen Denkens aufzulösen beginnt. Nicht alle Epochen der menschlichen Geschichte sind gleich und können nach derselben Logik beurteilt werden. Jede Zeit muss nach ihren Maßstäben gemessen werden.

Bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel zerfällt die Form, in der sich die Vernunft manifestiert, zwar in sehr viele unterschiedliche historische Phasen. Aber hinter alldem bleibt letztlich doch eine „Vernunft“ sichtbar, die der Philosoph „Geist“ nennt. Dieser Geist ist es, der im Laufe der Geschichte zur Entfaltung kommt. Er erscheint durch allerlei „Listen der Geschichte“ hindurch. Denn es ist nicht immer auf den ersten Blick zu ersehen, was bestimmte Ereignisse, Bräuche, Gesetze oder Überzeugungen im weiteren Fortgang bedeuten.

Das Denken schwebt nicht über der Welt

Erst am Ende dieser Entwicklung wird klar vor Augen treten, wie und warum der Geist sich so entwickelt hat, wie er sich entwickelt hat. Dann ist er ganz zu sich selbst gekommen, sagt Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Jetzt durchschaut der Geist sowohl sich selbst als auch die Wirklichkeit – was de facto auf dasselbe hinausläuft. Was sich entwickelt, sind Materie und Denken, und zwar geleichzeitig, ineinander und aneinander. Das Denken schwebt nicht über der Welt, sondern ist in ihr.

Das Denken und die Welt haben also eine Geschichte miteinander. Ger Groot erläutert: „Die Materie ist be-geistert, und der Geist ist nichts ohne seine materielle Verwirklichung.“ Ihre Historie ist die Geschichte der Welt und des Denkens zugleich. In der entfaltet sich auch die Philosophie durch die Zeiten hindurch. Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel bekommt das philosophische Denken nicht nur eine Geschichte. Es wird selbst Geschichte. Dabei handelt es sich um eine „Phänomenologie“ oder „Erscheinungsgeschichte“. Innerhalb derer tritt die Wahrheit der Wirklichkeit – das ist der Geist – zutage und dabei entsteht die Realität. Quelle: „Und überall Philosophie“ von Ger Groot

Von Hans Klumbies

Schreibe einen Kommentar