Besitz allein sorgt nicht für Wohlbefinden

Es gibt Menschen, die lernen wollen, gut mit der Welt und der Wirklichkeit umzugehen. Dabei kommt es vor allem darauf an, welche Haltung sie zu Besitz und Vermögen einnehmen. Vor allem, wenn er innerlich wachsen, reifen und erblühen sowie widerstandsfähig gegen Schicksalsschläge werden möchte. Gerade dem Umgang mit materiellen Dingen kommt eine Schlüsselfunktion für das persönliche Wohlbefinden zu. Albert Kitzler erläutert: „Ein Großteil unser seelischen Probleme und der Schwierigkeit, gut zu leben, ist auf unsere Einstellung zu Besitztum zurückzuführen. Was wir haben, genügt uns nicht. Und wir träumen von Dingen, die wir uns nicht leisten können.“ Denn für die Verwirklichung zahlreicher Sehnsüchte und Pläne fehlt das notwendige Geld. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

Die Habsucht ist die verheerendste Pest der Menschheit

Die persönlichen Sorgen und Ängste haben oft mit finanziellen Erwartungen und Wünschen zu tun. Viel Ärger und Streit entstehen aus materiellen Verlusten. Dasselbe passiert wenn erhoffter Zuwächse ausbleiben. Neid hängt sich überwiegend am Besitz auf, seltener an seelischen oder geistigen Werten. Gier ist in aller Regel Habgier. Ansehen und gesellschaftliche Stellung werden vom Geldbeutel bestimmt. Den Wert eines Menschen bemessen viele nach seinem Vermögen.

Der römische Philosoph Seneca bezeichnete einmal die Habsucht als die „verheerendste Pest der Menschheit“. Er empfahl, ihr „den Abschied zu geben“, dann habe man „vom Ehrgeiz nichts zu fürchten“. Seine Worte offenbaren, dass auch zu seinen Lebzeiten viele Menschen unter gesellschaftlichen und materiellen Erwartungsdruck litten. In den alten Schriften der Inder und Chinesen steht folgendes: Ein geruhsames Leben beginnt mit der Verstopfung der Sinne, da die sinnlichen Eindrücke die Begierden wecken.

Die Dinge selbst sind weder gut noch schlecht

Das war im alten Rom das Problem und ist es noch heute. Allerdings trifft dies heute in einem noch weit stärkerem Ausmaß zu. Albert Kitzler stellt fest: „Unsere Sinne werden durch die globale Vernetzung und allgegenwärtige Medienpräsenz ständig überflutet und gereizt.“ Im Hinblick auf Besitz geht Seneca von der stoischen Grundauffassung aus. Die Dinge selbst sind weder gut noch schlecht. Sie werden es erst durch die Vorstellung der Menschen von ihnen. Gut oder schlecht sind nicht die materiellen Güter selbst, sondern was die Menschen in ihrem Denken, Wollen und Bewerten aus und mit ihnen machen.

Die Vorstellungen eines Menschen und die daraus erwachsenden bewussten oder unbewussten Werte bestimmen seine Einstellung. Für den gelingenden Umgang mit Besitz, Vermögen, Reichtum oder Armut ist nicht entscheidend, ob man viel oder wenig hat. Entscheidend ist die innere Haltung zu dem Vielen oder Wenigen, das man besitzt. Seneca betont, dass der Besitz an sich wertfrei ist. Somit ist er für die letzten Lebensziele bedeutungslos. Jeder sollte sich die Bedeutungslosigkeit und Scheinhaftigkeit des Reichtums immer wieder durch den Kopf gehen lassen. Denn damit kann man erreichen, „wahrhaft glücklich zu sein, nicht bloß so zu scheinen.“ Quelle: „Leben lernen – ein Leben lang“ von Albert Kitzler

Von Hans Klumbies