Das Vertrauen zwischen dem Staat und seinen Bürgern schwindet

In seinem neuen Buch „Schmutzige Demokratie“ vertritt Jürgen Roth die These, dass die liberale Demokratie überall auf der Welt angegriffen wird. Und er hegt Zweifel, ob ihre Werte, ihre Institutionen und ihre Funktionen diesen Angriffen standhalten. Auf der anderen Seite steht für den Autor fest, dass es einen brandgefährlichen Prozess der Entfremdung der Bürger von der parlamentarischen Demokratie gibt. Jürgen Roth stellt fest: „Es herrscht tiefes Misstrauen gegenüber den staatlichen Institutionen, weil Bürger erleben, wie sie getäuscht und belogen werden.“ Jürgen Roth, einer der bekanntesten investigativen Journalisten, legt eine umfassende und schonungslose Analyse der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage in Europa vor. Anhand konkreter Beispiele zeigt Jürgen Roth, wie ethische Werte dem Opportunismus geopfert werden und das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Staat und seinen Bürgern schwindet – mit fatalen Folgen für die demokratische Zivilgesellschaft.

Europa zeichnet sich durch rigide Abschottung und pathogene nationalistische Hybris aus

Jürgen Roth kritisiert die sozialpolitische Verantwortungslosigkeit in Teilen der wirtschaftlichen und politischen Elite sowie die Skrupellosigkeit, mit der die Bürger hinters Licht geführt werden. Außerdem erträgt der Autor nicht mehr diese plumpe antieuropäische Propaganda, die von jeder Realität losgelöst ist und trotzdem bei Millionen Bürgern Beifall findet. Jürgen Roth wirs speiübel, wenn er hinter die Masken der Ehrbarkeit jener europäischer Politiker schaut, die zur Verteidigung christlich-abendländischer Werte die Bürger aufputschen, die sich in Wahrheit jedoch schamlos bereichern und eine erbarmungslose Klientelpolitik betreiben.

Jürgen Roth zitiert Carlo Schmid, einen der Väter des deutschen Grundgesetzes, der 1948 schrieb: „Demokratie ist nur dort mehr als ein Produkt einer bloßen Zweckmäßigkeitsentscheidung, wo man den Mut hat, an sie als etwas für die Würde des Menschen Notwendiges zu glauben. Wenn man aber diesen Mut hat, dann muss man auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen.“ Leider zeichnet sich die Wertegemeinschaft Europa im 21. Jahrhundert durch dramatische soziale Ungerechtigkeit, rigide Abschottung und schon pathogene nationalistische Hybris aus.

In Europa herrscht Rassismus und Islamophobie

Die Folgen sind für Jürgen Roth offensichtlich: „Es ist die vernichtende Flutwelle des Rechtsextremismus und Rechtspopulismus in Europa, die ungehindert der vielfältigen demokratischen Kultur ein Ende bereitet.“ Alles, was die Wertegemeinschaft Europa einzigartig machen könnte und einzigartig machen muss: Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und Humanität, hat offensichtlich an Bedeutung verloren. Eine der wesentlichen Thesen des Buches „Schmutzige Demokratie“, dass die im Prinzip schützenswerte Festung Europa, gemeint ist die Festung der Rechtstaatlichkeit, der Solidarität und des Humanismus, tatsächlich in der konkreten Praxis eine der großen Lügen der europäischen politischen Eliten ist.

Jürgen Roth zeigt in seinem Buch auch, was sich hinter den Mauern dieser Festung Europa abspielt: „Denn in dieser Festung Europa werden emsiger und skrupelloser denn je zuvor private und staatliche Korruption, Machtmissbrauch und organisierte Kriminalität an der Spitze von Teilen der politischen und wirtschaftliche Elite gepflegt.“ Wenn von schmutziger Demokratie die Rede ist, geht es Jürgen Roth unter anderem um das Krebsgeschwür der ethischen und sozialen Verantwortungslosigkeit in der demokratischen Gesellschaft sowie um die sich rasant vermehrenden Metastasen Rassismus und Islamophobie.

Schmutzige Demokratie
Ausgehöhlt – Ausgenutzt – Ausgelöscht?
Jürgen Roth
Verlag: Ecowin
Gebundene Ausgabe: 319 Seiten, Auflage: 2016
ISBN: 978-3-7110-0094-1, 24,00 Euro

Von Hans Klumbies