Es gibt keine absoluten Wahrheiten

Die beste Wahrheitstheorie ist für Silvio Vietta die „Theorie der Richtigkeit“. Wahr ist eine Erkenntnis oder ein Satz, wenn er dem Sachverhalt, den er beschreibt, auch entspricht. Die heutige Wissenschaft weiß, dass es bei komplexen Sachverhalten keine absoluten Wahrheiten gibt. Wohl aber gibt es Annäherungen an wahrheitsgemäße Beschreibungen. Diese bewegen sich allerdings zumeist auf einem abstrakten Niveau der Formelsprache. Der österreich-britische Philosoph Karl Popper schlägt daher vor, wissenschaftliche Theorien nur nach dem „Falsifizierbarkeits“-Kriterium zu unterscheiden. Aber gerade bei einfachen Wahrnehmungen von Tatsachen ist das Prinzip der Richtigkeit der Aussage fundamental für eine zivile Gesellschaft. Das gilt für die Bereiche Rechtsprechung, Politik, und die Öffentlichkeitsarbeit der Medien. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

An der Lüge können ganze Gesellschaften scheitern

Umgekehrt gerät eine Gesellschaft ins Schlingern, wenn das Wahrheitsprinzip von zu vielen Funktionsträgern nicht mehr beachtet wird. Silvio Vietta erklärt: „An der Lüge können private Beziehungen scheitern und auch ganze Gesellschaften. Die Athener Demokratie ist u.a. daran zugrunde gegangen.“ Aristoteles berichtet, wie die griechischen Demokratien um Athen herum sich durch Korruption auflösten: „Die Demokratien veränderten sich hauptsächlich infolge der Habgier und Genusssucht der Demagogen.“

Die Athener Demokratie hatte die unselige Einrichtung des Sykophatentums. Das waren Spitzel des Staates, auch bezahlte Lügner, die man sich kaufen konnte, um einen Politiker anzuklagen oder einen Prozess zu gewinnen. Das waren also Männer, deren Geschäft das Lügen und Anklagen war. Man muss sich diese Sykophanten als eine Art Inquisition oder Stasi vorstellen, die sich gegenüber dem Staat mit ihren Lügengeschäften verselbstständigten. Dadurch lebten auch die Schuldlosen in einem beständigen Belagerungszustand.

Der Rassismus und der Kommunismus beruhen auf Lügen

Das Intrigantentum auch gegen Denker trieb Aristoteles in die Verbannung und Sokrates in den Tod. Die Athener Demokratie war ein von Bespitzelung und Korruption vergiftetes System. Im 19. und 20. Jahrhundert haben sich in Europa vor allem zwei Ideologien herauskristallisiert. Diese haben nicht nur weite Teile von Europa beherrscht, sondern weltweite Geltung erlangt. Dabei handelt es sich um die Ideologie des Rassismus und die Ideologie des Kommunismus.

Beide Ideologien beruhen laut Silvio Vietta auf fundamentalen „Geschichtslügen“ oder „Irrtümern“. Denn weder ist die arische Rasse die eigentlich produktive Rasse der Gesichte gewesen, wie Adolf Hitler meinte. Noch ist das Proletariat die eigentliche produktive Klasse, wie Karl Marx dies sah. Die Wahrheit und die Wahrhaftigkeit von Personen haben einen immensen Wert für einen zivilen Staat, wenn er überleben will. Wenn Politiker nicht auf ein hohes Maß von Wahrheit und Wahrhaftigkeit ausgerichtet sind, kann es kein Vertrauen der Bürger in ihn geben und damit keine zivilen Staat. Quelle: „Europas Werte“ von Silvio Vietta

Von Hans Klumbies