Kooperation ist die Grundlage des Gemeinwohls

Der Grundsatz, wonach Menschen durch Kooperation viel mehr erreichen können, als wenn sie allein arbeiten, ist seit Langem anerkannt. Auch die Verfassung der Vereinigten Staaten zeigt, dass die Bürger der gerade unabhängig gewordenen Bundesstaaten die Notwendigkeit kollektiven Handelns einsahen. Josef Stiglitz ergänzt: „Das gemeinsame Handeln schuf die Grundlage des Gemeinwohls, und es geschah nicht nur durch freiwillige Zusammenschlüsse, sondern auch auf Geheiß der Regierung, mit all den Machtbefugnissen, über die sie verfügte.“ Das gesellschaftliche Wohlergehen förderten nicht nur Bauern und Händler, die ihre eigenen Interessen verfolgten. Dazu trug auch eine starke Regierung bei, deren Befugnisse genau definiert und dadurch auch begrenzt waren. Joseph Stiglitz war Professor für Volkswirtschaft in Yale, Princeton, Oxford und Stanford. Er wurde 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet.

Jeder Erfolg baut auf den Arbeiten anderer auf

Diese Notwendigkeit, gemeinschaftlich vorzugehen, schien manchmal in Konflikt zu stehen mit dem amerikanischen Individualismus. Also mit der Vorstellung, dass man es durch eigene Kraft geschafft hat und sogar noch erfolgreicher wäre, wenn der Staat nicht die persönliche Handlungsfreiheit einschränkte. Joseph Stiglitz weiß: „Diese Vorstellung ist weitgehend ein Mythos. In einem wörtlichen Sinne hat es niemand durch eigene Kraft geschafft; die biologischen Realitäten erlauben dies schlichtweg nicht.“

Und selbst die größten Genies wissen, dass das, was sie vollbracht haben, auf den Arbeiten anderer aufbaut. Jedes amerikanische Unternehmen profitiert von der Rechtsstaatlichkeit, der Infrastruktur und den Technologien, die im Lauf von Jahrhunderten geschaffen wurden. Joseph Stiglitz stellt fest: „Steve Jobs hatte das iPhone nicht entwickeln können, wenn er nicht auf zahllosen vorherigen Erfindungen hätte aufbauen können.“ Diese entstanden zu einem Großteil durch öffentlich finanzierten Forschungsprojekten aus den vorangegangenen 50 Jahren.

Märkte verursachen zu viel Umweltverschmutzung

Eine gut funktionierende Gesellschaft erfordert daher ein Gleichgewicht zwischen individuellen und kollektivem Handeln. In den ersten Jahrzehnten nach ihre Revolutionen haben die Sowjetunion und das kommunistische China dieses Gleichgewicht verloren. Joseph Stiglitz fügt hinzu: „Heute herrscht die Sorge, dass wir es mit dem Individualismus übertrieben haben könnten.“ In den letzten 50 Jahren haben Ökonomen immer besser verstanden, unter welchen Umständen eine Form kollektiven Handelns notwendig ist, damit man gesellschaftliche Ziele erreichen kann.

Joseph Stiglitz hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass gesamtgesellschaftlicher Nutzen und private Erträge vielfach nicht deckungsgleich sind. So berücksichtigen zum Beispiel Unternehmer ohne entsprechende gesetzliche Verpflichtungen nicht die Kosten der von ihnen verursachten Umweltverschmutzung in ihrer Wirtschaftlichkeitsrechnung. Märkte produzieren von sich aus zu viel Umweltverschmutzung, Ungleichheit und Arbeitslosigkeit und zu wenig Grundlagenforschung. Wenn man sich zudem auf die private Bereitstellung eines öffentlichen Guts verlässt, wird davon zu wenig produziert. Denn Menschen oder Unternehmen denken nur an ihren eigenen Gewinn, nicht an den gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Quelle: „Der Preis des Profits“ von Joseph Stiglitz

Von Hans Klumbies