In der Demokratie geht die Herrschaft vom Volk aus

Auch wenn die Demokratie in vielerlei Gestalt auftritt, gibt es doch einen gemeinsamen Kern. Otfried Hoffe kennt ihn: „Dessen nähere Bestimmung kann man aus den drei Dimensionen mit insgesamt Gesichtspunkten aufbauen, wobei in der vollentwickelten Gestalt ein hohes Maß an Partizipation noch hinzukommt.“ Die erste legitimatorische Dimension ergänzt erstens einen formalen Gesichtspunkt, dass die Herrschaft von den Betroffenen ausgeht um zweitens den inhaltlichen Aspekt, dass sich die Herrschaft von jedem einzelnen Betroffenen und zusätzlich von der Gesamtheit rechtfertigen lässt. Zur formalen, herrschaftslegitimierenden kommt hier inhaltlich, als herrschaftsnormierende Demokratie, die universale Konsensfähigkeit dazu. Sie wird dort erfüllt, wo die Herrschaft als Gewährleistung der Freiheitsrechte jedem einzelnen und zusätzlich der Gesamtheit zugutekommt. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Anne Applebaum kennt die Verlockung des Autoritären

In ihrem neuen Buch „Die Verlockung des Autoritären“ beantwortet Anne Applebaum die Frage was die Rückkehr zu autoritären Herrschaftsformen für viele Menschen so erstrebenswert macht. Dabei zeigt sie, welche Rolle dabei die sozialen Medien, Verschwörungstheorien und Nostalgie spielen. Sie unternimmt einen Streifzug durch die westliche Welt, die sich auf erschreckender Weise nach einer harten Hand und einem starken Staat sehnt. Zu in diesem Buch beschriebenen Menschen gehören nationalistische Ideologen genauso wie hochgesinnte politische Essayisten. Die einen verfassen anspruchsvolle Bücher, andere lancieren Verschwörungstheorien im Internet. Manche Menschen genießen das Chaos und wollen es herbeiführen, um der Gesellschaft eine neue Ordnung aufzuzwingen. Anne Applebaum ist Historikerin und Journalistin. Sie arbeitet als Senior Fellow an der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University.

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Die Demokratie entspricht oft nicht dem Idealbild

Zwei Aspekte übersieht man bei einem oberflächlichen Verständnis der Demokratie gerne. Auch die Demokratie bedarf der Rechtfertigung. Diese ist von einer qualifizierten, konstitutionellen Demokratie überzeugender als von einer simplen Volksherrschaft zu erwarten. Otfried Höffe betont: „Die konstitutionelle Demokratie dürfte sogar zu den größten kulturellen Innovationen der Menschheit gehören.“ Mit den konstitutionellen Elementen kommt freilich eine Spannung in den Demokratiebegriff. Eine Rechtfertigung benötigt auch die Demokratie. Denn auch sie verzichtet nicht die Kerngrammatik des Zusammenlebens, nämlich auf ein zwangsbefugtes Recht. Deswegen hat sie einen Herrschaftscharakter, der der Rechtfertigung bedarf. Offensichtlich fällt diese leichter, wenn die Herrschaft die Betroffenen selbst ausüben. Das im Westen gelebte Votum für die Demokratie ist deshalb berechtigt. Hinsichtlich der Rechtfertigung von Herrschaft gibt es keine ernsthafte Alternative. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Deutschland hat sich einst nur über seine Kultur definiert

Wer eine deutsche Zeitung aufschlägt, landet mit großer Wahrscheinlichkeit bei einem Teil, über dem „Feuilleton“ steht. Oder eben „Kultur“. Hier meint „Kultur“ nicht mehr und nicht weniger als „Kunst“. Es ist Thea Dorn wichtig, darauf hinzuweisen, dass es möglicherweise doch einen Bereich gibt, in dem der Staat bestimmte Aspekte der Kultur besonders fördern und privilegieren, in diesem Sinne von „Leitkultur“ sprechen darf: „Eben wenn es um Kunst, wenn es um die geistig-kulturellen Fundamente unseres heutigen Selbstverständnisses geht.“ Kein anderes Land der Welt – außer vielleicht Italien, die zweite der „verspäteten“ europäischen Nationen, und Griechenland als Erbe des antiken Hellas – hat sich so stark, ja in einer bestimmten Epoche sogar ausschließlich über seine Kultur im Sinne von Kunst, Philosophie und Geisteswissenschaft definiert, wie Deutschland dies getan hat. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Der Liberalismus verbündet sich mit der Arbeiterklasse

Der Liberalismus wollte die Kultur außerhalb des Staats ansiedeln. Davon abgesehen wollte er den Staat nicht vernichten, sondern begnügte sich laut Otto Kircheimer damit, in ihm eine seiner ökonomischen Position äquivalente Machtstellung zu erringen. In diesem Kampf, der immer voll Respekt und geheimer Bewunderung für die diesen Staat repräsentierenden Mächte blieb, war die Waffe des Liberalismus die Konstitution. Otto Kirchheimer schreibt: „Der geringe politische Eigengehalt des Liberalismus ließ ihn in Frankreich zweimal dem Machtwillen eines Napoleon unterliegen, während er in Deutschland in vorbismarckscher und Bismarckscher Zeit seine Selbstständigkeit gegenüber der Staatsmacht immer wieder preisgab.“ Die Konstitution und der Rechtsstaatsgedanke überhaupt, in die der Liberalismus laut Otto Kirchheimer ein ihre wahre Bedeutung weit übersteigertes Vertrauen setzte, sollte ihm dazu verhelfen, die herrschenden Adelsschichten auf einen genau festgelegten Tätigkeitsbereich festzulegen.

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Die Staatsverfassungen des Philosophen Platon

Im achten Buch seines Werks „Politeia“ zeigt der Philosoph Platon, auf welchem Wege sich gute in schlechte Verfassungsformen verwandeln können. Er beschreibt dort den Verfassungsverfall von der Aristokratie bis hin zur brutalen Diktatur einer Tyrannis. Als Grundlage seiner Schilderung der Entartung von Verfassungen wiederholt er ein Faktum, dass ihm sehr am Herzen zu liegen scheint. Zuerst geht es ihm darum, den ungerechtesten Menschen zu betrachten und diesen anschließend mit dem aller gerechtesten zu vergleichen. Es geht auch in diesem Kapitel eigentlich um das Wesen der Gerechtigkeit, das die ganzen zehn Bücher der „Politeia“ wie eine Klammer umschließt.

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