Otfried Höffe kennt die sechs Stufen der Freiheit

Um sich den Bedeutungsraum der personalen Freiheit zu vergegenwärtigen, kann man sechs Bedeutungen unterscheiden, die, weil sie aufeinander aufbauen, Stufen der Freiheit heißen mögen. Otfried Höffe erläutert: „Weil die ersten drei für den Menschen nicht spezifisch sind, liegt schlichte Freiheit, noch keine personale Freiheit vor. Ihr gegenüber handelt es sich um Vorstufen. Erst bei den nächsten drei Stufen, den Hauptstufen geht es um die personale Freiheit selbst.“ Man mag sich fragen, warum die Überlegungen so weit ausholen. Drei Gründe sprechen für den Beginn bei den Vorstufen. Zum einen vermeidet man eine voreilige Anthropozentrik, denn selbst der Ausdruck, der den Menschen aus der Natur herauszuheben scheint, die Freiheit, bleibt für die naturale Seite des Menschen offen. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Jean Paul mischte Ironie mit Gefühl und Humor

Neben den drei großen literarischen Lagern – Klassik, Romantik und Jakobinismus – gab es einige Autoren, die sich bewusst abseits hielten, sich keiner Gruppierung anschlossen und ihren eigenen unverwechselbaren Weg gingen. Aufgrund ihrer Sonderstellung führten sie, jeder auf seine Weise, ein problematisches Außenseiterleben. Bis heute hat die Forschung große Schwierigkeiten, ihre Rolle in der Kunstepoche angemessen zu bestimmen. Johann Paul Friedrich Richter (1763 – 1825), der sich als Schriftsteller Jean Paul nannte, gelang es schon zu seinen Lebzeiten, einen gleichberechtigten und anerkannten Platz neben den klassischen und romantischen Autoren zu behaupten und zu einer Autorität im literarischen Leben zu werden. Die Voraussetzungen dafür waren allerdings alles andere als günstig. Als Sohn eines armen Lehrers und Organisten lernt er die Armut früh kennen und litt sehr unter der Strenge des Vaters.

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Der Kaiser wurde zum Symbol der neuen deutschen Nation

Mit der Gründung des Deutschen Reichs im Januar 1871 war das seit Beginn des Jahrhunderts offene Problem eines deutschen Nationalstaats mit dem Schwert gelöst worden. Alle anderen Anläufe, insbesondere der bürgerlich-revolutionäre Versuch von 1848/49 waren vorher gescheitert. Ulrich Herbert erläutert: „Das Reich war von Fürsten, Beamten und Militärs geschaffen worden, nicht von Bürgern, Bauern oder Arbeitern. Das spiegelte sich in Verfassung und politischer Struktur ebenso wider wie in den gesellschaftlichen Rangordnungen.“ Das politische Herrschaftssystem basierte auf vier Verfassungsorganen: Kaiser, Kanzler, Reichstag und Bundesrat. Das Parteiensystem setzte sich aus fünf relativ stabilen Parteirichtungen zusammen: Konservative, Nationalliberale, Linksliberale, Zentrum und Sozialdemokratie. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Thomas Rentsch beleuchtet das Menschenbild in der Philosophie

Die traditionelle Philosophie setzt sich mit dem Menschen oft nur indirekt auseinander, indem sie von Geist, Leib und Seele, Freiheit, Individuum, Person, Subjekt und Selbstbewusstsein spricht. An die Stelle einer Anthropologie tritt die Einordnung des Menschen in umfassende, transhumane Konzepte wie beispielsweise die Seinsordnung in der Metaphysik, die göttliche Schöpfungsordnung in der Theologie, die Fortschritts- oder Verfallsgeschichte in der Geschichtsphilosophie, oder in subhumane Bereiche wie Natur, Evolution oder Genetik. Thomas Rentsch fügt hinzu: „Auch die Bestimmung des Menschen über die Sprache, die Vernunft oder ethische Kategorien trifft seine Lebenswirklichkeit nur selektiv. Diese „Abwesenheit“ des Menschen in der Philosophie entspricht eine latente Allgegenwärtigkeit ungeklärter anthropologischer Grundlagen und Implikationen in der Reflexion und Theoriebildung.“ Thomas Rentsch ist Professor für Philosophie an der TU Dresden. Er arbeitet vor allem zur Hermeneutik, zur Sprachphilosophie und zur praktischen Philosophie.

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Friedrich Wilhelm Joseph Schelling ist der Philosoph der Natur

Vittorio Hösle sagt über Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775 – 1854), dass man seine Eigenart am treffendsten damit bezeichnet, dass dieser die vielleicht produktivste Phase seines Denkens bereits im Alter von 25 Jahren beendet hatte. Sein letztes wichtiges Buch veröffentlichte er mit 34. Doch noch bis zu seinem Tod hielt er bedeutende Vorlesungen. Dabei erkennt man immer mehr Kontinuitäten in seiner Entwicklung, auch wenn die sprunghafte Veränderung seiner Interessen und der Wandel seiner Positionen, von einem jugendlichen Pantheismus zu einer Form des Christentums, die der traditionellen Christologie eher entgegenkommt, unübersehbar ist. Vittorio Hösle erklärt: „Der Mythos faszinierte schon den Teenager, und die Spätphilosophie will die frühen Systementwürfe nur ergänzen, nicht ersetzen, Freiheit bleibt das Leben lang ein Hauptthema.“ Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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