Fake-News sind der Versuch einer gezielten Verwirrung

Bei aller Unsicherheit ist eines sicher: Irgendwo da draußen wird gerade jetzt, in diesem Moment, ziemlich intensiv daran gearbeitet, die traditionelle Idee einer Nachricht, Inbegriff seriöser Information, nach allen Regeln der Kunst zu zersetzen. Bernhard Pörksen erläutert: „Es kursieren in den sozialen Netzwerken jede Menge frei erfundene Behauptungen, die als Nachrichten präsentiert und als solche ausgeflaggt werden.“ Die Welt der Fake-News bildet eine eigene Realitätssphäre, ein sehr spezielles, von Fieberschüben der Erregung geprägtes Sinnbiotop, in dem das Drama die neue Normalität geworden ist und die spektakuläre Enthüllung zur alltäglichen Erfahrung. Wie aber funktioniert das Geschäft mit den Falschnachrichten? Das zentrale Prinzip ist der Versuch einer gezielten Verwirrung, die letztlich die Unterscheidbarkeit von belegbaren Annahmen und bloßen, gänzlich haltlosen Gerüchten unterminiert. Prof. Dr. Bernhard Pörksen lehrt Medienwissenschaft an der Universität Tübingen.

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Die Entdeckung einer Affäre ist eine Katastrophe

Gäbe es eine Richterskala für emotionale Erdbeben, würde die Entdeckung einer Affäre am obersten Ende der Skala rangieren. Manche Menschen erholen sich schnell, doch die Mehrheit fühlt sich, als wären sie an einem vermeintlich erdbebensicheren Ort von einer seismischen Katastrophe überrascht worden. Shirley P. Glass betont: „Sie sind in keinster Weise auf die Erschütterung vorbereitet, die ihnen den Boden unter den Füßen wegzieht und ihr häusliches Leben zerstört. In den ersten Minuten und Stunden nach der Enthüllung eines Betrugs sind die Gefühle außer Kontrolle.“ In den unmittelbar folgenden Tagen und Wochen werden sowohl der betrogene als auch der untreue Partner und der oder die Geliebte von Gefühlen enormen Verlusts überwältigt. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

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Das Zeitalter der großen Gereiztheit ist angebrochen

In der Welt der sozialen Netze herrscht längst ein Zustand rauschhafter Nervosität, eine Stimmung der kollektiven Gereiztheit, weil alles ans Licht gezerrt wird, sei es das Banale oder das Bestialische, die enthemmte Beschimpfung und die anonyme Attacke. Bernhard Pörksen analysiert in seinem neuen Buch „Die große Gereiztheit“ die Erregungsmuster der digitalen Epoche und das große Geschäft mit der Desinformation. Der Autor führt vor, wie sich die Idee von Wahrheit, die Dynamik von Enthüllungen, der Charakter von Debatten und die Vorstellung von Autorität und Macht verändern. Heute kann jeder Nachrichten versenden, der Einfluss der etablierten Medien schwindet. In dieser Gemengelage sollte der kluge und intelligente Umgang mit Informationen zur Allgemeinbildung gehören und in der Schule gelehrt werden. Denn die Mündigkeit in Bezug auf die Medien ist zur Existenzfrage der Demokratie geworden. Bernhard Pörksen ist Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen.

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Die Entdeckung einer Affäre führt zu traumatischen Symptomen

Es gibt Zeiten im Leben, in denen alles auseinanderbricht. Eine Affäre zerschmettert in einem einzigen Augenblick die behagliche, familiäre Beziehung und Routine. Shirley P. Glass erklärt: „Wenn eine Affäre offenbart oder aufgedeckt wird, ist der betrogene Partner traumatisiert. Wie traumatisiert, hängt dabei stark von der Art des Betrugs und von der Art der Entdeckung ab.“ Vertrauen wurde zerstört. Wer betrogen wurde, wird in der Folgezeit der Enthüllung vielleicht mit extremen, unberechenbaren, traumatischen Reaktionen zu kämpfen haben. Wenn man selbst der untreue Partner ist, ist man in der Misere konkurrierender Bündnisse gefangen. Jedoch sogar in dieser ersten, sehr verwirrenden Zeit kann man wieder ein zartes Gefühl von Sicherheit herstellen, indem man als Paar zusammenarbeitet. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

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Die Liebe befähigt einen Menschen zum Vergeben

„Ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebet; welchem aber wenig vergeben wird, der liebet wenig“: Hannah Arendt zitiert diesen Satz aus dem Lukasevangelium, den Jesus über die ehemalige Prostituierte Marin Magdalena sagt, in ihrem Buch „Vita activa“. Der Ausspruch Jesu, so die Philosophin, verweise auf ein Wesensmerkmal des Vergebens – richtet sich dieses doch bei näherem Hinsehen nicht auf die Tat selbst als vielmehr auf den Menschen, der sie begangen hat. Svenja Flaßpöhler fügt hinzu: „Nicht das Vergehen, sondern seinem Urheber wird vergeben, denn: Er ist größer als seine Tat. Die Liebe, die im Täter wohnt, erhebt ihn über das Unheil, das er angerichtet hat.“ Aber wie ist zu erkennen, ob eine Sünderin tatsächlich viel liebt oder nur vorgibt, dies zu tun? Dr. Svenja Flaßpöhler ist Stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins.

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Ein weiser Herrscher vertraut sich klugen Ratgebern an

Der tiefste Ausdruck des Vertrauens zwischen zwei Menschen besteht für den englischen Philosophen und Staatsmann Francis Bacon darin, dass sie einander Rat geben und diesem Rat vertrauen. In der Regel legen die Menschen nur einen Teil ihres Besitzes in die Hände eines anderen, beispielsweise ihre Güter, ihre Kinder, ihr Ansehen oder die Abwicklung eines bestimmten Geschäftes, aber denen, die sie zu ihren Ratgebern küren, übereignen sie alles. Francis Bacon schreibt: „Um wie vieles mehr sind daher diese zu Treue und Glauben verpflichtet!“ Die weisesten Herrscher sehen es nicht als Herabsetzung ihrer Größe oder als Mangel ihrer Fähigkeiten, wenn sie sich einem Ratgeber anvertrauen. Francis Bacon zitiert den weisen König Salomo, der einst gesagt hat: „Pläne werden durch Beratung fest.“

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Henri Lefebvre stellt den griechischen Denker Sokrates vor

Im Lauf ihrer Geschichte haben die Griechen in der Antike nicht wenige philosophische und politische Projekte erprobt. So gründeten sie zum Beispiel die Polis und wagten sich an die Schaffung eines Staatsgebildes. Außerdem erprobten sie äußerst unterschiedliche Verhältnisse von Theorie und Praxis, einschließlich der Rhetorik, der Sophistik und der Dialektik, in der Praxis. Philosophische Probleme versuchten die griechischen Denker mit der spekulativen, logischen und ontologischen Methode zu lösen. Zudem haben sie die Umrisse des Systems an sich entworfen, die Lehre vom Sein. Henri Lefebvre schränkt ein: „Sokrates allerdings konfrontiert lieber die Lehrsätze, als dass er ihnen beipflichtete oder dagegen argumentierte.“ Er ist weder ein Anhänger der unwandelbaren Ontologie des Parmenides noch der dialektischen Philosophieauffassung eines Heraklit.  

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Byung-Chul Han geißtelt die totalitären Züge der Transparenz

Die Medien, Politiker, die Kirchen und viele andere gesellschaftliche Gruppen fordern neuerdings immer und überall Transparenz. Byung-Chul Han, Professor für Philosophie und Kulturwissenschaften an der Universität der Künste in Berlin, ist wegen dieser allgegenwärtigen Forderung sehr beunruhigt, da sie inzwischen seiner Meinung nach totalitäre Züge annimmt. Für ihn klingt „transparent machen“ so, als würde man gnadenlos aus- und durchgeleuchtet wie mit einem Nacktscanner. Ihn interessiert vor allem die Dimension der Gewalt, die in dem Phänomen der Transparenz innewohnt. Byung-Chul Han bestreitet nicht, dass Transparenz Machtmissbrauch, Vetternwirtschaft und Korruption verhindern kann, beklagt aber, dass sich die Forderung nach Transparenz inzwischen gegen jede Form der Macht wendet. Seiner Meinung nach darf man Macht nicht auf die Möglichkeit des Missbrauchs reduzieren.

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Der entfesselte Skandal führt zu elementarem Kontrollverlust

In einer Welt des Internets und der Massenmedien scheint der Skandal hinter jeder Ecke zu lauern. Jeder kann ihn verursachen, jeder kann sein Opfer sein. Videos auf dem Handy können eine Karriere vernichten, Botschaften über Twitter Empörung auslösen, SMS-Nachrichten als Beweismittel verwendet werden. Bernhard Pörksen und Hanne Detel schreiben in ihrem neuen Buch „Der entfesselte Skandal“: „Dokumente der Blamage und der Demontage besitzen heute eine neue Leichtigkeit und Beweglichkeit. Sie können rasch kopiert, blitzschnell verbreitet, kaum noch zensiert werden – und sorgen im Extremfall weltweit für Empörung.“ Der Ruf eines Menschen, eines Untenehmen, ja sogar eines Staates lässt sich in Rekordzeit ruinieren. Der Skandal hat für die Autoren im digitalen Zeitalter eine neue Evolutionsstufe und neue Ebene der Eskalation erklommen. Er kann ein Spektakel der Grausamkeit sein, aber ebenso gut der Aufklärung dienen. Bernhard Pörksen ist Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen. Hanne Detel arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienwissenschaft der Universität Tübingen.

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Maurice Merleau-Pontys Philosophie der Leiblichkeit

Den Leib, über den er philosophiert, fasst Maurice Merleau-Ponty als ein Subjekt auf, der dem Menschen die Dinglichkeit und die Mitmenschen erschließt. Er ist so stark zu allem und jenem geöffnet, dass er durch seine Haut nur scheinbar begrenzt wird. In Wirklichkeit reicht er bis zum Horizont, wo die Sicht und die Gefühle enden. Wo Menschen kooperieren, verstehen sie sich gleichsam von Leib zu Leib. In dieser wechselseitigen Berührung der Seelen im Verständigungsprozess schwingt nicht selten ein erotischer Moment mit. Die Erotik ist laut Maurice Merleau-Ponty die dem Menschen gegebene Möglichkeit, sich mit einem Du ohne Sprache zu einigen, wobei jeder dem anderen dazu verhilft, das Wohnen im Leibe und damit in der Welt zu verwirklichen.

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Joseph Pulitzer: "Die Leser wollen sex and crime"

Joseph Pulitzer, ein gebürtiger Ungar, der nach Amerika ausgewandert war, machte in St. Louis bei der „Westlichen Post“ erste journalistische Erfahrungen und erkannte dabei, dass eine Zeitung nicht nur belehren müsse, sondern auch unterhalten könne. Als er mit 31 Jahren selbst Zeitungsbesitzer der „Post and Dispatch“ geworden war, manifestierte sich die zweite Säule des „Pulitzer-Stils“ Enthüllung und Angriff. In einer der ersten Ausgaben seiner Zeitung schrieb er: „Post and Dispatch wird allen Betrug und allen Schwindel bekämpfen, wo immer und wie immer sie sich zeigen.“

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