Putin hat den Frieden in Europa zerstört

Anders als gewohnt widmet sich die Rubrik „Arena“ im neunen Philosophie Magazin 03/2022 nur einem Thema. Und zwar dem schrecklichen Angriffskrieg Russlands in der Ukraine. Chefredakteurin Svenja Flaßpöhler schreibt in ihrem Editorial: „Gerade jetzt ist es geboten zu verstehen: die Logik des Krieges, die immer noch Teil unserer Realität ist – und die auch das Denken Wladimir Putins bestimmt. Ein solches Verstehen legitimiert nicht seine Tat, sondern kann vielleicht helfen, einen aus Schock und Angst geborenen blinden Aktionismus zu verhindern.“ Jörg Baberowski, Historiker und Spezialist für die Geschichte der Sowjetunion, hat den Angriff Russlands auf die Ukraine nicht für möglich gehalten. Welche Tür sollte der Westen Putin öffnen, damit es zum Schlimmsten nicht kommt? Jörg Baberowski rät: „Die einzige Tür, die ins Offene führt, ist das Gespräch. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht.“

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Wahr und falsch sind kaum mehr zu unterscheiden

In seinem neuen Buch „Undinge“ vertritt Byung-Chul Han die These, dass die rapide steigende Informationsflut die Menschen in eine postfaktische Gesellschaft stürzt. In vielen Fällen ist sogar die Unterscheidung zwischen wahr und falsch aufgehoben. Informationen zirkulieren nun ohne jeden Realitätsbezug in einem hyperrealen Raum. Byung-Chul Han stellt fest: „Die Welt wird zusehends unfassbarer, wolkiger und gespenstischer.“ Schon vor Jahrzehnten stellte der Medientheoretiker Vilém Flusser fest, dass Undinge von allen Seiten in die Umwelt der Menschen eindringen. Weil sie die Dinge verdrängen, nennt man sie Undinge. Byung-Chul Han entwickelt in „Undinge“ sowohl eine Philosophie des Smartphones als auch eine Kritik der künstlichen Intelligenz aus ungewohnter Perspektive. Byung-Chul Han ist ein koreanisch-deutscher Philosoph, Kulturwissenschaftler und Autor. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

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Die Sprengkraft des Eros wirkt befreiend

Byung-Chul Han ist sowohl der Autor des Essays „Müdigkeitsgesellschaft“ als auch des Buchs „Die Agonie des Eros“. Die Medien schwächen die Gefühle einerseits ab, andererseits verherrlichen sie sie und stellen sie zur Schau. Ohne Bindungen beraubt sich der Mensch jeder Energie. Isabella Guanzini stellt fest: „Die Effizienzgesellschaft betäubt die befreiende Sprengkraft des Eros. Auch er ist inzwischen dem Leistungsdruck unterworfen und wird als Kapital betrachtet, das lediglich vermehrt werden muss.“ Zugleich investiert man die Libido vor allem in das eigene, individuelle Potential. Die Erfahrung des anderen ist das grundlegende Wesen des Eros. Es verwandelt sich leider in ein mehr oder weniger unbewusstes Benutzen des anderen als Spiegel des eigen Ich. Isabella Guanzini ist Professorin für Fundamentaltheologie an der Universität Graz.

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Jeder möchte einzigartig und authentisch sein

Im Titelthema des aktuellen Philosophie Magazins 03/2016 wird die Frage beantwortet: „Wer ist mein wahres Selbst?“ Fast jeder möchte echt sein, einzigartig erscheinen und authentisch wirken. Gerade in den Zeiten der digitalen Selbstdarstellung zum Beispiel bei Facebook ist der Übergang von der gekonnten Verstellung in die dauerhafte existenzielle Entfremdung fließend. Auch der Alltag ist bei genauerer Betrachtung eine Abfolge von Situationen, in denen man eine bereits vorbestimmte Rolle möglichst überzeugend zu spielen hat. Die Frage „Wer bin ich wirklich?“ wird durch den tiefen Wunsch hervorgebracht, das eigene Leben selbst zu führen, anstatt geführt zu werden. Der Philosoph Byung-Chul Han kritisiert in seinem Beitrag den „Terror des Andersseins“. Im Kapitalismus wollen sich vielen Menschen von der Masse unterscheiden. Doch gerade die Abgrenzung und der permanente Vergleich führen laut Byung-Chul Han in die Hölle der Konformität.

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Nur Sklaven suchen ihren Lebenssinn in der Arbeit

Das neue Philosophie Magazin 06/2015 beschäftigt sich im Titelthema mit der Frage: „Macht meine Arbeit noch Sinn?“ Diese Frage scheint heut für viele drängender denn je zu sein, obwohl sie historisch gesehen relativ neu ist. Fragen nach dem Sinn der Arbeit tauchen allerdings erst dann auf, wenn die Fragen der Würde geklärt sind. Für Sigmund Freud ist nicht nur der soziale Wert ausschlaggebend für ein befriedigendes Arbeiten, sondern auch die Übersetzbarkeit bestehender und mitunter höchst selbstbezogener Triebregungen in die jeweilige Tätigkeit. Das heißt, nicht jeder Mensch findet sein Glück als humanitäre Kraft, auf welchem Gebiet auch immer. Vielmehr gibt es auch solche Menschen, die Konkurrenzdruck und einen ständigen Kampf um Macht brauchen, um in der Arbeit aufzugehen. Der Philosoph und Kulturkritiker Byung-Chul Han behauptet dagegen: „Wer seinen Lebenssinn in der Arbeit sucht, gibt sich damit bereits als Sklave unseres Zeitalters zu erkennen.“

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Die ruhigen Momente im Leben weisen den Weg zum Selbst

Die deutsche Philosophin, Literaturwissenschaftlerin und Autorin Svenja Flaßpöhler vertritt die These, dass der technische Forschritt, eine Steigerungslogik und ständig wachsende Leistungsanforderungen den Tagesablauf der meisten Menschen takten. Svenja Flaßpöhler stellt sich die Frage, ob es wirklich nur soziale Mechanismen sind, die Effizienz und Beschleunigung fordern, oder ob die Gründe dafür vielleicht doch beim Menschen selbst verortet sind. Sie schreibt: „Obwohl allenthalben mehr Muße eingeklagt wird, scheinen wir tatsächlich kaum fähig, Zeit überhaupt auszuhalten.“ Jedes sich öffnende Zeitfenster weckt bei vielen Menschen die Neigung, es sogleich zu takten und zu füllen. Dabei könnten es gerade die ruhigen Momente im Leben sein, die den Weg zum Selbst weisen, vor allem wegen ihrer Eigenart, sich in ihnen dem Nichts ausgeliefert zu fühlen. Sinn bekommt das Sein für Svenja Flaßpöhler erst durch die Konfrontation mit dem Nichtsein.

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Große Denker philosophieren über die vergangenen 100 Jahre

Die Sonderausgabe des Philosophie Magazins „1914 – 2014. Das Jahrhundert im Spiegel seiner großen Denker“ umfasst eine einzigartige Sammlung von Artikeln, die Philosophen in den vergangenen hundert Jahren zu den wichtigsten Ereignissen ihrer Epoche veröffentlicht haben. Das Heft ist in vier große Zeitblöcke gegliedert, wobei der erstem vom Jahr 1914 bis zum Jahr 1932 reicht. In ihm schreibt zum Beispiel Ernst Bloch über den Aufstieg Adolf Hitlers, Karl Kraus über den Zynismus des Alltags, Walter Benjamin über die Macht der Technik und Albert Einstein gemeinsam mit Sigmund Freund über den bedrohten Frieden. Der Pazifist Albert Einstein fragt in einem Brief, ob Sigmund Freud eine Möglichkeit kenne, die psychischen Entwicklungen der Menschen so zu leiten, dass sie den Psychosen des Hasses und der Vernichtung gegenüber widerstandfähiger würden. Die Sonderausgabe des Philosophie Magazins ist seit 5. Dezember im Handel und kostet 9,90 Euro.

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Byung-Chul Han geißtelt die totalitären Züge der Transparenz

Die Medien, Politiker, die Kirchen und viele andere gesellschaftliche Gruppen fordern neuerdings immer und überall Transparenz. Byung-Chul Han, Professor für Philosophie und Kulturwissenschaften an der Universität der Künste in Berlin, ist wegen dieser allgegenwärtigen Forderung sehr beunruhigt, da sie inzwischen seiner Meinung nach totalitäre Züge annimmt. Für ihn klingt „transparent machen“ so, als würde man gnadenlos aus- und durchgeleuchtet wie mit einem Nacktscanner. Ihn interessiert vor allem die Dimension der Gewalt, die in dem Phänomen der Transparenz innewohnt. Byung-Chul Han bestreitet nicht, dass Transparenz Machtmissbrauch, Vetternwirtschaft und Korruption verhindern kann, beklagt aber, dass sich die Forderung nach Transparenz inzwischen gegen jede Form der Macht wendet. Seiner Meinung nach darf man Macht nicht auf die Möglichkeit des Missbrauchs reduzieren.

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