Die Demokratie lebt von der Klugheit seiner Bürger

Für Silvio Vietta ist klar, dass die Demokratie als politische Verwaltungsform ein hohes Maß an Klugheit und eigener Denkarbeit seiner Bürger verlangt. Die antike Athener Demokratie ist nicht zuletzt daran zugrunde gegangen, dass ihre Bürger diese Form der politischen Klugheit nicht aufgebracht haben. Der große Kulturhistoriker Jakob Burckhardt nannte die Griechen ein „hochbegabtes Volk“. Jedoch agierte es in der Athener Demokratie auch politisch undiszipliniert und häufig geradezu chaotisch. Jakob Burckhardt beschreibt, wie sich dasjenige Volk in Athen von der ehrlichen Arbeit abwendet und an lauter Volksversammlungen und Gerichthalten gewohnt war. Dabei unterlag es einer völlig verdrehten und lüsternen Phantasie. Angetrieben durch eine Kultur der Korruption und „fake news“, verrieten die Athener schließlich sogar ihre eigenen Feldherren. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Jeder Mensch kann sein Leben sofort ändern

Jeder Mensch kann sich zu jedem Zeitpunkt seines Lebens dafür entscheiden, fortan anders zu leben als bisher. Gerald Hüther erklärt: „Etwas bewusster vielleicht, etwas achtsamer gegenüber sich selbst und auch anderen gegenüber. Mehr im Einklang mit sich und der Natur, zuversichtlicher und auch wieder etwas neugieriger.“ Es ist den Versuch wert und auch ganz einfach. Es ist beispielsweise nicht so schwer, die Lebensmittel, die man isst, sorgfältiger auszuwählen als bisher und sich gelegentlich auch körperlich zu betätigen. Es schadet nichts, wenn man dabei ins Schwitzen gerät. Wer sich darauf einlässt, beginnt auch wieder, sich zu spüren. Und damit kann jeder Mensch noch heute beginnen. Und wer sich auf diese Weise auf den Weg macht, beim dem entwickelt sich von ganz allein auch ein anderes Lebensgefühl. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern in Deutschland.

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Künstliche Intelligenzen eignen sich das Weltwissen an

Holger Volland weiß: „Die Sprache ist eine unerschöpfliche Ressource, um daraus neue Welten zu erschaffen und beschreiben zu können.“ Daneben besitzt die Sprache eine einzigartige Fähigkeit: Gefühle zu vermitteln, die weit über die Bedeutung von Wörtern hinausgehen. Die Schriftstellerin und Apothekerin Marie von Ebner-Eschenbach schrieb einmal: „Der Geist einer Sprache offenbart sich am deutlichsten in ihren unübersetzbaren Worten.“ Denn diese zeigen, dass es Dinge gibt, die nicht zur eigenen Kultur gehören. Deshalb braucht man für sie keinen eigenen Begriff. Auch der fremde Klang von Wörtern scheint Dingen eine neue Bedeutungsebene zu geben. Fremde Sprachen ermöglichen auch neue Formen des Denkens. Weil zum Beispiel Begriffe fehlen oder es plötzlich viele Wörter mit feinsten Unterscheidungen gibt. Das gilt für eine Sache, die im Deutschen nur durch ein Wort repräsentiert wird. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung. Zudem kuratierte er große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

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Baruch de Spinoza lehrt den Pantheismus

Die Idee, das die Liebe weniger ein individuelles Gefühl, ein allein menschlichen Prinzip oder so sei, ist alt. Am prominentesten hat das der Philosoph Baruch de Spinoza dargestellt. Peter Trawny fasst es kurz und daher grob zusammen: „Spinoza erklärt, dass es nur eine Substanz, eine Natur, einen Gott, überhaupt nur eines geben könne. Da darum Gott und Natur, das heißt die Gesamtheit aller Dinge plus ihrem Ursprung, nicht zwei sein können, ist Gott Natur, Natur Gott.“ Man hat das dann Pantheismus genannt und als eine Lehre, dass Alles Gott und Gott Alles sei, verdammt und gefeiert. Für einen Christen des 17. Jahrhunderts war das gelinde gesagt mehr als unglaubwürdig. Peter Trawny gründete 2012 das Martin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, das er seitdem leitet.

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Eigenständiges Denken führt zu Anfeindungen

Die neue Sonderausgabe des Philosophie Magazins über Platon eignet sich hervorragend dafür, in die Welt der Ideen des griechischen Meisterdenkers einzutauchen. Laut Chefredakteurin Catherine Newmark gehört Platon eindeutig nicht zu den trockenen Denkern der Philosophiegeschichte: „Was er immer wieder lebhaft darstellt, ist nicht so sehr eine bestimmte Erkenntnis als vielmehr der Prozess des Suchens und Findens von Erkenntnis.“ Für Platon ist das philosophische Gespräch weniger ein Kampf um das siegreiche Argument als vielmehr eine gemeinsame Suchbewegung. Seine Themen haben auch nach mehr als zwei Jahrtausenden nichts an Aktualität eingebüßt. Die Frage nach der ethischen Gerechtigkeit treibt ihn ebenso um wie die Gefahr des politischen Populismus. In seinem berühmten Höhlengleichnis entwirft Platon eine anspruchsvolle Ethik des Denkens. Es bedarf der Ausdauer und Anstrengung – und wer sich von gängigen Meinungen löst, muss mit Anfeindungen rechnen.

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Der mündige Intellektuelle ist der Aufklärung verpflichtet

Der mündige Intellektuelle verachtet Ideologien. Zumindest solche, die Gefolgschaft erfordern und die Preisgabe der intellektuellen Autonomie zum Wohle eines abgeschlossenen Weltbildes. Dieses kann in der Postmoderne auch gern widersprüchlich und torsohaft daherkommen. Ulf Poschardt fügt hinzu: „Der mündige Intellektuelle hat ein stark dynamisches und performatives Verständnis von Denken und Werk.“ Er versteht sein eigenes Reflexions- und Wissensniveau als Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen. Der mündige Intellektuelle ist dem Ideal des aufgeklärten Diskurses und Debatte verpflichtet. Er will nicht gefallen, sondern sortiert seine Anliegen entlang jener Anliegen, die in den entscheidenden gesellschaftlichen Debatten jeweils zu kurz kommen. Seine Differenziertheit folgt strategischen Überlegungen. Er muss seine eigene Position relativ zum Kurs des Ganzen definieren. Seit 2016 ist Ulf Poschardt Chefredakteur der „Welt-Gruppe“ (Die Welt, Welt am Sonntag, Welt TV).

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Jeder Besitz kann verloren gehen

Der römische Philosoph Seneca empfiehlt, sich innerlich zu der Gewissheit durchzuringen, dass man auch ohne größere Besitztümer glücklich leben kann. Er äußerst sich auch dazu, wie dieser Prozess der Verinnerlichung konkret vonstattengehen soll: „… du musst den Besitz immer als etwas ansehen, das dir auch verloren gehen kann.“ Die Menschen sollen sich daran gewöhnen, Dinge nur als „geliehen“ zu betrachten. Albert Kitzler ergänzt: „Wir haben kein unverbrüchliches Anrecht auf sie. Sie kommen und gehen, und wir haben nur einen bedingten Einfluss darauf, wann und wie lange wir sie besitzen.“ In jedem Moment können wir sie verlieren. So war es immer und wird es immer bleiben. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Die Wirklichkeit verändert sich ständig

Georg Wilhelm Friedrich Hegel denkt, dass in der Geschichte mehr vor sich geht als „das eine Ereignis, das auf das andere folgt“. Die Wirklichkeit, in welcher der Mensch lebt, ist selbst in einer permanenten Transformation begriffen. Die Veränderungen betreffen auch grundlegende Kategorien wie Wahrheit, Recht und politische Ordnung. Ger Groot ergänzt: „Nicht nur die Tatsachen verändern sich, sondern auch der Maßstab, nach dem sie beurteilt und verstanden werden. Daher verändert sich auch ihre Bedeutung.“ Was in einem Moment der Geschichte wahr ist, muss es in einem anderen Moment nicht sein. Was heute als gerecht gilt, muss fünfhundert Jahre früher nicht per se als gerecht gegolten haben. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Friedrich Nietzsche entwickelt eine Philosophie des Fragens

Schaut man genauer hin, verbergen sich schon in Friedrich Nietzsches Werk „Menschliches, Allzumenschliches“ Aphorismen, seine Kurz- und Kürzesttexte. Sie nehmen hier in ihrer Gestalt die verschiedensten Formen an. Andreas Urs Sommer kennt sie: „Selbstgespräche gibt es ebenso wie kurze Dialoge. Sprichwörtlich pointierte Epigramme ebenso wie Experimentanleitungen. Merksätze ebenso wie Miniaturerzählungen, Prosagedichte ebenso wie Parabeln.“ Vielen dieser Texte gemeinsam ist, wenigstens dem Anspruch nach, ihr „dickes Ende“: Das in ihnen nämlich sehr viel mehr steckt, als der knappe Raum, den sie einnehmen, eigentlich zu fassen erlaubt. In seinem Nachlass schrieb Friedrich Nietzsche 1885: „In Aphorismen-Büchern gleich den meinigen stehen zwischen und hinter kurzen Aphorismen lauter verbotene lange Dinge und Gedanken-Ketten.“ Andreas Urs Sommer lehrt Philosophie an der Universität Freiburg i. B. und leitet die Forschungsstelle Nietzsche-Kommentar der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

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In der Stille kommt das Denken und Wollen zur Ruhe

„Schaffe Leere bis zum Höchsten! Wahre die Stille bis zum Völligsten.“ Diese Worte sind Teil einer berühmten Stelle aus dem Daodejing (Tao Te King) des Laotse. Albert Kitzler weist auf eine bedeutenden Kulturhistoriker hin, der über dieses Zitat sagte: „Es gibt vielleicht keine weisere Stelle in der ganzen Weltliteratur.“ „Stille“ ist hier das zur Ruhe kommen des unaufhörlichen Denkens und Wollens. Es geht dabei um den ruhigen Fluss des Lebens und das Zurückkommen zu sich selbst. Wichtig dabei ist die Erkenntnis und Annahme des natürlichen Kreislaufs alles Lebendigen, einschließlich des persönlichen Schicksals. Man kann sagen, es handelt sich dabei um den Inbegriff aller Gelassenheit. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Weise Menschen sind durch nichts zu erschüttern

Der römische Philosoph und Staatsmann Seneca umschreibt den Zusammenhang von Philosophie und Schicksal, Lebensbewältigung und Unerschütterlichkeit so: „Die Philosophie muss unsere Schutzwehr bilden, diese uneinnehmbare Mauer, die durch das Schicksal nicht überwältigt wird trotz aller kunstvollen Angriffsmittel.“ Albert Kitzler fügt hinzu: „All das, was an äußeren Ereignissen, die wir Schicksal oder Welt nennen, auf uns zukommt, soll die Seele nicht verletzen, soll ihr keine Wunden zufügen können, soll unser inneres Gleichgewicht nicht ins Wanken bringen.“ Das Schicksal überwältigt nur denjenigen, der sich daran klammert. Seneca meint, man könne durch Verzicht zum Schicksal auf Distanz gehen. Dazu sei einerseits Wissen erforderlich. Andererseits habe es viel mit den eigenen Werten zu tun, denen man nacheifert, und umgekehrt mit den „Unwerten“, die man meiden sollte. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Die ersten Lehrer waren Philosophen und Wissenschaftler

Mit der griechischen Entdeckung des eigenständigen Denkens als einem hohen Wert beginnt auch die Geschichte der Schulung des Denkens. Dafür werden eigens Institutionen geschaffen. Für Silvio Vietta ist das ein erstes wichtiges Beispiel, wie sich ein geistiger Wert materialisiert und institutionalisiert. Das macht selbst einen großen Teil der Bildungsgeschichte des Abendlandes aus. Zugleich entsteht durch diesen Wert eine neue soziale Schicht. Nämlich die Philosophen-Wissenschaftler als erste Lehrer. Silvio Vietta nennt sie in einem Wort, weil Philosophie und Wissenschaft in der Antike noch nicht getrennt waren wie in der Neuzeit. Der neben Aristoteles größte Denker der Antike, Platon, gründete bereits eine Akademie vor den Toren Athens. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Die Philosophie befreit aus der Enge der Gedankenwelt

Menschen denken unterschiedlich. Das scheint unmittelbar einleuchtend und klingt nach einer Selbstverständlichkeit, dennoch vergessen dies viele immer wieder. Man glaubt, dass alle irgendwie ähnlich ticken als man selbst. Ludger Pfeil erklärt: „Enttäuschungen sind da nicht nur zwischen Fremden vorprogrammiert; auch im Gespräch mit Freunden und Partnern fühlen wir uns manchmal unverstanden.“ Die Philosophie bietet wie sonst höchstens die Literatur die Chance, andere Sichten auf die Welt kennenzulernen und einen Menschen aus der Beschränkung der mehr oder weniger engen eigenen Gedankenwelt und der eingefahrenen Argumentationsgleise mindestens zeitweise zu befreien. Einführende Schriften zur Philosophie orientieren sich im Allgmeinen historisch am Lauf der Geschichte oder an den Teildisziplinen der Philosophie. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Michael Wolffsohn fordert den Mut zum Denken

Das neue Buch „Tacheles“ von Michael Wolffsohn ist nichts für Fachidioten oder eindimensionale Menschen. Der Autor redet nicht gern um den „heißen Brei“ herum. Sein Credo lautet: Erst denken, dadurch erkennen. Dann das Gedachte benennen und sich auch dazu bekennen. Somit Tacheles reden und schreiben. Auch wenn es nicht allen gefällt. Michael Wolffsohn fordert Mut zum Denken und Mut zum Aussprechen. Nicht taktisch denken, sondern faktisch lautet seine Devise. Er steht der Wahrheit unerbittlich zur Seite und räumt mit Klischees, Legenden und Lebenslügen in den politischen und historischen Debatten auf. Michael Wolffsohn kritisiert pointiert den aktuellen Antisemitismus in Deutschland. Prof. Dr. Michael Wolffsohn war von 1981 bis 2012 Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr in München.

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Selbst denken kann gefährlich sein

In Kulturen, die von Traditionen geleitet werden, ist der Einzelne nicht aufgerufen, die gegebenen Lebensformen zu hinterfragen. Sondern er ist aufgefordert, sie zu erfüllen. Diese in Frage zu stellen, könnte sogar ausgesprochen gefährlich sein. Silvio Vietta erläutert: „Auch in der europäischen Kultur sind Fragende oft aus dem Lande gejagt, ins Gefängnis gesperrt, verbrannt worden. Nicht nur im Mittelalter, auch in den totalitären Phasen der Neuzeit.“ Noch tiefer als eine Frage setzt der Zweifel vorgegebene Formen des Denkens auf den Prüfstand. „Etwas bezweifeln“ heißt deren Richtigkeit in Frage zu stellen. Das ruft wiederum das Denken als eigenverantwortliches Prüfen von Sachverhalten auf den Plan. Vor allem die mittelalterliche Kirche hielt den Zweifel für etwas Gefährliches. Wer an Gott zweifelte, konnte schnell auf dem Scheiterhaufen landen. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Im Stoizismus ist eine Person in ihrem Denken autark

Das Thema Kränkung im engeren Sinne spielt in der Philosophie keine große Rolle. Wohl aber hatte diese zu den assoziierten Themen wie Enttäuschung, Verletzung und Demütigung einiges zu sagen. Reinhard Haller nennt ein Beispiel: „Der Stoizismus vertritt die Ansicht, dass die Gesellschaft gar nicht demütigen kann, weil eine Person in ihrem Denken autark ist.“ Im Stoizismus werden rational begründete Gefühle wie Kränkungen gar nicht zugelassen. Denn sie könnten ja das autonome Denken überwältigen. Da jede Person in ihrem Denken eigenständig ist, kann sie von anderen gar nicht gekränkt werden. Die stoische Apathie bedeutet aber kein Fehlen von Gefühlen, wie dies bei gemütslosen Psychopathen der Fall wäre. Selbst einem Sklaven sei es möglich, seine Gefühle vor dem Herrn zu verbergen und sie ganz allein zu besitzen. Der Psychiater und Psychotherapeut Reinhard Haller arbeitet vornehmlich als Therapeut, Sachverständiger und Vortragender.

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Es gibt Genies in allen Lebensbereichen

Der Psychologe Frederic Myers beschäftigte sich sein ganzes Leben lang mit Genie und Kreativität. Genie, so Frederic Myers, sei die Fähigkeit, sich das unterschwellige – unbewusste – Denken in stärkerem Maße zunutze zu machen, als es die meisten Menschen täten oder könnten. Seinen Worten zufolge beruht die geniale Eingebung wie auch die Inspiration für kreative Durchbrüche darauf, dass eine Flutwelle unterschwelliger Ideen in den von der betreffenden Person absichtlich gelenkten Ideenstrom einschießt. John Bargh fügt hinzu: „Brillante Einfälle entstehen dann, wen man die unbewussten Geisteskräfte stärker nutzt als die meisten Menschen.“ Es gibt Genies in allen Lebensbereichen, nicht nur in der Wissenschaft und der Literatur. Prof. Dr. John Bargh ist Professor für Psychologie an der Yale University, wo er das Automaticity in Cognition, Motivation, and Evaluation (ACME) Laboratory leitet.

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Kurznachrichten hemmen das Denken

Denken braucht Konzentration, die ihrerseits ungestörte Zeit erfordert. Wer sich dem reißenden Strom der Kurznachrichten öffnet, dessen Konzentration wird im Nu weggeschwemmt sein. Rolf Dobelli ergänzt: „News machen einen seichten Denker aus Ihnen. Aber nicht nur das. Sie beeinträchtigen Ihr Gedächtnis.“ Es gibt zwei Arten von Gedächtnis. Das Langzeitgedächtnis besitzt eine hohe Speicherkapazität, während das Arbeitsgedächtnis nur wenig aufnehmen kann. Der Weg vom Arbeits- zum Langzeitgedächtnis führt durch einen Engpass im Gehirn. Was immer ein Mensch verstehen möchte, es muss diesen Punkt passieren. Das geht bei abstrakten Informationen nur über Konzentration. Weil Kurznachrichten die Konzentration stören, schwächen sie aktiv das Verstehen. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Der IQ ist für beruflichen Erfolg eine wichtige Voraussetzung

Der Intelligenzquotient (IQ) ist in hohem Maß genetisch vorgegeben und nicht wesentlich veränderbar. Andreas Salcher ergänzt: „Und der IQ ist zumindest in unserer Leistungsgesellschaft für beruflichen Erfolg eine wichtige Voraussetzung, allerdings mit abnehmendem Grenznutzen.“ Ein IQ von 120 reicht zum Beispiel völlig aus, um in Organisationen Karriere zu machen oder ein Unternehmen erfolgreich zu führen. Ein IQ von 160 macht dabei keinen entscheidenden Unterschied – außer man will unbedingt einen Nobelpreis. Mit einem unterdurchschnittlichen IQ, also deutlich unter 100, wird man dagegen höchstwahrscheinlich sowohl in der Schule als auch im Beruf keinen nachhaltigen Erfolg haben. Für den Karriereforscher und Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) Johannes Steyrer zeigen Langzeitstudien, dass der IQ signifikant mit Schulleistungen korreliert. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.

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Körper und Geist bilden eine Einheit

Den meisten Menschen ist klar, dass Körper, Geist und Psyche zusammengehören und eine Person nur als Einheit verstanden werden kann; und dass das Gesamtsystem Mensch erst durch das Zusammenspiel von Körper und Bewusstsein funktionsfähig wird. Ulrich Schnabel fordert: „Für die Medizin müsste das bedeuten, Krankheiten nicht allein auf rein körperlicher Ebene zu behandeln, sondern stets auch die seelische Verfassung, die Erwartung und innere Einstellung der Patienten zu berücksichtigen.“ Doch diese Einsicht geht im täglichen Betrieb vieler Krankenhäuser oft unter, sei es aus Zeitmangel, ökonomischem Druck oder schlicht aus Ignoranz. Dabei gibt es mittlerweile genügend Belege für den großen Einfluss, den die menschliche Psyche auf das körperliche Befinden hat. Die Einstellung und das Verhalten eines Patienten können massiv das das biologische Geschehen ihres Körpers beeinflussen. Ulrich Schnabel ist seit über 25 Jahren Wissenschaftsredakteur bei der ZEIT.

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Denken hat immer etwas mit Gefühlen zu tun

Dank ihrer Sinnlichkeit sind die Menschen in jedem Augenblick ihres bewussten Lebens – auch im Traum – auf Tuchfühlung mit dem Wirklichen. Markus Gabriel stellt fest: „Unsere Empfindungen, unser Kontakt mit dem, was es wirklich gibt, konfrontiert uns zum Glück nicht nur mit dem Widerstand und der Widerwärtigkeit des Lebens.“ Der Mensch ist so sehr ein soziales Lebewesen, dass Mitglieder seiner Spezies in den ersten Monaten und Jahren überhaupt nur überleben, wenn sie Liebe als den Umstand erfahren, dass andere geistige Lebewesen sich ihnen schützend zuwenden. Darüber hinaus vertritt die Tiefenpsychologie die These, dass jeder Mensch eine Einstellung zu sich selbst als denkendes Lebewesen hat. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Die vorsokratische Philosophie revolutioniert das Denken

Das eigenständige Denken hat seinen Ursprung in Griechenland, zumindest in der Form eines eigenen Leitprinzips. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Völker und Epochen vor den Griechen nicht auch eigenständig gedacht hätten. Silvio Vietta erläutert: „Sie haben anders gedacht. Das Denken vor der Revolution der Rationalität war mythisch geprägt. Das Denken erklärte die Welt aus mythischen Mächten der Götter oder eines Gottes.“ Die griechische vorsokratische Philosophie dagegen definiert die Welt aus erkennbaren irdischen Ursachen und Kräften wie Wasser (Thales von Milet), Luft (Anaximenes), Feuer (Heraklit), dem Sein (Parmenides), Atomen (Demokrit). Zudem war das Wissen um Götter, Menschen und Welt nicht für die Masse der Menschen bestimmt, sondern nur für einen ausgewählten Kreis von Priestern und Herrschern. Prof. em. Dr. Silvio Vietta hat an der Universität Hildesheim deutsche und europäische Literatur- und Kulturgeschichte gelehrt.

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Menschen lernen durch Vergessen

Menschen erinnern sich an viele Einzelfälle und verbinden sie. Das Ergebnis ist eine komprimierte, zusammengefasste, verschmolzene Übererinnerung. Zum Beispiel an ein nicht existierendes Objekt wie einen abstrakten oder beispielhaften Baum. In der Regel werden solche Abstraktionen hinter den Kulissen im Rahmen der unbewussten geistigen Routinevorgänge erzeugt … und zwar in der Kindheit. Im 19. Jahrhundert schrieb der Essayist und Maler William Hazlitt: „Objekte, wie sie uns zuerst begegnet sind, besitzen diese Einzigartigkeit und Vollständigkeit des Eindrucks, dass es scheint, als könne nichts sie zerstören oder auslöschen – so fest sind sie ins Gehirn eingeprägt und mit ihm verbunden.“ David Gelernter fügt hinzu: „Wenn sich dann aber Erinnerungen auf Erinnerungen häufen, sind Verfestigung und Kompression natürliche Vorgänge. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale Universität.

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Der Anfang der Liebe ist das Schönste auf der Welt

Peter Trawny versucht in seinem Buch „Philosophie der Liebe, das Phänomen der Liebe philosophisch in Denkbildern zu erfassen, wobei er ihrer Vielgestaltigkeit nachspürt. Denn Liebe, so zeigt Peter Trawny kennt viele Formen: Hassliebe, romantische Liebe, Weisheitsliebe, große Liebe, Nächstenlieben, Gottesliebe und viele andere mehr. Die Liebe ist ein Geschenk, das zum Fluch werden kann, ein Mysterium, das so einzigartig ist wie jede einzelne Wolke. Peter Trawny schreibt: „Liebe ist Sprengstoff, Heil, Unglück, Trost, Ekstase, Fluch, Sicherheit, Gnade, Hass, Wärme, Schönheit, Wahnsinn, Sehnsucht.“ Der Anfang der Liebe ist für Peter Trawny das Schönste, was ein Philosoph denken, was er beschreiben und untersuchen kann. Deshalb erzählt er in seinem Buch an vielen Stellen von diesem großen Anfang, dieser allerersten und allerletzten Hoffnung. Peter Trawny gründete 2012 das Martin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, das er seitdem leitet.

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Bei der Gewohnheit ersetzt die Routine die Verantwortung

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazin 02/2020 geht der Frage nach, warum es so schwer ist, sich zu ändern. Gewohnheiten, Ängste und Orientierungslosigkeit: Vielfältig sind die Gründe dafür, warum viele Menschen im Alten verharren, selbst wenn es mit Leid verbunden ist. Selbst die extremsten Handlungen oder Ereignisse können sehr schnell zu so banalen Gewohnheiten wie dem Kaffee nach dem Essen werden. Wie die Geschichte zeigt, kann man sich leider an alles gewöhnen, auch daran, ein Kind zu schlagen oder Unschuldige zu erschießen. Wie man sieht, hat die Gewohnheit erhebliche moralische Folgen oder amoralische, um genau zu sein. Sie betäubt den Willen eines Menschen. Ihre mechanische Wiederholung gibt der Gewohnheit ein solches Gewicht, dass sie unverrückbar scheint. Wenn das Bewusstsein abdankt, wenn man schulterzuckend bekennt: „Ich kann nichts dagegen tun!“, dann erweist sich die Gewohnheit als bewährtes Alibi. Die Routine ersetzt die Verantwortung.

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