Künstliche Intelligenzen eignen sich das Weltwissen an

Holger Volland weiß: „Die Sprache ist eine unerschöpfliche Ressource, um daraus neue Welten zu erschaffen und beschreiben zu können.“ Daneben besitzt die Sprache eine einzigartige Fähigkeit: Gefühle zu vermitteln, die weit über die Bedeutung von Wörtern hinausgehen. Die Schriftstellerin und Apothekerin Marie von Ebner-Eschenbach schrieb einmal: „Der Geist einer Sprache offenbart sich am deutlichsten in ihren unübersetzbaren Worten.“ Denn diese zeigen, dass es Dinge gibt, die nicht zur eigenen Kultur gehören. Deshalb braucht man für sie keinen eigenen Begriff. Auch der fremde Klang von Wörtern scheint Dingen eine neue Bedeutungsebene zu geben. Fremde Sprachen ermöglichen auch neue Formen des Denkens. Weil zum Beispiel Begriffe fehlen oder es plötzlich viele Wörter mit feinsten Unterscheidungen gibt. Das gilt für eine Sache, die im Deutschen nur durch ein Wort repräsentiert wird. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung. Zudem kuratierte er große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

Eine Software wird künftig Romane schreiben

Um einen Roman zu schreiben, braucht es inhaltliche Kreativität, Vorstellungsvermögen, Gefühl für Erzählstrukturen, Wissen um Zusammenhänge. Und nicht zuletzt mit Bedacht gewählte Wörter, die zu Sätzen, Absätzen und zu Kapiteln geschmiedet werden. Das sind alles Fähigkeiten, die man den wenigsten Menschen zutraut, geschweige denn einer Software. Kreative Künstliche Intelligenzen wie die zum Beispiel aus Japan lernen derzeit von den besten Autoren, die die Geschichte der Menschheit zu bieten hat.

Der Mensch füttert die KI mit Hunderttausenden Werken der Weltliteratur. Damit sie verstehen, wie die Menschen ihre Geschichten erzählen und ihre Romane schreiben. Künstliche Intelligenzen fressen noch sehr viel mehr als Bücher in sich hinein. Holger Volland erläutert: „Unersättlich stopfen sich die Rechner voll mit Fotografien, Bildern, Skulpturen, Architekturmodellen, Notenblättern, Konzertaufführungen und Modeschnitten. Sie eignen sich unser gesamtes künstliches Weltwissen an.“

Maschinen lernen die Eigenschaften der Menschen kennen

Aufgabe der Programme ist es, darin so gut zu werden, dass sie selbst bald kreative Höchstleistungen erreichen können: Literatur, Poesie, Film, Malerei, Architektur – keine künstlerische Disziplin ist momentan vor dem Hunger Künstlicher Intelligenzen (KI) sicher. Maschinen schicken sich derzeit an, mit dem Menschen als Schöpfer von Texten und bei der Bildung von Sprachkultur in den Wettbewerb zu treten. Künstliche Intelligenzen lernen unter anderem die menschliche Sprache, damit sie später täglich mit den Menschen sprechen können.

Natürlich steckt dahinter nicht die Lust an der Konversation, sondern vor allem wirtschaftliches Interesse. Erstens sollen die Maschinen dadurch die Fähigkeit erwerben, sich mit einer Person zu unterhalten, wie Menschen das untereinander tun, um die Rolle von Call-Center-Mitarbeitern und Servicepersonal zu übernehmen. Zweitens lernen die Maschinen durch das Studium der Bücher, Dokumente und Sprachen die Menschen gerade besser kennen, als dies ein menschlicher Anthropologe je tun könnte. Quelle: „Die kreative Macht der Maschinen“ von Holger Volland

Von Hans Klumbies