Den meisten Menschen ist klar, dass Körper, Geist und Psyche zusammengehören und eine Person nur als Einheit verstanden werden kann; und dass das Gesamtsystem Mensch erst durch das Zusammenspiel von Körper und Bewusstsein funktionsfähig wird. Ulrich Schnabel fordert: „Für die Medizin müsste das bedeuten, Krankheiten nicht allein auf rein körperlicher Ebene zu behandeln, sondern stets auch die seelische Verfassung, die Erwartung und innere Einstellung der Patienten zu berücksichtigen.“ Doch diese Einsicht geht im täglichen Betrieb vieler Krankenhäuser oft unter, sei es aus Zeitmangel, ökonomischem Druck oder schlicht aus Ignoranz. Dabei gibt es mittlerweile genügend Belege für den großen Einfluss, den die menschliche Psyche auf das körperliche Befinden hat. Die Einstellung und das Verhalten eines Patienten können massiv das das biologische Geschehen ihres Körpers beeinflussen. Ulrich Schnabel ist seit über 25 Jahren Wissenschaftsredakteur bei der ZEIT.
Positives Denken stärkt die Heilungskräfte
Wenig erstaunlich ist es für Ulrich Schnabel daher, dass auch die Frage der Zuversicht bei Heilungsprozessen eine wichtige Rolle spielt. In vielen Fällen hängt ein Krankheitsverlauf nicht zuletzt von der Art und Weise ab, wie Patienten ihre Krankheit annehmen und wie hoffnungsvoll oder pessimistisch sie in die Zukunft blicken. Von zahlreichen Psychologen und Ratgebern wird der Wert des positiven Denkens hervorgehoben. Dessen Prämisse lautet: „Deine Gedanken erschaffen genau jene Situation in deinem Leben, die eintreten soll.“
Menschen haben die erstaunliche Fähigkeit, Wirkungen und Nebenwirkungen sozusagen aus dem Nichts heraus zu erzeugen, allein durch ihren Glauben. So wird beispielsweise beim sogenannten Placeboeffekt eine selbsterfüllende neurobiologische Prophezeiung wirksam: „Ohne das wir es merken, konditioniert sich das Hirn auf Heilung – und setzt damit jene Prozess in Gang, die eine Heilung herbeiführen können.“ Wie groß der Einfluss werden kann, zeigt sich insbesondere bei Schmerzerkrankungen: In einer Studie amerikanischer Mediziner mit Migränepatienten erzielte das Placebomittel sogar bis zu 60 Prozent der Stärke des echten Medikaments!
Selbsterfüllende Prophezeiungen wirken sich auf das Verhalten aus
Das Prinzip der „selbsterfüllenden Prophezeiung“ wirkt nicht nur im Kopf, sondern auch auf der Ebene des Verhaltens. Menschen die zuversichtlich sind und an eine baldige Heilung glauben, verhalten sich dadurch automatisch gesünder. Sie treiben eher Sport, meiden fettige Speisen und stressige Situationen und tun alles, um wieder auf die Beine zu kommen. Pessimistisch eingestellte Patienten hingegen, die sich schon mit einem Bein im Grab wähnen, sind entsprechend weniger motiviert, sich gesundheitsförderlich zu verhalten – was dazu führt, dass sie tatsächlich im Schnitt früher sterben als die Hoffnungsfrohen.
Ulrich Schnabel folgert daraus: „Wer zuversichtlich in die Zukunft blickt, bewegt sich mehr, isst gesünder und schafft dadurch jene Bedingungen, die das Eintreten seiner Vorstellungen wahrscheinlich machen.“ Das gilt generell: Wer ein positives Weltbild hat, macht sich allgemein weniger Sorgen, leidet seltener unter Ängsten und Stress, was wiederum Herz und Nerven schont und damit tatsächlich zu einer besseren Gesundheit führt. Zudem sind Menschen, die optimistisch in die Zukunft blicken, „beliebter und werden als deutlich attraktiver wahrgenommen als Pessimisten“, erklärt die Psychologin Astrid Schütz von der Universität Bamberg. Quelle: „Zuversicht“ von Ulrich Schnabel
Von Hans Klumbies