Der Anfang der Liebe ist das Schönste auf der Welt

Peter Trawny versucht in seinem Buch „Philosophie der Liebe, das Phänomen der Liebe philosophisch in Denkbildern zu erfassen, wobei er ihrer Vielgestaltigkeit nachspürt. Denn Liebe, so zeigt Peter Trawny kennt viele Formen: Hassliebe, romantische Liebe, Weisheitsliebe, große Liebe, Nächstenlieben, Gottesliebe und viele andere mehr. Die Liebe ist ein Geschenk, das zum Fluch werden kann, ein Mysterium, das so einzigartig ist wie jede einzelne Wolke. Peter Trawny schreibt: „Liebe ist Sprengstoff, Heil, Unglück, Trost, Ekstase, Fluch, Sicherheit, Gnade, Hass, Wärme, Schönheit, Wahnsinn, Sehnsucht.“ Der Anfang der Liebe ist für Peter Trawny das Schönste, was ein Philosoph denken, was er beschreiben und untersuchen kann. Deshalb erzählt er in seinem Buch an vielen Stellen von diesem großen Anfang, dieser allerersten und allerletzten Hoffnung. Peter Trawny gründete 2012 das Martin-Heidegger-Institut an der Bergischen Universität in Wuppertal, das er seitdem leitet.

Der Sinn des Lebens ist die Liebe

Peter Trawny betont: „Wenn ein Philosoph überhaupt einen Sinn des Seins oder des Lebens erkennen könnte, dann, dass dieser Sinn die Liebe ist.“ Denn es gibt nichts Besseres, nicht nur für die Menschen, sondern überhaupt für alles, was lebt. Zudem gibt es ein instinktives Wissen, das sich bis in den letzten Winkel der Welt herumgesprochen hat: Nämlich, dass die Liebe das Leben – auch wenn es ein hartes ist – zumindest erträglich macht. Allermeistens aber ist sie schön. Dieser Instinkt drückt sich in der Philosophie, der Religion und in der Dichtung aus.

Der Autor zitiert in seiner Einleitung den Dichter und Philosophen Novalis, der sagt: „Im eigentlichsten Sinn ist Philosophieren – ein Liebkosen – eine Bezeugung der innigsten Liebe zum Nachdenken, der absoluten Lust an der Weisheit.“ Für die Philosophie braucht man Muße, eine freie Zeit, die keinen Druck verträgt. So konnte sich der Gedanke entwickeln, dass der hohe Flug der Hoffnung, den viele Menschen in die Liebe setzen, gleichzeitig mit ihrem tiefen Fall verbunden ist.

Die Liebe bleibt dem Denken entzogen

Heutzutage scheint diese Liebe in eine tiefe Erschöpfung geraten zu sein. Glaubt man Philosophen und Soziologen, geht gerade verloren, was das Selbstverständlichste zu sein schien: die Liebe; jedenfalls die Liebe, die mit und in Leidenschaft alles bejaht, was sie seit Menschengedenken war. Die romantische, und das heißt die leidenschaftliche, tapfer auf Bindung ausgehende Liebe wird zum Auslaufmodell. Bei vielen Menschen nimmt die Bereitschaft ab, Zeit in die große Liebe zu investieren.

In seinem Schlusswort schreibt Peter Trawny: „Eine der Besonderheiten der Liebe – an ihr ist alles besonders, sie ist die Besonderheit – ist ihre Zerstreuung.“ Sie taucht in unendlich vielen Formen auf, wandelt in diesem Reichtum das Leben in allen möglichen Temperaturen. Scheiterndes Leben, glückliches Leben, selbst noch das mittelmäßige Leben brauche eine Hauch Liebe. Ohne ihn zerfällt alles wie altes Laub. Einzig er beseelt. Der Autor zieht folgendes Fazit: „Liebe ist eine Grenzerfahrung, in der auch das Denken an eine Grenze kommt. […] Liebe bleibt dem Denken entzogen.“

Philosophie der Liebe
Peter Trawny
Verlag: S. Fischer
Gebundene Ausgabe: 269 Seiten, Auflage: 2019
ISBN: 978-3-10-397431-7, 22,00 Euro

Von Hans Klumbies