Der Kern der weltweiten Finanzkrise ist eine Schuldenkrise

Mit der Deregulierung der Finanzmärkte wurde das Versprechen zusätzlichen Wohlstand zu schaffen nicht eingelöst. Denn es wurden in großem Umfang keine Vermögen, sondern nur Scheinvermögen geschaffen. Ein relevanter Teil des Wachstums der letzten Jahre hat gar nicht wirklich stattgefunden. Gerhard Schick erklärt: „Immer wenn Banken über einen längeren Zeitraum hinweg überdurchschnittlich viele Darlehen vergeben, steigt die Wahrscheinlichkeit von Finanzkrisen drastisch an.“ Dabei sind es nicht irgendwelche Kredite, die gefährlich werden, sondern spekulative. Es ist also gesamtwirtschaftlich von größter Bedeutung, wofür Kredite benutzt werden. Es kann eigentlich nur solange gut gehen, wie die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, Erträge zu erwirtschaften, in mindestens gleichen Maße steigt wie die Schulden. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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John Searles sieht sich die Konstruktion der Gesellschaft ganz genau an

Nur der Mensch verfügt über die Fähigkeit Personen oder Dingen Funktionen zuzuweisen. Die Natur dagegen weiß nichts von Funktionen. Einige Gegenstände stellen Unternehmen direkt für spezifische Funktionen her. John Searle, Professor für Philosophie an der University of California, Berkeley, nennt dafür als Beispiele die Badewanne, den Schraubenzieher oder den Computer. Andere natürliche Dinge kann der Mensch sozusagen zweckentfremden – beispielsweise einen Baumstamm als Bank, einen Stein als Briefbeschwerer oder einen Ast als Hebelwerkzeug. John Searle erklärt: „Um eine Funktion auszuführen, muss einem Objekt und namentlich einer Person ein Status zugeschrieben werden.“ Er nennt als Beispiele den Präsidenten, den Ehepartner oder den Bürger. Alle institutionellen Tatsachen verdanken ihre Existenz performativen Sprechakten, nämlich Deklarationen: „Wir ernennen X zum Vorsitzenden“; „Hiermit ist der Krieg erklärt“, „Wir verurteilen sie zu …“.

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Immer weniger Steuergelder kommen der Gesellschaft zugute

Die übermäßige Verschuldung des Staates hat laut Paul Kirchhof zur Folge, dass er erhebliche Haushaltsmittel für Zinszahlungen verwenden muss. Die Steuerkraft der Bürger dient in diesem Fall also nicht der Finanzierung gegenwärtiger Staatsaufgaben, sondern beschert privaten Unternehmen Einnahmen und Gewinn. Paul Kirchhof ist überhaupt nicht damit einverstanden, dass der Zinsdienst im Bundeshaushalt, nach Arbeit und Soziales, zum zweitgrößten Haushaltsposten geworden ist. Er fügt hinzu: „Der Bürger erlebt, dass sein demokratischer Anspruch, das Parlament in seinem Budgetverhalten zu ermächtigen und zu kontrollieren, für einen wesentlichen Teil des Budgets nicht verwirklicht werden kann.“ Paul Kirchhof ist einer der führenden Finanzexperten und bekanntesten deutschen Autoren. Er ist Professor für Öffentliches Recht sowie Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg und war zwölf Jahre Richter des Bundesverfassungsgerichts.

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Peter Bofinger warnt vor dem Zerbrechen des Euros

Sparen oder die Zahlungsunfähigkeit riskieren, das war lange Zeit die politische Devise in der Europäischen Union. Doch der Würzburger Ökonom Peter Bofinger, einer der fünf Wirtschaftsweisen, vertritt eine ganz andere Richtung und sagt: „Das strikte Spardiktat ist gescheitert. Volkswirtschaften stürzen in tiefe Rezessionen, breite Bevölkerungsschichten verarmen, und die Demokratie gerät in Gefahr – wir brauchen dringend einen Strategiewechsel. Oder der Euro zerbricht.“ Vor allem Anhänger des  britischen Ökonomen John Maynard Keynes halten nichts von der Sparpolitik, die von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel favorisiert wird. Zu den Keynesianern zählen die beiden amerikanischen Nobelpreisträger Paul Krugman, Joseph Stiglitz, der deutsche Ökonom Peter Bofinger sowie der Leiter des Konjunkturforschungsinstituts IMK, Gustav Horn.

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Joseph Stiglitz lobt das amerikanische Insolvenzgesetz

Der amerikanische Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz vertritt die These, dass Insolvenzen ein Schlüsselmerkmal des Kapitalismus sind. Eine Insolvenz tritt in der Regel dann ein, wenn Unternehmen ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen können. Allerdings sind inzwischen auch Sanierungen in vielen Branchen an der Tagesordnung. Joseph Stiglitz weist darauf hin, dass sich die Vereinigten Staaten von Amerika glücklich schätzen können, eine besonders effektive Methode zu haben, um Firmen einen Neuanfang zu ermöglichen. Das Chapter 11 des US-Insolvenzgesetzes gewährt im Insolvenzfall Schuldnerschutz, das heißt Schutz vor den Ansprüchen der Gläubiger. Fluggesellschaften haben Chapter 11 wiederholt erfolgreich genutzt. Joseph Stiglitz ergänzt: „Die betreffenden Fluggesellschaften hielten den Betrieb aufrecht; Arbeitsplätze und Vermögenswerte blieben erhalten.“ Der amerikanische Wirtschaftsforscher Joseph Stiglitz gilt als einer der einflussreichsten Ökonomen der Welt. Er lehrt an der New Yorker Columbia University. Im Jahr 2001 erhielt er den Nobelpreis für ein Werk über Informationsökonomie.

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Die Märkte haben in Europas Finanzkrise versagt

Der Ökonom Paul de Grauwe, der an der Katholischen Universität Leuven lehrt, findet es ganz in Ordnung, dass Griechenland ein Teil seiner Schulden erlassen wird. Er kritisiert, dass die Politiker bisher immer gesagt haben, die Griechen müssten sparen. Er nennt den Grund: „Aber deswegen schrumpft ihre Wirtschaft, und dann werden die Schulden nur noch drückender.“ Laut Paul de Grauwe hilft es nur noch, Griechenland von rund 50 Prozent seiner Verbindlichkeiten organisiert zu entheben. Die Banken müssen dann ihre Verluste einräumen. Ein Schuldenerlass für Griechenland wirft allerdings die Frage auf, warum dann Länder wie Irland, Portugal oder Spanien ihre Schulden zu 100 Prozent zurückzahlen sollten. Paul de Grauwe sagt zwar, dass man kein Land zwingen kann, seine Schulden zu begleichen, da die Staaten souverän sind. Er schränkt allerdings ein: „Aber wenn es nicht bezahlt, wird das Leben bald unangenehm. Das Land verliert den Zugang zum Kapitalmarkt und kann auf Jahre hinaus kaum noch Kredite aufnehmen.“

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Vier prinzipielle Wege aus der staatlichen Schuldenkrise

Eine Antwort auf die Frage, wie die westlichen Industrienationen ihre Schuldenkrise bewältigen könnten, ist der so genannte Schuldenschnitt. Diesen fordert zum Beispiel Daniel Steltner, Partner der Unternehmensberatung Boston Consulting Croup, für die gesamte Weltwirtschaft. Wenn die verschuldeten Staaten einfach einen Teil ihrer Schulden nicht zurückzahlen würden, wäre seiner Meinung nach das Schuldenproblem gelöst. Doch so verlockend sich der Plan anhört so gefährlich ist er auch. Denn die Schulden sind nur ein Teil des Problems. Ein Staat, der Schulden macht, leiht sich Geld, bei den heimischen Banken, bei seinen Bürgern, bei ausländischen Banken und ausländischen Bürgern. Jedem Schuldeneuro eines Staates steht derselbe Betrag an Forderungen der Gläubiger gegenüber.

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Europa und die USA fürchten sich vor der Rezession

Immer mehr Ökonomen glauben, dass die Weltwirtschaftskrise nicht zurückkommt, weil sie nie weg war, sondern immer latent im Hintergrund lauerte. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer sagt: „Mir scheint, dass sich drei Elemente zu einem perfekten Sturm zusammengebraut haben: die europäische Schuldenkrise, die amerikanische Schuldenkrise und die Aussichten auf schwächeres Wachstum.“ Finanzkrisen sind nichts Neues. Die Wirtschaftswissenschaftler Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff haben ihre Gemeinsamkeiten erforscht. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Vorgänge in vergangenen Finanzkrisen, erstaunlich genau den Ereignissen entsprechen, die in den vergangenen drei Jahren in der westlichen Wirtschaftswelt Chaos und Schrecken verursachten. Ihre Lehren zeigen, dass nach einer Finanzkrise das Wirtschaftswachstum auf Jahre hinaus schwach und unsicher bleibt.

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