Die Nationalsozialisten ergriffen am 30. Januar 1933 die Macht

Ausschlaggebend für die Machteroberung der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland waren vor allem zwei Faktoren: zum einen das stete Hinarbeiten der nationalkonservativen Führungsgruppen auf eine autoritäre, nicht parlamentarisch gebundene Elitendiktatur; zum anderen die Tatsache, dass nach dem abermaligen Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft ein wachsender Teil der Gesellschaft das Vertrauen in das politische System von Weimar verloren hatte und entschlossen war, radikalere und zukunftsträchtigere Alternativen auszuprobieren. So wurde am 30. Januar 1933 die neue Regierung vereidigt, der allerdings nur drei Nationalsozialisten angehörten. Adolf Hitlers Regierungserklärung unterschied sich in der Sache nicht wesentlich von denen seiner Vorgänger. Ulrich Herbert erklärt: „Überwindung von Massenarbeitslosigkeit und Agrarkrise; Reform des Verhältnisses von Reich, Ländern und Kommunen; Fortsetzung der Sozialpolitik und Wiederherstellung der außenpolitischen Gleichberechtigung Deutschlands – das waren die wesentlichen Programmpunkte.“ Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Die Oktoberrevolution wurde zum Vorbild für die extreme Linke

Die deutsche Revolution von 1918/19 vollzog sich vor dem Hintergrund der Ereignisse in Russland, wo seit dem Sommer 1918 der offene Bürgerkrieg herrschte. Ulrich Herbert erklärt: „Antirevolutionäre Kräfte der verschiedensten Richtungen bekämpften dort das neue Regime an allen Fronten, unterstützt von Truppen der Westmächte, die ein Ausgreifen des revolutionären Elans nach Westen fürchteten.“ Die Randstaaten des Reiches erklärten ihre Unabhängigkeit, der russische Vielvölkerstaat schien auseinanderzubrechen. Die Wirtschaft versank im Chaos, die Produktion von Gütern ging dramatisch zurück, die Inflation stieg in schwindelerregende Höhen, wodurch ein riesiger Schwarzmarkt entstand. Der immer heftiger geführte Bürgerkrieg gefährdete auch die Versorgung mit Lebensmitteln in den Städten und führte schließlich zu Hungersnöten, denen rund zwei Millionen Menschen zum Opfer fielen. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Nur Sklaven suchen ihren Lebenssinn in der Arbeit

Das neue Philosophie Magazin 06/2015 beschäftigt sich im Titelthema mit der Frage: „Macht meine Arbeit noch Sinn?“ Diese Frage scheint heut für viele drängender denn je zu sein, obwohl sie historisch gesehen relativ neu ist. Fragen nach dem Sinn der Arbeit tauchen allerdings erst dann auf, wenn die Fragen der Würde geklärt sind. Für Sigmund Freud ist nicht nur der soziale Wert ausschlaggebend für ein befriedigendes Arbeiten, sondern auch die Übersetzbarkeit bestehender und mitunter höchst selbstbezogener Triebregungen in die jeweilige Tätigkeit. Das heißt, nicht jeder Mensch findet sein Glück als humanitäre Kraft, auf welchem Gebiet auch immer. Vielmehr gibt es auch solche Menschen, die Konkurrenzdruck und einen ständigen Kampf um Macht brauchen, um in der Arbeit aufzugehen. Der Philosoph und Kulturkritiker Byung-Chul Han behauptet dagegen: „Wer seinen Lebenssinn in der Arbeit sucht, gibt sich damit bereits als Sklave unseres Zeitalters zu erkennen.“

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Yuval Noah Harari bewundert das Leben der Jäger und Sammler

Das Leben der Jäger und Sammler in der Steinzeit konnte sich je nach Region und Jahreszeit ganz erheblich unterscheiden. Doch im Großen und Ganzen hat Yuval Noah Harari den Eindruck, dass sie ein sehr viel angenehmeres Leben führten als die meisten Bauern, Schäfer, Landarbeiter und Büroangestellte, die ihnen folgten. Yuval Noah Harari nennt ein Beispiel: „Während die Menschen in den heutigen Wohlstandsgesellschaften zwischen 40 und 45 Stunden pro Woche arbeiten, und in den Ländern der Dritten Welt sogar zwischen 60 und 80, kommen die Wildbeuter selbst in den unwirtlichsten Gegenden der Welt – zum Beispiel in der Kalahari-Wüste – im Durchschnitt auf nur 35 bis 40 Arbeitsstunden pro Woche.“ Sie gehen höchstens jeden dritten Tag auf die Jagd und die Sammeltätigkeit nimmt pro Tag nur zwischen drei und sechs Stunden in Anspruch. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Bertrand Russell überprüft den Wert der Philosophie

Wenn die Beschäftigung mit der Philosophie überhaupt einen Wert hat, dann kann er für Bertrand Russell nur indirekt zustande kommen, durch ihren Einfluss auf das Leben derer, die sich mit ihr beschäftigen. Dennoch sind die Güter des Geistes mindestens ebenso wichtig wie die materiellen Güter. Bertrand Russell stellt fest: „Der Wert der Philosophie ist ausschließlich unter den Gütern des Geistes zu finden; und nur Menschen, denen diese Güter nicht gleichgültig sind, können davon überzeugt werden, dass die Beschäftigung mit der Philosophie keine Zeitverschwendung ist.“ Das Ziel aller Philosophie ist Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die Einheit und System in die Gesamtwissenschaften bring und die sich aus einer kritischen Überprüfung der Gründe für die Überzeugungen, Vorurteile und Meinungen der Menschen ergibt.

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Alle zwanzig Sekunden stirbt ein Kind an Unterernährung

Laut einem Bericht der Welthungerhilfe haben 842 Millionen Menschen nicht genug zu essen. Den Hunger nachhaltig zu bekämpfen bleibt für Michael Krawinkel eine der größten Herausforderungen der Menschheit. Seiner Meinung nach kann das nur mit einer global angelegten Ernährungspolitik funktionieren. Denn der größte Teil der weltweiten Ernten steht den Bedürftigen nicht zur Verfügung. Michael Krawinkel erläutert: „Wirkliche Hungerbekämpfung hieße also, die Erträge der Kleinbauern steigern zu helfen, ohne sie in Schulden und Ausbeutung zu zwingen.“ Doch die gerade wieder verlängerte Subventionierung der europäischen Landwirtschaft hat zur Folge, dass die Bauern in den Entwicklungsländern nicht mit den Produkten aus Europa konkurrieren können. Michael Krawinkel ist seit 1999 Professor für Ernährung des Menschen an der Universität Gießen. Zuvor arbeitete er fast 20 Jahre lang als Kinderarzt. Von 1981 bis 1983 arbeitete Michael Krawinkel für den Deutschen Entwicklungsdienst im Sudan.

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Andreas Wirsching erklärt das westeuropäische Parteiensystem

In der Geschichte der europäischen Demokratie gehört es laut Andreas Wirsching zu den wichtigsten Funktionen von Parteien, das Massenpublikum in den demokratischen Prozess der Willensbildung zu integrieren. Andreas Wirsching schreibt: „Parteien bilden die entscheidenden Schnittstellen zwischen Politik und Gesellschaft und erfüllen eine zentrale Aufgabe, indem sie gesellschaftliche Anliegen aufnehmen, transportieren und auf die politische Tagesordnung setzen.“ In Westeuropa pendelten sich seiner Meinung nach überraschend schnell nach 1945 entsprechende politische Parteienverhältnisse ein, zum Teil sicherlich auch in Anknüpfung an die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Tatsächlich restaurierte sich ein Parteiensystem der Eliten des alten Europas, die noch im 19. Jahrhundert sozialisiert worden waren. Andreas Wirsching ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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Das Internet darf keine eigenen Gesetze haben

Der Journalist und Schriftsteller Dirk Kurbjuweit, Leiter des Spiegel-Hauptstadtbüros in Berlin, stellt in einem Essay in der Wochenzeitschrift „Der Spiegel“ die Frage, was die Internetgemeinde am Thema Freiheit interessiert. Dirk Kurbjuweit gibt folgende Antwort: „Der harte Kern will Freiheit von Kontrolle, Verbot und Zensur, er will Freiheit zur Anonymität und bildet damit die Möglichkeit zum „Shitstorm“, zum digitalen Mob, der andere ungestraft mit Schmähungen übelster Art überziehen kann, und er will die Freiheit vom Urheberrecht. Das alles möglichst total: totale Freiheit im Netz.“ Laut Dirk Kurbjuweit begünstigt die totale Freiheit im Internet Orgien der Gewalt und die Ausbreitung einer Sexualität, der jegliche Scham verloren gegangen ist.

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