Thomas Mann unterscheidet strikt zwischen Kultur und Zivilisation

Es gibt den tief in der deutschen Geistesgeschichte verwurzelte Sonderauffassung, dass zwischen „Kultur“ und „Zivilisation“ ein unüberbrückbarer Gegensatz besteht. Denn nur wenn man sich mit diesem deutschen Sonderweg befasst, kann man begreifen, was Thomas Mann meinte, als er 1945 davon sprach, dass es nicht „zwei Deutschland“ gebe, „ein böses und ein gutes, sondern nur eines, dem sein Bestes durch Teufelslist zum Bösen ausschlug“. Thea Dorn weiß: „Thomas Mann selbst war bis in sein fünftes Lebensjahrzehnt hinein ein Anhänger dieser Auffassung.“ In seinen „Betrachtungen eines Unpolitischen“, geschrieben zwischen 1915 und 1918, schließt er sich dem damals vorherrschenden konservativen deutschen Zeitgeist an, indem er den Ersten Weltkrieg als „Krieg der Zivilisation gegen Deutschland“ deutet und deshalb ohne Einschränkung unterstützt, dass Deutschland seinerseits mit aller Kraft zuschlägt. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Die Freiheit erschreckt viele Menschen zu Tode

Die Freiheit ist ein wundersames Ding. Die meisten Menschen sehnen sich danach, schätzen sie als höchstes Gut. Gleichzeitig aber erschreckt sie viele zu Tode. Weil aus ihr auch Schuld resultiert. Reinhard K. Sprenger schaut sich beispielsweise an, wie in modernen Gesellschaften Verbrechen reflektiert werden: „Der Bildungsbürger führt sie auf die Gräuel desolater Familienverhältnisse, auf seelische Defekte und soziale Missstände zurück. Da müsse man ja geradezu zwangsläufig kriminell werden!“ So werden die Dinge allerdings ins Gegenteil verkehrt – aus Tätern werden Opfer. Sie sind von vornherein unmündige Personen; ihr Rechtsbruch insofern verstehbar, ein Unfall. Der Unhold gehört dann in die Gesellschaft der Kranken, Armen und Ausgestoßenen, denen fürsorglich und therapeutisch zu begegnen ist. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Die Kopffüßler von Horst Antes erfreuen sich großer Popularität

Anfang der sechziger Jahre machten die Kopfmenschen den deutschen Maler Horst Antes berühmt. Die Kopffüßler, wie sie später genannt wurden, wirkten wie Monolithen mit riesigen Füßen und markanten Gesichtern, die wie in Stein gemeißelt erschienen. Die surrealen Schönheiten erinnern auch an die Statuen der Osterinseln, an die magischen Figuren einer längst versunkenen Hochkultur. Seine Kopfwesen haben es inzwischen zu großer Popularität gebracht. Sie hängen als Drucke in Wohnzimmern und den Lobbys von Unternehmen. Im Gegensatz zu den Werken von Georg Baselitz, Anselm Kiefer oder Markus Lüpertz wirken seine Gemälde freundlich und dem Betrachter zugewandt. Exzesse, Gräuel und spektakuläres Berserkertum sucht man auf seinen Bildern vergeblich. Horst Antes wurde 1936 an der Bergstraße geboren. Im Jahr 1963 war er Stipendiat der Villa Massimo und nahm während seiner Künstlerkarriere allein bis 1977 dreimal an der weltberühmten Documenta in Kassel teil und gewann Preise auf der Kunstbiennale.

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Die Macht rechtfertigt sich durch den Glauben und die Pflicht

Innerhalb der christlichen Zeitrechnung gab es neben der Ausbreitung der Macht immer auch das Bestreben, ihr einen Sinn zu geben. Europa bietet laut Reinhold Schneider in einem Zeitraum von anderthalb Jahrtausenden den Anblick mit ungeheurer Schnelligkeit erblühender und welkender Reiche. Die Aura der Macht, die eines nach dem andern über den Erdkreis wirft, scheint kaum mehr zu sein als ein Blitz. Der Wechsel der Vormacht vollzieht sich in immer gefährlicherer Schnelle. Die höchste Macht, das Imperium, das heißt das Erbe Roms, wird als Antrieb in allen europäischen Völkern lebendig. Es ist, als habe dieses längst verloschene römische Weltreich noch in seinem Untergang tödliche Samen gesät. Alle Völker, selbst diejenigen, deren natürlicher Lebensraum einer solchen Nachfolge spottet, erstreben cäsarische Macht. Der Schriftsteller Reinhold Schneider, geboren 1903 in Baden-Baden, gestorben 1958 in Freiburg/Breisgau, wurde 1956 mit dem Friedenspreis des Deutschen Bundhandels ausgezeichnet.

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