Richard David Precht denkt über die Intelligenz nach

Der Bestsellerautor und Philosoph Richard David Precht erklärt, was die menschliche Intelligenz von der eines klugen Tieres unterscheidet. Er sagt: „Die Reflexionen, zu denen Menschen in der Lage sind, erreichen ein Niveau, das es im Tierreich nicht annähernd gibt.“ Bei den Tieren gibt es seiner Meinung nach zwar Ansätze zur Moralfähigkeit, zu Lug und Trug und List und Taktik, aber es gibt keine Tiere, die eine Rechtssprechung entwickelt haben oder ethische Maxime aufstellen können. Die Möglichkeit, sich zu sich selbst in ein Verhältnis zu setzen ist mit der Sprache und der Fähigkeit zur Abstraktion verbunden. Der Mensch kann über Dinge sprechen, die es nicht gibt, während ein Tier niemals die Zukunft in Worten vorwegnehmen kann.

Das Gehirn nutzt sein Potential nur zu einem sehr geringen Teil

Laut Richard David Precht gibt es unzählige Definitionen der Intelligenz. Am besten gefällt ihm die von Jean Piaget: „Intelligenz ist das, was man einsetzt, wenn man nicht weiß, was man tun soll.“ In den allermeisten Teilen seines Lebens braucht man laut Richard David Precht eigentlich keine Intelligenz, weil die Menschen meistens instinktiv und reflexhaft reagieren. Spannend dagegen wird es in dem Bereich, in dem nichts automatisch geschieht. In diesen Fällen braucht das Gehirn sehr viel Energie, wodurch es diesen Zustand normalerweise meidet.

Studien belegen, dass das Gehirn das Potential, über das es eigentlich verfügen würde, nur zu einem sehr geringen Teil nutzt. Richard David Precht sagt: „Es hat kein Interesse daran, sich die Welt unnötig kompliziert zu machen, sondern nur ein Interesse an sich und daran, im Gleichgewicht zu sein.“ Es arbeitet nur auf Hochtouren, wenn es in einer Situation ist, für die es keine automatisierten Reaktionen gibt. Dann ist das Gehirn gezwungen, sich neue Wege zu erschließen.

Intelligenz sorgt nicht für das Gute im Menschen

Vor allem bei der sozialen Intelligenz kann sich der Mensch laut Richard David Precht am wenigsten auf Automatismen verlassen, die im praktischen Leben mit Abstand die wichtigste ist. Die Ergebnisse von IQ-Tests sind seiner Meinung nach im Alltag völlig unbedeutend. Er erklärt: „Sie können enorm gute Ergebnisse erzielen und im praktischen Leben zu nichts zu gebrauchen sein.“ Mit Intelligenztests kann man nur räumliche Vorstellungskraft, logische Fähigkeiten, Merkleistungen und die Potenz des Arbeitsgedächtnisses messen, mehr aber auch nicht.

Intelligenz hat für Richard David Precht sowohl mit natürlichen Anlagen als auch mit Umwelteinflüssen zu tun. Seiner Meinung nach ist Intelligenz zwar bis zu einem gewissen Grad vererbbar, aber nicht von Natur aus ewig determiniert. Vor allem kann jede seine Intelligenz enorm trainieren. Allerdings macht eine hohe Intelligenz keinen zu einem Gutmenschen. Richard David Precht sagt: „Die Vorstellung, dass man Menschen gut bildet und ihre positiven Fähigkeiten trainiert, und dann würde die Welt besser, die halte ich für ein Gerücht.“

Von Hans Klumbies