Wie hat alles begonnen?

Die Physik ist angeblich ein Gebiet, das von Vernunft und Logik geprägt ist. Das ist ein wichtiger Teil, aber um logisch argumentieren zu können, braucht man zunächst einen gedanklichen Rahmen. Dieser definiert die Annahmen, die man macht, die Konzepte, die man benutzt, und die Fragen, die man beantworten möchte. Leonard Mlodinow ergänzt: „Häufig übernehmen Leute dabei Rahmenwerke von anderen, aus der Geschichte oder der eigenen Vergangenheit, und stellen sie nie in Frage oder untersuchen sie nicht ausreichend gründlich.“ Die brennende Frage, auf die Stephen Hawking eine Antwort suchte, lautete: „Wie hat alles begonnen?“ Zwei Jahrtausende hatte jedermann angenommen, das Universum habe es schon immer gegeben und es sei unveränderlich. Leonard Mlodinow, Physiker und Autor, lehrte am California Institut of Technology in Pasadena.

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Die Schönheit schafft sich begehbare Träume

Mitte der 1960er-Jahre prägte der französische Philosoph Michel Foucault in einem Radiovortrag einen Begriff, der für die Schönheit eine entscheidende Bedeutung hat: die „Heterotopie“. Die Gesellschaft schaffe sich, zu allen Zeiten und in allen Kulturen, abgegrenzte Orte, in denen Utopien real werden. Frank Berzbach ergänzt: „Utopien sind von der Gegenwart losgelöste, ausgedachte Provinzen. Diese liegen oft in der Zukunft und sie sind Ausdruck von Wünschen. Aber Heterotopien sind die daraus hervorgehenden realen Räume.“ Die Menschen sind nicht geduldig und warten auf die Rückkehr ins Paradies oder eine bessere Zukunft. Daher schafft sich die Schönheit reale Orte; begehbare Träume von Räumen. Dr. Frank Berzbach unterrichtet Psychologie an der ecosign Akademie für Gestaltung und Kulturpädagogik an der Technischen Hochschule Köln.

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Bilderbuchlandschaften prägen die Toskana

Der Lonely Planet-Reiseführer Toskana enthält alles, was auf Reisen wirklich zählt. Die inspirierenden Beschreibungen der Reiseexpertinnen Nicola Williams und Virginia Maxwell richten sich vor allem an Individualreisende, die Ausflüge und Wanderungen durch die Toskana gerne auf eigene Faust unternehmen. Dazu haben die Autorinnen die besten Touren für die Planung der ganz persönlichen Reise zusammengestellt. Deshalb gehen sie auch gerne neue Wege vor Ort, um lokale Geheimnisse zu entdecken und zu enthüllen. Bekannt dagegen ist den meisten Urlaubern, die in die Toskana reisen die Bilderbuchlandschaft der Region. Dazu zählen die markanten Zypressenalleen, die sanften Hügel im Morgendunst, die silbernen Olivenhaine und die leuchtend grünen Weinberge. Ein Touristenmagnet von allerhöchster Güte ist die Kunst von Weltrang, die vor allem in Florenz zu besichtigen ist.

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Arbeit soll ein Reich der Freiheit sein

Wer heute nach einem erfolgreichen Studium oder einer Lehre in den Arbeitsmarkt eintritt, hat in der Regel ein anderes Verständnis von Arbeit als ihre Großeltern. Sie wollen nicht mehr leben, um zu arbeiten. Aber auch nicht die Arbeit runterreißen, um das wahre Leben in der Freiheit zu genießen. Heinz Bude erläutert: „Sie wollen vielmehr ein Gefühl der Lebendigkeit bei der Arbeit haben und nehmen dafür in Kauf, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Leben fließend werden.“ Arbeit soll nicht bloß ein Reich der Notwendigkeit, sondern auch eins der Freiheit sein. In Begriffen der Wertung von Arbeit haben sich offenbar insgesamt die Gewichte verschoben. Heinz Bude studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie. Seit dem Jahr 2000 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel.

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In der Demokratie geht die Herrschaft vom Volk aus

Auch wenn die Demokratie in vielerlei Gestalt auftritt, gibt es doch einen gemeinsamen Kern. Otfried Hoffe kennt ihn: „Dessen nähere Bestimmung kann man aus den drei Dimensionen mit insgesamt Gesichtspunkten aufbauen, wobei in der vollentwickelten Gestalt ein hohes Maß an Partizipation noch hinzukommt.“ Die erste legitimatorische Dimension ergänzt erstens einen formalen Gesichtspunkt, dass die Herrschaft von den Betroffenen ausgeht um zweitens den inhaltlichen Aspekt, dass sich die Herrschaft von jedem einzelnen Betroffenen und zusätzlich von der Gesamtheit rechtfertigen lässt. Zur formalen, herrschaftslegitimierenden kommt hier inhaltlich, als herrschaftsnormierende Demokratie, die universale Konsensfähigkeit dazu. Sie wird dort erfüllt, wo die Herrschaft als Gewährleistung der Freiheitsrechte jedem einzelnen und zusätzlich der Gesamtheit zugutekommt. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Vor der Presse war die Pnyx

Vor der Presse war die Pnyx. Auf einem Hang des gleichnamigen Hügels im alten Athen versammelten sich etwa 6.000 Bürger, um Angelegenheiten von öffentlichen Interesse zu diskutieren. Ein Versammlungsleiter verkündete die Tagesordnung. Timothy Garton Ash weiß: „Ein Herold fragte: „Wer will zur Versammlung sprechen?“ Dann betrat ein erwachsener männlicher Bürger die aus Stein gehauene Rednerbühne. Dann sagte er seinen um ihn versammelten Mitbürgern, was er dachte.“ Besondere Aufmerksamkeit wurde wahrscheinlich den bekannteren Rednern geschenkt. Einschließlich denen, die sich durch ihren Dienst im Rat des Stadtstaats ausgezeichnet hatten. Aber alle hatten das gleiche Recht, frei zu sprechen. Nach der für die Debatte vorgesehenen Zeit fand eine Abstimmung statt. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

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Die Evolution beruht auf Mutation und Selektion

Das am weitesten anerkannte Evolutionsmodell beruht auf zwei wichtigen Elementen: Mutation und Selektion. Eyal Winter erläutert: „Mutation sorgt dafür, dass in den Eigenschaften eines Organismus von Generation zu Generation willkürliche Veränderungen auftreten. Die Selektion verbreitet „günstige“ Mutationen in einer Population, wohingegen „ungünstige“ allmählich aussterben.“ Individuen mit guten Merkmalen haben höhere Überlebenschancen und sorgen für mehr Nachkommenschaft. In der Regel geht man davon aus, dass evolutionäre Kräfte die Eigenschaften einzelner Individuen – deren Gene – prägen, aber Mutation und Selektion beeinflussen auch die Entwicklung ganzer Gesellschaften. Gemeinschaften mit positiven Merkmalen – etwa sozialen Strukturen und Werten, die den Zusammenhalt stärken – haben höhere Überlebenschancen. Gruppierungen, denen diese Eigenschaften fehlen, werden beispielsweise häufiger im Kampf geschlagen und von Einzelnen verlassen. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

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Die Pflicht ist das Recht der anderen auf uns

Der Begriff der „Pflicht“, so angestaubt er vielen Menschen zu erscheinen vermag, ist auch im 21. Jahrhundert nicht von gestern. Es gibt immer noch gute Gründe, warum er sich nicht auf die Pflicht von Steuern, Zahlungs- und Kreditverpflichtungen oder die versteckte Drohung durch Strafgesetze reduzieren lässt. Richard David Precht erläutert: „Das Wort „Pflicht“ in seinem alt- und mittelhochdeutschen Ursprung für Fürsorge und Obhut. Die Teilnahme und der Dienst an der Gemeinschaft bezeichnet ein hohes Gut der Gesellschaft.“ Die Pflicht ist, wie Friedrich Nietzsche sagt, „das Recht der anderen auf uns“. Pflichten zu haben und anderen verpflichtet zu sein, ist kein Relikt aus einer vormodernen Zeit. Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum.

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Der Mensch verursacht die ökologische Krise

Den Blick auf die im doppelten Sinne begründenden gedanklichen Gerüste der Menschen geteilten Welt zu werfen, ist Aufgabe der politischen Theorie und Philosophie. Katia Henriette Backhaus fügt hinzu: „Widersprüche innerhalb dieser Strukturen zu diskutieren gehört ebenso dazu, wie neue Perspektiven auf Bestehendes aufzuzeigen.“ Zudem gehört dazu, Veränderungen desselben nicht nur zu registrieren, sondern auch zu begleiten. Katia Henriette Backhaus diskutiert dabei die fundamentale Veränderung der menschlichen Umwelt, die sie als ökologische Krise bezeichnet. Sie tut dies aus der Perspektive der politischen Theorie und Philosophie. So rückt bei ihr die Reflexion des der Krise zugrundeliegenden Verhältnisses von Mensch und Natur in das Blickfeld. Katia Henriette Backhaus hat an der Universität Frankfurt am Main im Bereich der politischen Theorie promoviert. Sie lebt in Bremen und arbeitet als Journalistin.

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Vier Kulturen lernten von den Griechen und Römern

Im Gegensatz zur ostasiatischen Welt hatten vier große Kulturen Gelegenheit, von den Griechen und Römern zu lernen: die arabische, die lateineuropäische, die byzantinische und die jüdische. Sie machten aber von der Hinterlassenschaft der Antike sehr unterschiedlichen Gebrauch. Bernd Roeck erklärt: „Ähnlich hindernd wie die jüdische Orthodoxie stand die Religion der Aneignung griechischen Geistes ausgerechnet im Byzantinischen Reich, dessen Mutterland, im Weg.“ Während sich die Muslime zusammen mit Juden, Christen und selbst den sterngläubigen Sabiern aus Harran mit Feuereifer ans Übersetzen und Kommentieren machten und der Westen Europas in die Moderne aufbrach, verging das byzantinische Jahrtausend, ohne dass aus dem einstigen Innovationsland zwischen Alexandria und Athen wirklich bedeutende Erfindungen oder wissenschaftliche Durchbrüche zu vermelden gewesen wären. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Eine Demokratie lebt vor allem von seinen Bürgern

Demokratie ist, so schreibt Jan-Werner Müller in seinem neuen Buch „Freiheit, Gleichheit, Ungewissheit, nicht zuletzt auf funktionierende vermittelnde Institutionen angewiesen. Dazu zählen unabhängige Medien, die Öffentlichkeit schaffen und Parteien, die politische Konflikte auf demokratische Weise strukturieren. Eine Demokratie lebt aber vor allem von seinen Bürgern, die bereit sind, unbequem, ja sogar ungehorsam zu sein, um demokratische Prinzipien zu verteidigen. Jan-Werner Müller beantwortet zudem folgende Fragen: Was macht Demokratie eigentlich aus? Was soll Demokratie eigentlich sein und leisten? Bei der Beantwortung dieser Fragen wird man nicht weit kommen, wenn man nicht zunächst auf Grundprinzipien zurückgeht. In seinem Buch bietet Jan-Werner Müller dafür eine Route an. Dabei wäre es seiner Meinung nach falsch, jegliches Nachdenken über die Demokratie müsste sich heute als Antwort auf die neuen Autoritären verstehen. Jan-Werner Müller ist Roger Williams Straus Professor für Sozialwissenschaften an der Princeton University.

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Der Faschismus war totalitär

Der Aufstieg politischer Regime mit dem Anspruch, das gesamte Leben der Bürger uneingeschränkt zu bestimmen und zu kontrollieren, zählt zu den bemerkenswertesten Kennzeichen des 20. Jahrhunderts. Der italienische Faschistenführer Benito Mussolini schrieb im Jahr 1932: „Alles ist im Staat beschlossen und nichts Menschliches oder Geistiges existiert außerhalb des Staates.“ In dieser Hinsicht erklärte er, sei der Faschismus totalitär. Der faschistische Staat dominiere als die Summe und Einheit aller Werte die Gesamtheit des Lebens. Christopher Clark stellt fest: „Liberale Kritiker des italienischen Regimes erkannten schon bald die Ähnlichkeiten zwischen Mussolinis System und dem kommunistischen Regime in Russland.“ Amerikanische Politologen erkannten bei der Betrachtung der neuen europäischen Regime – seien sie stalinistisch, faschistisch oder nationalsozialistisch – eine qualitativ neue Form der Politik. Christopher Clark lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine`s College in Cambridge.

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Der Tod Gottes bringt die moderne Kultur hervor

Ein Ursprung des modernen Begriffs der Kultur ist der Tod Gottes. Vielleicht kann die Kultur die gottesförmige Lücke füllen, welche die säkulare Moderne gerissen hat. Terry Eagleton weist allerdings darauf hin, dass die Neuzeit gepflastert ist mit gescheiterten Gottessurrogaten. Nämlich von Vernunft, Geist, Kunst, Wissenschaft und Staat bis hin zu Volk, Nation, Menschheit, Gesellschaft, dem Unbewussten und Michael Jackson. Terry Eagleton ergänzt: „Unter diesen verpfuschten Ersatzangeboten für den Allmächtigen nimmt der Kulturbegriff einen besonderen Platz ein. Denn er ist einer der plausibelsten Versuche ist.“ Tatsächlich gibt es eine offenkundige ideologische Beziehung zwischen dem Wort „Kultur“ und dem religiösen Begriff „Kult“. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

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Gute Eliten dienen den anderen

Gute Regierungen dienen den Regierten, schlechte Regierungen dienen sich selbst. Oder – frei nach William Shakespeare – dienen oder sich bedienen: Das ist hier die Frage. Katja Gentinetta stellt fest: „Mit diesen wenigen Sätzen ist das Qualitätskriterium für Eliten eigentlich schon umrissen. Platon hat es formuliert, Aristoteles hat es ausgeführt und systematisiert.“ Genauso gilt: Gute Eliten dienen den anderen beziehungsweise allen, schlechte Eliten dienen sich selbst. Nach der Wahrnehmung von Katja Gentinetta ist dieses Kriterium weitgehend außer Blick geraten, ja verloren gegangen. Aktuell herrscht eine „Gleichmachergesellschaft“, die zwar begrüßenswerter Weise ein Produkt der fortschreitenden Demokratisierung ist, jedoch zu Überschießen neigt. Dieser Entwicklung ist es geschuldet, dass ein Qualitätskriterium für Eliten weitgehend verschwunden ist. Dr. Katja Gentinetta ist Politikphilosophin, Publizistin und Lehrbeauftragte an den Universitäten St. Gallen, Zürich und Luzern.

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Das Christentum war das Unglück der Menschheit

Besonders grundlegend gerät Friedrich Nietzsches Abrechnung mit dem Apostel Paulus. Ihm hält er vor, er habe mit dem Symbol „Gott am Kreuze“ die ganze Erbschaft anarchischer Umtriebe im Reich, zu einer ungeheuren Macht aufsummiert. Es folgt eine Variante zum Sündenfallmythos unter der Überschrift „von der Höllenangst Gottes von der Wissenschaft“. Diese mündet in der Pointe, dass, in dieser Logik gedacht, der Mensch nicht als „Lernender“, sondern als „Leidender“ bestimmt war. Dieser hat zu jeder Zeit einen Priester nötig. Christian Niemeyer fasst zusammen: „In der Summe steht für Friedrich Nietzsche außer Frage, dass das Christentum bisher das größte Unglück der Menschheit war.“ Der Erziehungswissenschaftler und Psychologe Prof. Dr. phil. habil. Christian Niemeyer lehrte bis 2017 Sozialpädagogik an der TU Dresden.

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Das Subjekt will einzigartig sein

Die digitalen Technologien transformieren, was es heißt, ein Subjekt zu sein. Andreas Reckwitz erläutert: „Sie unterwerfen das spätmoderne Selbst einer spezifischen Form von Singularisierung, die es zugleich selbst aktiv betreibt.“ Das Subjekt arbeitet nun an sich selbst als etwas Einzigartigem. Die Außenwelt betrachtet es als potenziell Singuläres. Andreas Reckwitz unterscheidet zwei Formen der Singularisierung des Subjekts. Erstens die kulturelle Singularisierung seiner öffentlichen Darstellung, die von einem Publikum zertifiziert wird. Zweitens die maschinelle Singularisierung des Subjekts, die gewissermaßen „hinter seinem Rücken“ abläuft. In beiden Prozeduren werden Subjekte als einzigartige fabriziert, und zwar als eine modularische oder kompositorische Singularität. Diese ergibt sich dadurch, dass sie aus einzelnen unterschiedlichen Elementen – Modulen – zusammengesetzt wird. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Ängste sind in Deutschland weit verbreitet

Der bayerische Kulturpolitiker Dieter Sattler beschriebt im Jahr 1947 in den „Frankfurter Heften“ die Angst als eine „deutsche Krankheit“, als nationale Pathologie: „Unser Volk hat beinahe vor allem Angst. Es ist seelisch schwer erkrankt.“ Dieter Sattler war überzeugt, dass „jeder, der uns von der Angst heilt, Deutschland ernstlich heilt. Demokratie war für ihn gleichbedeutend mit der „Freiheit vor der Angst“. Frank Biess ergänzt: „Der Erfolg der Demokratie im Nachkriegsdeutschland hing demnach von der Überwindung der Angst ab.“ Die Geschichte der Bundesrepublik ist also auch eine Geschichte ihrer Ängste. Dieter Sattlers Beobachtungen waren nur eine von vielen ähnlichen Diagnosen einer tiefen Unsicherheit und Angst in der Nachkriegsgesellschaft. Frank Biess ist Professor für Europäische Geschichte an der University of California, San Diego.

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Tim Parks reist ins Zentrum des Denkens

Tim Parks reist in seinem neuen Buch „Bin ich mein Gehirn?“ in das menschliche Zentrum des Denkens. Dabei konfrontiert er philosophische und neurowissenschaftliche Theorien mit seinen eigenen Erfahrungen. Die meisten Philosophen gehen davon aus, dass die Erfahrung eines Menschen in seinem Gehirn eingeschlossen ist und die äußere Realität unzuverlässig repräsentiert. Farbe, Geruch, Klang, heißt es, ereignen sich nur im eigenen Kopf. Wenn Neurowissenschaftler das Gehirn untersuchen, finden sie nur Milliarden von Neuronen. Diese tausche elektrische Impulse aus und setzen chemischen Substanzen frei. Die Idee zu seinem Buch entwickelte Tim Parks nach einem zufälligen Gespräch mit Riccardo Manzottis radial neuen Theorie des Bewusstseins. Er erzählt dabei die erstaunliche Geschichte eines Paradigmenwechsels. Tim Parks ist ein britischer Schriftsteller und Übersetzer, der seit 1981 in Italien lebt.

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Die Evolution hat kein Ziel und dient keinem Zweck

Zeit ist der eine Faktor der Evolution. Der andere ist, kein Ziel zu haben und keinem Zweck zu dienen. Ein grundsätzliches Missverständnis über die Evolution geht von der Vorstellung aus, diese laufe gleichsam zwanghaft stets auf das Leben höherer Wesen oder sogar auf den Menschen hinaus. Matthias Glaubrecht erklärt: „Doch Evolution ist ein sich selbst organisierender und kontingent, also zufällig auf einmalige Weise so und nicht anders, ablaufender Naturprozess.“ Ist der Mensch also ein Glücksfall? Wie sähe die Erde ohne die Menschen aus? Man kann immer fragen, ob Geschichte auch ganz anders verlaufen hätte können. Intuitiv würde man sagen: Ja, natürlich hätte es auch anders kommen können. Schnell gelangt man dabei zu der Frage, ob der Mensch seine Existenz dem Zufall verdankt oder ob sein Schicksal vorgezeichnet ist. Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Systematiker und Wissenschaftshistoriker.

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Der Fundamentalismus fußt auf einer großen Lüge

Fundamentalismus ist eine Reaktion. Nämlich auf die Moderne und auf die Ideen der Globalisierung, die mit ihrer stetigen Ausbreitung die traditionellen Ideen und Machtstrukturen bedrohen. Die Moderne und die Globalisierung bringen Fragen und Zweifel hinsichtlich der Heiligen Schriften und ihrer exklusiven Mittler mit sich. Damit lösen sie Reaktionen aus. Eine davon ist die Integration von religiösen Ideen und Moderne. Nadav Eyal fügt hinzu: „Eine andere Reaktion ist die Ablehnung jeglicher derartiger Verquickungen und die Behauptung, nur Extremismus schütze vor Verfall.“ Der Fundamentalismus fußt auf einer gigantischen Lüge. Denn er setzt nicht den geistigen Weg des Propheten Mohammed oder irgendeines anderen Propheten fort. Der Fundamentalist erfindet Auslegungen, Geschichten oder Traditionen. Diese präsentiert er als altüberkommene religiöse Grundsätze. Nadav Eyal ist einer der bekanntesten Journalisten Israels.

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Seelische Ausgeglichenheit führt zum Glück

Epikur sieht das höchste für den Menschen erreichbare Glück in der Lust, das größte Übel im Schmerz. Paul Kirchhof erklärt: „Lust meint dabei nicht Ungehemmtheit, nicht Prassen und Völlerei, sondern Schmerzlosigkeit, den Zustand vollkommener seelischer Ausgeglichenheit.“ Diese wird nicht in der Abgeschiedenheit, sondern in der Gemeinschaft des philosophischen Gesprächs erreicht. Epikur schreibt: „Philosophie ist die Tätigkeit, die durch Argumentation und Diskussion das glückselige Leben schafft.“ Der Gelassene führt ein maßvolles, asketisches Leben mit Freunden und gewinnt so Geborgenheit und Sicherheit sowie innere Ruhe. Dr. jur. Paul Kirchhof ist Seniorprofessor distinctus für Staats- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg. Als Richter des Bundesverfassungsgerichts hat er an zahlreichen, für die Entwicklung der Rechtskultur der Bundesrepublik Deutschland wesentlichen Entscheidungen mitgewirkt.

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Nur der Mensch produziert Abfall

Der Abfall ist eine Sache des Menschen. Die Natur kennt keinen Abfall. Konrad Paul Liessmann erläutert: „Was im Kreislauf der Natur entsteht und vergeht, wird in diesen immer wieder eingespeist und verwandelt. Es ändert seine Gestalt, Form und Funktion, aber wird nicht als Abfall entsorgt.“ Nur der Mensch produziert Abfall. Nur aus der Perspektive des Menschen erscheinen bestimmte Dinge als Abfall. Für den Menschen gibt es drei Arten von Dingen: dauerhafte, vergängliche und den Abfall. Abfall ist all das, was eigentlich aus dem Blickfeld der Menschen entfernt werden soll. Abfall ist das, was noch da ist, aber schon weg sein sollte. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Jeder Mensch braucht eine Lebensphilosophie

Was macht ein gutes Leben aus? Wie muss ein Leben geführt werden, damit es im Rückblick als gelungen und gut betrachtet werden kann? Solange ein Mensch auf diese Grundfrage keine Antwort hat, wird sein Leben nonstop mit der Bewältigung von Krisen beschäftigt sein. Anders ausgedrückt: Ohne klare Lebensphilosophie ist das Risiko groß, dass jemand sein Leben einfach nur „verlebt“. Für Rolf Dobelli steht fest: „Es ist nicht so wahninnig wichtig, für welche Lebensphilosophie Sie sich entscheiden. Hauptsache, Sie haben sich seriös Gedanken gemacht und Ihre Wahl getroffen.“ Vielleicht hat jemand ähnliche Ziele als der Autor selbst. Vielleicht auch ganz andere. Nicht so wichtig – Hauptsache man hat Ziele und ist sich im Klaren darüber. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Schon Einzeller haben ein Gedächtnis

Nahezu alles, was in Form neu erzeugter mentalen Bilder einem Menschen zur Verfügung steht, ist auch der inneren Aufzeichnung zugänglich. Ob es einem gefällt oder nicht. Antonio Damasio ergänzt: „Wir originalgetreu die Aufzeichnung ist, hängt zunächst einmal davon ab, wie viele Emotionen und Gefühle erzeugt wurden, während die Bilder durch den Strom unser Gedanken wanderten. Viele Bilder bleiben bestehen. Und beträchtliche Teile der Aufzeichnungen können wir später mehr oder weniger genau erneut abspielen, abrufen und rekonstruieren.“ Manchmal tritt die Erinnerung an solche alten Inhalte sogar in Konkurrenz zu neuen Informationen, die gerade erzeugt werden. Das Gedächtnis ist schon bei einzelligen Lebewesen vorhanden. Es erwächst dort aus chemischen Veränderungen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

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Ina Schmidt glaubt an die Kraft der Verantwortung

Ina Schmidt zeigt in ihrem neuen Buch „Die Kraft der Verantwortung“ wie Menschen die Kraft der Verantwortung nutzen können. Dabei müssen kritisches Denken, gute Gründe und emotionaler Spürsinn zusammenwirken. Nur so können sie für eine gelingende Gegenwart und Zukunft Sorge tragen. Verantwortung ist laut Ina Schmidt eine immer wieder im Handeln zu verwirklichende Praxis: „Wir sind verantwortlich für uns selbst, unser Leben, das unserer Kinder und mittlerweile auf für das zukünftige Leben der gesamten Menschheit.“ Diese Verantwortung entsteht aus einem tief empfundenen Bedürfnis des Menschen, Antworten auf seine Fragen zu geben und sich am Guten auszurichten. Die Voraussetzung dafür ist Freiheit und ein zugeneigtes Verhältnis zur Welt und den Menschen. Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die „denkraeume“. Seitdem bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an.

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