Die neue Mittelklasse prägt die Spätmoderne

Andreas Reckwitz nimmt den singularistischen Lebensstil der Spätmoderne, genauer unter die Lupe. In seiner reinsten Form findet er sich in der neuen, akademischen Mittelklasse. Das gelingt ihm am besten, indem er die einzelnen alltäglichen Praktiken betrachtet, aus denen er sich zusammensetzt. Dazu zählt Andreas Reckwitz unter anderem die Rolle, die das Essen und die Ernährung hier spielen sowie die Beziehung zwischen Arbeit und Freiheit. Dazu gehört auch das Verhältnis zum eigenen Körper und die Art und Weise, wie der sich durch die Welt bewegt. Ebenso bedeutend ist dabei die Rolle, die Wohnort und Wohnung samt ihrer Einrichtung spielen sowie die Bedeutung des Reisens und der Auslandsaufenthalte. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

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Sören Kierkegaard hofft auf die göttliche Erlösung

Der Däne Sören Kierkegaard (1813 – 1855) entwickelt schon bei seinem Studium in Berlin die ersten Grundzüge einer Philosophie der subjektiven Existenz und wird dadurch zu einem der Begründer der späteren Existenzphilosophie. Sören Kierkegaard stammte aus einem streng religiösen Elternhaus und studierte auf Wunsch seines Vaters Theologie und hing einer freigeistigen Romantik an. Später entwickelte er sich zum engagierten, religiösen Schriftsteller, der das bürgerliche Schein- und Sonntagschristentum anprangerte. Nachdem er sich lange hinter Pseudonymen versteckt hatte, wandte er sich zuletzt in aller Öffentlichkeit gegen die Kirche und starb, nach einem Zusammenbruch auf der Straße, völlig mittellos im Alter von 42 Jahren.

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Das Ideal liebender Zweisamkeit scheint unzerstörbar zu sein

Im Titelthema der neuen Ausgabe beschäftigt sich das Philosophie Magazin Nr.3/2013 mit der Frage, ob der Mensch dazu geschaffen ist, in einer Paarbeziehung zu leben. Scheinbar gibt es keine tiefere menschliche Sehnsucht als die große Liebe seines Lebens zu finden, auch in modernen Gesellschaften gehört dieses Ziel immer noch zu den großen Idealen. Denn je mehr Freiheiten die Menschen besitzen, desto drängender werden ihre Wünsche nach Wärme und Geborgenheit in einer glücklichen Partnerschaft. Gleichzeitig lassen sich aber immer mehr Paare scheiden – das Dasein als Single wird vor allem in den Großstädten zur Normalität. Chefredakteur Wolfram Eilenberger stellt dennoch in der zeitgenössischen Philosophie einen affirmativen Umschwung zugunsten des Paarmodells fest. Er schreibt: „Anstatt wie noch vor zehn Jahren den Willen zur festen Partnerschaft im Sinne einer „neuen Bürgerlichkeit“ anzuprangern, wird der Wille zur exklusiven Zweisamkeit derzeit als progressives Widerstandsmoment gegen den neoliberalen Konsumzwang gepriesen.“

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Trendforscher Gerald Celente hat viele Krisen sehr früh erkannt

Für den amerikanischen Trendforscher Gerald Celente befindet sich die Welt mitten im Krieg. In einem Währungskrieg, in einem Handelskrieg und in einem Klassenkrieg. Und wenn die Politiker für die westliche Schuldenkrise nicht bald eine nachhaltige Lösung finden, dann droht auch bald wieder ein Weltkrieg. Gerald Celente nennt den Grund: „Weil zu wenige Menschen zu viel besitzen und zu viele zu wenig haben.“ Schon seit zwanzig Jahren wird dem ehemaligen Politikberater und Herausgeber des „Trend Journals“ in den USA für wirtschaftliche und geopolitische Entwicklungen eine erstaunliche Trefferquote bei Vorhersagen attestiert. Schon lange vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion, sagt er zum Beispiel deren Untergang voraus. Auch die Währungskrise in Asien erkannte er frühzeitig und warnte auch vor dem Aktiencrash der Internetfirmen zur Jahrtausendwende.

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Die Vernunft setzt sich gegen das Glück der Menschen durch

Die idealistische Philosophie der bürgerlichen Epoche hatte das Allgemeine, das sich in den isolierten Menschen durchsetzen sollte, unter dem Titel der Vernunft zu verstehen versucht. Der Mensch erscheint als ein gegen die anderen in seinen Trieben, Gedanken und Interessen vereinzeltes Ich. Die Überwindung dieser Vereinzelung, der Aufbau einer gemeinsamen Welt geschieht laut Herbert Marcuse durch die Reduktion der konkreten Individualität auf das Subjekt des bloßen Denkens, das vernünftige Ich. Herbert Marcuse erklärt: „Die Gesetze der Vernunft bringen unter Menschen, deren jeder zunächst nur seinem besonderen Interesse folgt, schließlich eine Gemeinsamkeit zustande.“ Dabei können einige Formen der Anschauung und des Denkens als allgemeingültig sichergestellt werden. Aus der Vernünftigkeit eines Individuums lassen sich gewisse allgemeine Maximen des Handelns gewinnen.

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Die philosophische Erkenntnis soll das höchste Glück gewähren

Die Lehre, dass alle menschliche Erkenntnis ihrem Sinn nach auf die Praxis bezogen sei, gehörte zum Kernbereich der antiken griechischen Philosophie. Aristoteles vertrat die These, dass die erkannten Wahrheiten die Praxis leiten sollten, sowohl in den Erfahrungen des Alltags als auch in den Wissenschaften und Künsten. Die Menschen brauchen in ihrem Daseinskampf die Anstrengung der Erkenntnis, das Suchen nach der Wahrheit, weil ihnen nicht unmittelbar zugänglich ist, was das für sie Gute, Zuträgliche und Richtige ist. Aristoteles vertritt die Auffassung, dass alle Berufsgruppen in ihrem Sachgebiet über das rechte Wissen verfügen müssen, um so handeln zu können, wie es die jeweils wechselnde Situation erfordert. Aristoteles betont so den praktischen Charakter jeder Erkenntnis, macht aber laut Herbert Marcuse einen bedeutenden Unterschied zwischen den verschiedenen Erkenntnissen.

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Wolf Wondratschek ist immer noch Underground

Seit Wolf Wondratschek in Wien lebt, hat sich der Schriftsteller den Wunsch erfüllt, ein nomadisches Leben mit leichtem Gepäck zu führen. Dadurch ersetzt er sich in die Lage, jederzeit die Wohnung wechseln zu können. Er nennt den Grund für dieses Verhalten: „Um sich das Mindestmaß der Illusion, keine bürgerliche Existenz zu haben, zu erhalten.“ Gleich mit seinem ersten Buch „Früher begann der Tag mit einer Schusswunde“ machte den Dichter im Jahr 1969 berühmt. Es folgten die gefeierten Werke „Chuck`s Zimmer“,  „Die Einsamkeit der Männer“ sowie „Carmen oder ich bin das Arschloch der Achtziger Jahre“. Sein Roman „Einer von der Straße“ aus dem Jahr 1992 wurde von der Literaturkritik genauso gnadenlos niedergemacht, wie sie vorher seine Gedichte in den Himmel gehoben hatte.

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In Deutschland radikalisiert sich die Mittelschicht

Die Mittelschicht in Deutschland grenzt sich immer mehr nach unten ab und wird empfänglicher für populistische Parolen rechter Parteien. Das einst liberale Bürgertum droht zu verrohen und hat vor allem die Muslime als Feindbild entdeckt. Das sind die alarmierenden Ergebnisse der umfangreichsten und ältesten Umfrage in Deutschland, der „Deutschen Zustände“, die von Bielefeldern Soziologen unter der Leitung Wilhelm Heitmeyer seit neun Jahren erhoben wird. Die neuesten Daten der aktuellen Befragung zeigen, dass die Islamfeindlichkeit in Deutschland stark zugenommen hat. Besonders deutlich war der Anstieg bei den 20 Prozent der Reichen. Wilhelm Heitmeyer sagte auf einer Pressekonferenz in Berlin: „Es gibt in Deutschland eine zunehmend rohe Bürgerlichkeit.“

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