Otfried Höffe kennt die sechs Stufen der Freiheit

Um sich den Bedeutungsraum der personalen Freiheit zu vergegenwärtigen, kann man sechs Bedeutungen unterscheiden, die, weil sie aufeinander aufbauen, Stufen der Freiheit heißen mögen. Otfried Höffe erläutert: „Weil die ersten drei für den Menschen nicht spezifisch sind, liegt schlichte Freiheit, noch keine personale Freiheit vor. Ihr gegenüber handelt es sich um Vorstufen. Erst bei den nächsten drei Stufen, den Hauptstufen geht es um die personale Freiheit selbst.“ Man mag sich fragen, warum die Überlegungen so weit ausholen. Drei Gründe sprechen für den Beginn bei den Vorstufen. Zum einen vermeidet man eine voreilige Anthropozentrik, denn selbst der Ausdruck, der den Menschen aus der Natur herauszuheben scheint, die Freiheit, bleibt für die naturale Seite des Menschen offen. Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und lehrte in Fribourg, Zürich und Tübingen, wo er die Forschungsstelle Politische Philosophie leitet.

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Der Literatur Kalender 2019 thematisiert Anfänge und Aufbrüche

„Der Literatur Kalender 2019“ vereint 53 bedeutende Momente über Anfang und Aufbruch aus dem literarischen Leben berühmter Schriftsteller. Der Kalender enthält autobiografische Texte, ausführliche Bildlegenden, Kurzbiographien und ein Kalendarium mit den Lebensdaten der vorgestellten Autoren. J. D. Salinger, dem die erste Woche des Januars gewidmet ist, fing mit dem Schreiben an, als er ungefähr 18 Jahre alt war, und ist seither dabei geblieben. Sein erster und einziger Roman „Der Fänger im Roggen“ der ihn weltberühmt machte, erschien 1951. Es war das Aufbruchsbuch der Nachkriegsgeneration. Ende April erscheint Karl Kraus auf der Bühne des Literatur Kalenders. Er schreibt im März 1914 an die böhmische Baronin Sidonie Nádherný: „Ich verbrenne … Ich hätte nie geglaubt, dass es so über mich noch hereinbrechen kann. Es ist Anfang oder Ende.“

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Aristoteles erfindet die wissenschaftliche Psychologie

Als Erfinder der wissenschaftlichen Psychologie gilt der griechische Philosoph Aristoteles. Er analysiert nicht nur unterschiedliche Funktionen der menschlichen Seele, sondern untersucht daneben auch das Ernährungsvermögen der Pflanzen sowie das Wahrnehmungsvermögen der Tiere, die beide im Menschen in höherer Form wiederkehren. Hinter dieser Unterscheidung verschiedener Stufen des Seelischen steht die Überzeugung, dass die Seele innerhalb der Natur insgesamt als dasjenige Prinzip fungiert, wodurch sich Leben gegenüber dem Unbelebten auszeichnet. Die Verbindung von Leib und Seele dokumentiert sich vor allem in den Affekten des Menschen. Aristoteles reagierte mit „De anima“ auf eine breite Tradition von Seelenvorstellungen, die er teils aufnimmt, teils kritisch zu berichtigen sucht. Einige behielten ihre Bedeutung auch in der weiteren Wirkungsgeschichte. Auf Sokrates geht die Auffassung zurück, die wichtigste Aufgabe des Menschen bestehe darin, für seine Seele zu sorgen.

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Ulrich Schnabel stellt die Bedürfnispyramide vor

Die berühmte „Bedürfnispyramide“ geht auf den amerikanischen Psychologen Abraham Maslow zurück. Ihr zufolge gibt es verschiedene Hierarchiestufen menschlicher Bedürfnisse, und in der Regel tendiert man dazu, immer weiter an die Spitze zu gelangen. Ulrich Schnabel erklärt: „Zunächst geht es erst einmal darum, die biologischen Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken und Schlafen zu sichern sowie für eine gewisse materielle Stabilität zu sorgen – Dach über dem Kopf, Einkommen.“ Ist das gewährleistest, tritt der Wunsch nach Zugehörigkeit, nach Liebe und Freundschaft in den Vordergrund. Ist auch dieser erfüllt, beginnt man nach Anerkennung und Status zu streben, definiert sich über gesellschaftlichen Erfolg und materielle Unabhängigkeit. Kaum sind diese Ziele erreicht, treten neue an deren Stelle: persönliche Selbstverwirklichung, Glück und Erfüllung – sei es im Beruf, Hobby oder in der Partnerschaft. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Sören Kierkegaard hofft auf die göttliche Erlösung

Der Däne Sören Kierkegaard (1813 – 1855) entwickelt schon bei seinem Studium in Berlin die ersten Grundzüge einer Philosophie der subjektiven Existenz und wird dadurch zu einem der Begründer der späteren Existenzphilosophie. Sören Kierkegaard stammte aus einem streng religiösen Elternhaus und studierte auf Wunsch seines Vaters Theologie und hing einer freigeistigen Romantik an. Später entwickelte er sich zum engagierten, religiösen Schriftsteller, der das bürgerliche Schein- und Sonntagschristentum anprangerte. Nachdem er sich lange hinter Pseudonymen versteckt hatte, wandte er sich zuletzt in aller Öffentlichkeit gegen die Kirche und starb, nach einem Zusammenbruch auf der Straße, völlig mittellos im Alter von 42 Jahren.

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Thomas Rentsch beleuchtet das Menschenbild in der Philosophie

Die traditionelle Philosophie setzt sich mit dem Menschen oft nur indirekt auseinander, indem sie von Geist, Leib und Seele, Freiheit, Individuum, Person, Subjekt und Selbstbewusstsein spricht. An die Stelle einer Anthropologie tritt die Einordnung des Menschen in umfassende, transhumane Konzepte wie beispielsweise die Seinsordnung in der Metaphysik, die göttliche Schöpfungsordnung in der Theologie, die Fortschritts- oder Verfallsgeschichte in der Geschichtsphilosophie, oder in subhumane Bereiche wie Natur, Evolution oder Genetik. Thomas Rentsch fügt hinzu: „Auch die Bestimmung des Menschen über die Sprache, die Vernunft oder ethische Kategorien trifft seine Lebenswirklichkeit nur selektiv. Diese „Abwesenheit“ des Menschen in der Philosophie entspricht eine latente Allgegenwärtigkeit ungeklärter anthropologischer Grundlagen und Implikationen in der Reflexion und Theoriebildung.“ Thomas Rentsch ist Professor für Philosophie an der TU Dresden. Er arbeitet vor allem zur Hermeneutik, zur Sprachphilosophie und zur praktischen Philosophie.

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Hermann Hesse teilt die Leser von Büchern in drei Gruppen ein

Es ist laut Hermann Hesse ein eingeborenes Bedürfnis des menschlichen Geistes, Typen aufzustellen und die Menschen nach ihnen einzuteilen. Auch ganz unbewusst teilt jeder Mensch die Personen seiner Umgebung in Typen ein, nach Ähnlichkeiten mit Charakteren, die in seiner Kindheit ihm wichtig geworden sind. Manchmal schadet es allerdings nicht, von solchen Verallgemeinerungen abzuweichen. Denn jeder Mensch trägt Züge von jedem Typus an sich. Außerdem lassen sich diverse Charaktere und Temperamente, als einander ablösende Zustände, auch innerhalb einer einzelnen Persönlichkeit finden. Hermann Hesse unterscheidet drei Typen, oder besser gesagt Stufen, von Bücherlesern. Wobei allerdings jeder der Leser zeitweise der einen, dann wieder zu der anderen Gruppe gehört. Im Jahr 1946 wird dem damals 69 Jahre alten Hermann Hesse der Literaturnobelpreis verliehen.

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Paul Nolte beschreibt die Entstehung der Demokratie in Athen

Vor etwa zweieinhalbtausend Jahren entstand im östlichen Mittelmeerraum, auf der griechischen Halbinsel Attika, zum ersten Mal in der Weltgeschichte Demokratie. Paul Nolte erklärt: „Die Bürger von Athen überließen die Regierung ihrer Polis, also ihres stadtstaatlichen Gemeinwesens, nicht einem König, einem Tyrannen oder einer schmalen aristokratischen Elite, was weithin den kaum hinterfragten Normalfall darstellte, sondern regierten sich selbst: frei und einander gleich; durch die Übernahme von Ämtern und unmittelbar in der Volksversammlung.“ Die athenische Demokratie entwickelte sich allerdings laut Paul Nolte nicht zuerst in der Theorie, sondern langsam und in vielen Zwischenschritten, in der praktischen Anwendung. Dass daraus eine Demokratie enstehen würde, wussten die Zeitgenossen vorher und während der Entstehung dieser Regierungsform nicht. Paul Nolte ist Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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Friedrich Hegel definiert den Endzweck der Menschheit

Das Ziel der Weltgeschichte ist laut Friedrich Hegel, dass der Geist zum Wissen dessen gelangt, was er wahrhaftig ist, und dies Wissen gegenständlich macht, es zu einer vorhandenen Welt verwirklicht, sich als objektiv hervorbringt. Das Wesentliche dabei ist, dass dies Ziel ein Hervorgebrachtes ist. Friedrich Hegel definiert den Geist als einen, der sich hervorbringt und sich zu dem macht, was er ist. Das Sein des Geistes ist kein ruhendes Dasein, sondern ein absoluter Prozess. In diesem Prozess sind wesentliche Stufen enthalten, und die Weltgeschichte ist die Darstellung des göttlichen Prozesses, indem der Geist sich selbst verwirklicht. Das funktioniert allerdings nur, wenn er seine Wahrheit weiß.

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Ralf Dahrendorf erforscht den Aufstieg der Bürgerrechte

Menschen haben nach Ralf Dahrendorf ein feines Gespür für Unrecht und auch für Vorrechte, lange bevor sich das öffentlich kundtut. Sie handeln aus ihrer grundeigenen Interessenlage, wobei es gleichgültig ist, ob es Parteien zu deren Organisation gibt oder nicht. Ralf Dahrendorf erklärt: „Soziale Kräfte sind also mehr als eine Erfindung der soziologischen Phantasie. Aber sie werden erst dann sichtbar, greifbar und vor allem wirksam, wenn sie in politischen Auseinandersetzungen und Entscheidungen ihren Ausdruck finden.“ Im gleichen Moment treffen sie dann auch auf andere Kräfte und Einflüsse, die die Lage unübersichtlich machen. Die Zugehörigkeit zu einer Klasse ist dabei für Ralf Dahrendorf nie die einzige Grundlage politischer Interessen.

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